Lohnt sich Arbeit im Bürgergeld überhaupt noch? „Der Lohnabstand ist nicht mehr gewahrt“
Die FDP hat das Bürgergeld in der Ampel mit eingeführt, nun kritisiert sie es. „So wie es jetzt ist, war das Bürgergeld ein Fehler“, sagt Stephan Thomae.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP wird das „Bürgergeld“ insgesamt 14-mal erwähnt. Unter anderem wird dort festgehalten: „Wir lösen die Grundsicherung durch ein neues Bürgergeld ab“. Doch nach drei Jahren und dem Ende der Ampel-Koalition sind nicht alle ehemaligen Regierungspartner noch überzeugt. Die FDP, die das Projekt mitgetragen hat, äußert öffentlich Kritik und stellt fest: „So wie es jetzt ist, war das Bürgergeld ein Fehler“, wie Stephan Thomae, der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, im Interview mit unserer Redaktion erklärte.
FDP-Kritik an Bürgergeld: „Der Lohnabstand ist nicht mehr gewahrt“
Thomae sieht ein „echtes Problem“ in „Menschen, die gar kein Interesse daran haben, in den Arbeitsmarkt vermittelt zu werden.“ Er fügt hinzu: „Wenn jemand nicht kann, muss das Sozialsystem greifen. Aber nicht, wenn jemand nicht will.“ Obwohl diese Totalverweigerer unter den Bürgergeldempfängern in der Minderheit sind, betont Thomae: „Trotzdem gibt es sie“.
Der FDP-Politiker aus dem Allgäu sieht zudem ein weiteres Problem: „Erschwerend kommt das Problem der Berechnungsmethode hinzu“. Er stellt fest: „Der Lohnabstand ist nicht mehr gewahrt.“ Normalerweise sollte man mit Arbeit mehr verdienen als mit Bürgergeld, doch die Unterschiede sind oft gering. Thomae erklärt: „Manche Bürgergeldleistungen, vor allem für Familien, sind so hoch, das muss man netto erst einmal verdienen“. Er kritisiert: „Da stehen Eltern sehr früh auf, arbeiten bei wenig Freizeit, haben aber am Ende nur wenig mehr Geld als Familien im Bürgergeld. Das kann nicht sein.“

Bürgergeld als Wahlkampfthema
Trotz Kritik sieht Thomae einen positiven Aspekt beim Bürgergeld. „Der Fortbildungsgedanke ist ein guter Ansatz“. Er erklärt: „Demnach finden Menschen am besten einen dauerhaften Platz im Arbeitsleben, wenn sie sich weiterqualifiziert haben. Früher war es oft so, dass wegen des Vermittlungsvorrangs die Leute ganz schnell vermittelt worden sind, dann aber bald wieder beim Jobcenter oder der Arbeitsagentur standen.“
Das Bürgergeld ist mittlerweile ein Wahlkampfthema geworden. Die CDU/CSU hat eine Reform des Bürgergelds zur Koalitionsbedingung gemacht und auch die FDP möchte das Bürgergeld ändern. Parteichef Christian Lindner betont oft, dass das Bürgergeld vor allem ein Projekt von Rot-Grün war. Zuletzt kritisierte er das Bürgergeld als Beispiel dafür, dass in Deutschland zu wenig gearbeitet wird: „Es gibt nicht wenige, die sich in einem Arrangement aus Bürgergeld und Schwarzarbeit gut eingerichtet haben“, sagte er auf dem Handelskongress.