Trumps Strafsteuer: Neuer Schlag gegen Europas Wirtschaft?
Mit dem „One Big Beautiful Bill“ will Trump die US-Steuergesetze umkrempeln. Teil des Pakets ist eine Steuer, die europäische Investoren schwer treffen könnte.
Washington, D.C. – Nachdem US-Präsident Donald Trump die Exportindustrie zahlreicher Länder abstrafte und seit Monaten mit immer neuen, weitreichenden Zöllen belegt, will der Republikaner nun offenbar auch ausländischen Investoren mit Geschäftsvorhaben in den USA in seinen Handelskrieg einbeziehen. Auf Drängen Trumps arbeitet der US-Kongress aktuell an einem finanzpolitischen Instrument, das besonders Unternehmen und Anleger aus der EU hart treffen könnte.
Ein Paragraf in Trumps „One Big Beautiful Bill“ könnte ausländische Unternehmen und Investoren abstrafen
In der Vorwoche (22. Mai) beschloss das US-Repräsentantenhaus „The One Big Beautiful Bill“. Der ominöse und viel diskutierte Gesetzesvorschlag, der mitunter von Elon Musk scharf angegangen wurde, zielt darauf ab, zahlreiche bestehende US-Steuergesetze zu ändern. Neben Steuersenkungen für US-Bürger sieht das Paket mitunter eine grundlegende Medicaid-Reform und eine strenge Kürzung von migrationspolitischen Mitteln vor, wie unter anderem der US-Sender ABC News berichtete. Mit „The One Big Beautiful Bill“ will Trump also gleich eine Reihe seiner Wahlversprechen einlösen.

Teil des über Tausend Seiten umfassenden Gesetzesvorschlags ist auch die sogenannte Section 899, die sowohl an der Wall Street, vor allem aber bei Investoren weltweit die Alarmglocken schrillen ließ. Betitelt ist die Section 899 sinngemäß übersetzt mit der Überschrift „Durchsetzung von Rechtsmitteln gegen diskriminierende ausländische Steuern“. Der Absatz zielt darauf ab, Steuersätze für Einzelpersonen und Unternehmen aus Ländern zu erhöhen, deren Steuerpolitik Trump als „diskriminierend“ erachtet.
Die Section 899 soll Investoren aus Staaten mit „diskriminierender“ Steuerpolitik zur Kasse bitten
Dem bisherigen Entwurf der Section 899 zufolge sollen die Steuersätze auf Zinsen und Dividenden für Investoren aus Staaten mit „diskriminierender“ Steuerpolitik über einen Zeitraum von vier Jahren jährlich je mit fünf Prozentpunkten zusätzlich besteuert werden. Resultat wäre, dass die davon betroffenen Investoren schon nach vier Jahren 20 Prozent mehr Steuern zahlen müssten als Investoren aus anderen Staaten, deren Steuerpolitik der US-Präsident nicht als „unfair“ erachtet.
Welche Richtlinien aber sind in der Section 899 der „One Big Beautiful Bill“ verankert, um ausländische Steuergesetze überhaupt als „diskriminierend“ einzuordnen und so gegebenenfalls die anvisierte strafende Mehrbesteuerung in Gang zu bringen? Der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) zufolge werden in der Section 899 zwei Arten von Steuern konkret als „diskriminierend“ benannt: Einerseits „Digital Services Taxes“ („Steuern für digitale Dienstleistungen“), die an bestimmte Staaten entrichtet werden müssen, ohne dass Anbieter im betreffenden Staat physisch zugegen sind.
Als „diskriminierend“ bezeichnet die Trump-Administration aber auch die „Undertaxed Profit Rule“ (UTPR), die die EU-Kommission im Dezember 2021 als eine von zwei Säulen ihrer neuen Richtlinie zur Sicherstellung eines Mindestbesteuerungsniveaus multinationaler Unternehmensgruppen in der EU vorlegte. Ihr zufolge kann etwa eine deutsche Tochtergesellschaft eines US-Konzerns verpflichtet werden, hierzulande die Mindeststeuer von mindestens 15 Prozent zu zahlen, wenn der US-Konzern nur niedrig besteuert ist. Die Regelung betrifft jedoch nur Konzerne mit einem Gesamtumsatz von über 750 Millionen Euro.
Trumps Strafsteuer könnte Hunderte Milliarden in den US-Haushalt spülen
Dass Trump überhaupt die Möglichkeit bleibt, „Gegenmaßnahmen“ gegen „diskriminierende“ Steuerregelungen im Ausland zu initiieren, geht auf einen anderen Paragrafen des bisherigen US-Steuerrechts zurück, die Section 891. Da Trump diese Möglichkeit nun nutzen will und mit der geplanten Section 899 eine weitere rechtliche Instanz zur stärkeren Besteuerung ausländischer Investoren und Unternehmen hervorbringt, bangen einige deutsche Investoren bereits. Stärker besteuert würden dadurch nämlich nicht nur laufende Einkünfte deutscher Unternehmen in den USA, sondern auch Dividenden, Lizenzen oder Zinsen, die ein deutscher Konzern von einem US-Tochterunternehmen erhält.
Schätzungen zufolge, über die die Wirtschaftswoche berichtete, könnte die neuartige Abgabe innerhalb des nächsten Jahrzehnts Einnahmen in Höhe von rund 116 Milliarden Dollar (rund 102 Milliarden Euro) in die US-Staatskasse spülen. Nachdem das US-Repräsentantenhaus der Section 899 im Haushaltsgesetz vergangene Woche zusagte, muss der Gesetzesvorschlag nun aber noch durch die zweite Entscheidungsinstanz, den US-Senat. Ob Trumps zusätzliche Besteuerung ausländischer Investoren und Unternehmen wie geplant in Kraft treten kann, ist aktuell also noch völlig unklar. Deutsche Anleger mit Investitionen in den USA dürften aber schon jetzt gut beraten sein, die Auswirkungen potenziell deutlich höherer Dividenden und Zinsen für ihr Budget zu erwägen. (fh)