Handball-Europameister zeichnet deutschen Weg ins Halbfinale
Das DHB-Team startet ohne Punkte in die Hauptrunde. Doch Handball-Europameister macht den Deutschen Mut: Auch 2004 sei es eigentlich „aussichtslos“ gewesen.
Berlin – Nun ist es doch passiert. Nach dominanten Auftritten des DHB-Teams gegen die Schweiz und Nordmazedonien musste die Mannschaft von Bundestrainer Alfred Gislason im letzten Gruppenspiel gegen starke Franzosen eine 30:33-Niederlage einstecken. „Am Ende waren wir ein bisschen müde und konnten nicht die leichten Tore aus dem Rückraum erzielen. Stattdessen haben wir einfache Tore im Rückzug kassiert“, analysierte Gislason nach dem Spiel am ARD-Mikro.
Zum Ausruhen bleibt aber keine Zeit, denn bereits am Donnerstag (18. Januar) wartet das erste Hauptrunden-Spiel gegen Island auf das DHB-Team. Das wird für Bundestrainer Gislason übrigens ein besonderes, denn er kommt gebürtig aus Island. Jan Immel, Handball-Europameister von 2004, macht aber Mut für die Hauptrunde, in die die deutsche Mannschaft mit null Punkten geht. „Wir sind damals mit einem Pünktchen in die Hauptrunde gegangen und es war eigentlich aussichtslos.“ Am Ende gewann Deutschland dann doch noch den Titel, weil sich die anderen Teams in der Hauptrunde gegenseitig die Punkte wegnahmen.
DHB-Team unterliegt Frankreich: „War ein Spiel auf Augenhöhe“
Das könnte auch in diesem Jahr passieren. Mit IPPEN.MEDIA sprach der Handball-Europameister 2004 über...
… die Niederlage gegen Frankreich: „Sie (die Deutschen, Anm. d. Red.) haben sehr gut gespielt. In einem solchen Spiel sind es Kleinigkeiten. Und ein ganz wichtiger Punkt: Durch den extrem breiten Kader mit Weltklassespielern, den die Franzosen haben, konnten sie die ganze Zeit durchwechseln. Das kann ein junger, deutscher Kader in der Form nicht. Die Franzosen haben permanent durchgewechselt und konnten so das Tempo hochhalten beziehungsweise in viele Eins-gegen-Eins-Duelle gehen, die viel Kraft kosten. Alfred hat schon versucht, zu wechseln und ich habe auch keinen großen Bruch bei den Deutschen gesehen, aber die Franzosen sind einfach abgezockt. Sie haben neun oder zehn Siebenmeter bekommen, weil sie permanent ins Eins gegen Eins gegangen sind. Da bist du auch mal einen Schritt zu spät. Die Franzosen haben einfach super gespielt. Die Torhüter-Leistung hat uns erst am Ende in der Crunchtime ‘geschadet’, da hat er den Deutschen zwei oder drei abgenommen. Die haben weh getan. Wenn man die noch reinschiebt ist ein Unentschieden definitiv drin, vielleicht sogar ein Sieg.“

„Beim 27:27 geht Deutschland in Führung, man hätte vielleicht sogar mit zwei wegziehen können, aber da war dann der Knackpunkt. Alfred hat Juri Knorr kurz rausgenommen und Philipp Weber gebracht. Kurz drauf war eine Auszeit oder irgendwas und da hat er Juri plötzlich zurückgebracht. Da dachte ich mir: Warum hat er das jetzt gemacht? Juri saß keine zwei oder drei Minuten, ich hätte Weber noch einmal die Chance gegeben. Er hatte keinen großen Fehler gemacht und gar keine Möglichkeit, sich in Szene zu setzen. Das sind aber alles Nuancen. Die Franzosen hätten auch zwischenzeitlich die Möglichkeit gehabt, mit fünf wegzugehen, von daher waren wir mit drei noch gut bedient. Es war mehr drin, die letzten zwölf Minuten haben uns ein bisschen was gekostet. Wir hatten eine sehr gute Torwartleistung, David Späth hat zwei Siebenmeter gehalten. Andi Wolff hat auch super gehalten und die Deckung fand ich auch gut, das war alles in Ordnung. In der zweiten Halbzeit hat mir dann auch ein bisschen die Durchschlagskraft im Rückraum gefehlt. Es war aber definitiv ein Spiel auf Augenhöhe. Ein paar Minuten haben das Spiel entschieden.”
Handball-Europameister Immel macht DHB-Team Mut
… die Frage, was ihm Mut für die Hauptrunde macht: „Ich schaue mir da die Konstellation der Tabelle an: Ungarn hat zwei Punkte plus, Frankreich hat zwei Punkte plus, Kroatien und Österreich jeweils einen. Wenn wir alle Spiele gewinnen, dann wären wir auf jeden Fall mit dabei. Wir müssen einfach unsere Spiele gewinnen, dann haben wir acht Punkte. Schlagen wir die Kroaten, sind wir vor ihnen, wenn wir die Österreicher schlagen dasselbe. Wenn wir gegen Ungarn gewinnen, sind wir vor den Ungarn und haben den direkten Vergleich gewonnen. Fall erledigt.”
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Handball-Europameister Immel ist sich sicher: „Das sind alles Gegner, die das DHB-Team schlagen kann“
… die Hauptrunden-Gegner: „Das sind alles Gegner, die das DHB-Team schlagen kann. Sie haben gut mit Frankreich mitgehalten, die sind Olympiasieger, auch wenn das schon wieder vier Jahre her ist. Aber sie waren seitdem auch im Finale einer Weltmeisterschaft (2023, Anm. d. Red.). Es ist eine Mannschaft, die immer oben mitspielt, die einen Top-Kader hat und auch kaum Ausfälle hat. Die Österreicher sind nach ihrem Einzug in die Hauptrunde natürlich euphorisiert, aber spielen direkt gegen Ungarn. Wenn Österreich da verliert, haben sie gleich einen Knacks, da ist die Euphorie eventuell schon wieder weg. Ihnen fehlt auch die Breite im Kader. Das ist dann eine Frage der Kraft. Diese Frage stellt sich bei den Deutschen auch. Wie schaffen wir es, dass Julian Köster oder Johannes Golla, die wirklich extrem belastet sind, die Frische halten in den entscheidenden Spielen? Die beiden müssen frisch bleiben, das ist das Wichtigste. Klar, auch beispielsweise ein Andreas Wolff wird belastet sein, aber der ist Torhüter, das ist was anderes. Kai Häfner war jetzt zu Hause, der kam erst gestern zum Spiel wieder. Der kann in der Abwehr immer gewechselt werden.“
„Island steht auch schon mit dem Rücken zur Wand, die kommen mit minus acht Toren, das wird ein ganz wichtiges Spiel für Deutschland. Dann haben die Deutschen Österreich und Ungarn und am Ende kommt es zum Showdown mit den Kroaten. Gegen Island gilt: Mit einem Sieg ein gutes Gefühl bekommen. Danach bist du vielleicht noch zwei Punkte hinter Ungarn, aber vielleicht schon vor Österreicher und Kroatien, die direkt gegen Frankreich spielen. So bist du nach dem ersten Spiel Dritter – eine gute Ausgangslage. Das muss man alles abwarten. Ich kann mich noch an unsere Europameisterschaft erinnern. Wir sind mit einem Pünktchen in die Hauptrunde gegangen und es war eigentlich aussichtslos. Doch dann haben die anderen sich gegenseitig die Punkte weggenommen und wir haben alles gewonnen. Es ist durchaus realistisch, dass sich auch dieses Jahr die anderen gegenseitig Punkte wegnehmen. Das kann uns auch blühen, aber wir haben 18.000 Fans im Rücken und Köln trägt halt auch.” (msb)