„Scheinbar willkürliche Zölle“ bremsen Wirtschaft in der EU aus – Hiobsbotschaft für Deutschland

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Die EU erwartet für 2025 nur geringes Wachstum – trotz positiverer Prognosen Ende 2024. Trumps Zollpolitik sorgt für Unsicherheit. Doch 2026 könnte es aufwärtsgehen.

Brüssel - Die Wirtschaft der Europäischen Union ist in diesem Jahr bisher stärker gewachsen als erwartet. Im Verlauf des Jahres bleibt das Wachstum jedoch insgesamt „bescheiden“. So fasst es die kürzlich veröffentlichte Frühjahrsprognose der EU zusammen. Weitere Einschränkungen des Weltmarkts durch die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump oder die zunehmenden Schäden durch den Klimawandel könnten die Wirtschaft weiter ins Straucheln bringen – ebenso die Inflation. Dennoch: Einige Maßnahmen könnten das Blatt noch wenden. So oder so – im nächsten Jahr, 2026, soll die Wirtschaft laut Erwartungen weiter wachsen – ungeachtet der bestehenden Unsicherheiten.

Die EU-Frühjahrsprognose verspricht nur geringes Wirtschaftswachstum in 2025.
Die EU-Frühjahrsprognose verspricht nur geringes Wirtschaftswachstum in 2025. © IMAGO/Nicolas Landemard / Le Pictorium

Null Prozent Wachstum für deutsche Wirtschaft in 2025 erwartet

Viel verändern wird sich in diesem Jahr wahrscheinlich nicht. Die EU-Kommission rechnet in ihrer Prognose damit, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der EU in diesem Jahr um rund 1,1 Prozent wachsen wird – was etwa dem Wachstum im Jahr 2024 entspricht. Für die Inflation sieht es besser aus: Hier wird sich der Wert von 2,4 Prozent im Jahr 2024 im Euroraum voraussichtlich auf 2,1 Prozent im Jahr 2025 senken. Weitgehende Besserung verspricht das Jahr 2026 mit einem BIP-Wachstum von 1,5 Prozent in der EU und einer Gesamtinflation von 1,5 Prozent im Euroraum.

Im Falle Deutschlands geht die Kommission davon aus, dass die Wirtschaft in diesem Jahr zum ersten Mal seit 2022 nicht schrumpfen wird. Viel Wachstum wird es jedoch auch nicht geben. Bis zum Ende des Jahres wird ein Wachstum von null Prozent erwartet. Das sah vor ein paar Monaten noch vielversprechender aus – damals wurde ein Wachstum von 0,7 Prozent prognostiziert. Auch hier ist eine Besserung erst im nächsten Jahr in Sicht: 2026 soll die Wirtschaft um 1,1 Prozent anziehen. Bis dahin muss Deutschland weiterhin mit Exporteinbrüchen, mangelnden Investitionen und wirtschaftlichen Unsicherheiten kämpfen.

Zollkonflikt zwischen China und USA beeinflusst Weltwirtschaftsausblick

Die gesunkenen Erwartungen in der neuen Frühjahrsprognose der EU erklärt Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis mit den „unvorhersehbaren und scheinbar willkürlichen“ Zöllen der US-Regierung. Das Zollchaos, das Trump seit seinem Amtsantritt im Januar vom Zaun gebrochen hat, sorge weltweit für Unsicherheit und Zurückhaltung. Laut Prognose wirkt sich das auf den Welthandel aus. Die EU-Kommission erwartet für 2025 und 2026 ein Wachstum von 3,2 Prozent außerhalb der EU – statt der 3,6 Prozent, die im Herbst noch prognostiziert wurden. Hauptgrund ist, dass die Wirtschaft in den USA und China voraussichtlich schwächer wird wegen der anhaltenden Handelsstreitigkeiten.

Trotz einer kürzlichen Einigung zwischen den Handelspartnern USA und China sind die Spannungen nicht vom Tisch. Mitte Mai einigten sich beide Länder auf eine 90-tägige „Waffenruhe“ und senkten ihre Zölle um insgesamt 115 Prozentpunkte. Statt 145 Prozent verlangt die USA nun 30 Prozent Zoll auf Waren aus China. Umgekehrt erhebt China eine Zollabgabe von 10 Prozent statt 125 Prozent auf US-amerikanische Waren. Dennoch ist der Streit damit noch nicht beendet. ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski kommentierte in der Tagesschau: „Nur weil das Worst-Case-Szenario nicht eintritt, ist nicht alles gut.“ Ein genauer Deal steht noch nicht fest.

Diese Faktoren könnten die EU-Wirtschaft weiter stützen

Für die Wirtschaft der EU und auch für Deutschland ändert sich durch die Zollpause zwischen den USA und China nur wenig. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft spricht lediglich von einer „marginalen“ Verbesserung der Auswirkungen des Handelskonflikts. Viele europäische Unternehmen müssen sich laut der Pressemitteilung weiterhin mit Unsicherheiten auseinandersetzen.

Etwas optimistischer ist der Ton der EU-Frühjahrsprognose: „Die EU-Wirtschaft zeigt sich trotz hoher Handelsspannungen und zunehmender globaler Unsicherheit widerstandsfähig. Dank eines robusten Arbeitsmarktes und steigender Löhne dürfte sich das Wachstum 2025 fortsetzen – wenn auch in moderatem Tempo“, sagt Wirtschaftskommissar Dombrovskis. Gerade Freihandelsabkommen mit anderen Ländern könnten das Wachstum der EU zusätzlich unterstützen und die Erwartungen sogar übertreffen – ebenso wie höhere Verteidigungsausgaben, zusätzliche Investitionen und der Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit.

Auch die deutsche Wirtschaft könnte sich besser entwickeln, als in der Prognose dargestellt. Denn bislang ist das Sondervermögen der rot-schwarzen Bundesregierung nur wenig berücksichtigt worden. Das milliardenschwere Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur habe laut EU-Kommission zu einer „Kehrtwende“ beim Vertrauen geführt. Sollte daher dieses Vermögen erfolgreich in „produktive Projekte“ fließen, könnte das BIP bis 2029 um bis zu 1,25 Prozent stärker wachsen. (Mit dpa)

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