Vollzeitarbeiten trotz Erwerbsminderungsrente: Unter welchen Bedingungen ist das machbar?

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Empfänger einer Erwerbsminderungsrente dürfen nun Vollzeit arbeiten, ohne das sie Kürzungen zu befürchten haben. Die neue Regelung gilt als Arbeit auf Probe.

München – Wer hierzulande krank und arbeitsunfähig wird, den unterstützt der Staat. Personen, die nur eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten können, erhalten eine Erwerbsminderungsrente. Die meisten Menschen geben ihren Beruf nicht freiwillig vorzeitig auf. Viele Betroffene haben einen schweren Unfall erlitten oder sind ernsthaft erkrankt. Nur bis zu sechs Wochen zahlt der Arbeitgeber den Krankheitsausfall eines Beschäftigten. Wer allerdings längerfristig ausfällt oder aus gesundheitlichen Gründen weniger als bis zu sechs Stunden täglich arbeiten kann, hat Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente. Doch hier soll sich nun einiges für Betroffene ändern.

Erwerbsminderungsrente: Voll arbeiten plus Rente ist jetzt möglich

Auch Personen, die voraussichtlich weniger als drei Stunden am Tag arbeiten können, erhalten die Unterstützung. Laut Bundesregierung beziehen etwa drei Millionen Menschen eine Erwerbsminderungsrente (Stand: Juli 2024). Jährlich kommen etwa 170.000 Menschen hinzu, die ihren Beruf vor dem Rentenalter aufgeben müssen. Gleichzeitig fordern Unionspolitiker im Vorfeld der Bundestagswahl am 23. Februar, die Grundsicherung für Arbeitsverweigerer vollständig zu streichen. Denn bislang müssen sie keine Streichungen befürchten.

Eine Neuerung bei der Erwerbsminderungsrente ist, dass Betroffene trotz Krankheit länger als die vorgeschriebenen Stunden arbeiten können, ohne dass sie ihren Rentenanspruch verlieren. Seit Anfang 2024 dürfen sie versuchsweise ein halbes Jahr uneingeschränkt arbeiten, ohne dass sich dies negativ auf die Rente auswirkt. Die bisherige Begrenzung auf bis zu drei oder sechs Stunden pro Tag entfällt in dieser Zeit. Dies gilt auch für Personen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, wie das Online-Portal gegen-hartz.de berichtet.

Voll arbeiten plus Rente: Betroffene arbeiten sechs Monate auf Probe - Voraussetzungen müssen erfüllt sein

Wer wieder voll in den Job zurückmöchte, muss sechs Monate auf Probe arbeiten. Dabei wird die Leistungsfähigkeit der Betroffenen getestet und geprüft, ob eine Rückkehr in den Beruf möglich ist oder ob ein teilweiser oder dauerhafter Ausfall der Betroffenen vorliegt. Während dieser Probezeit können Betroffene sieben oder acht Stunden täglich arbeiten, „ohne dass sich dies negativ auf die Rente auswirkt“, so das Online-Portal weiter.

Wer eine Erwerbsminderungsrente beansprucht, muss die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Betroffene müssen auf mindestens fünf Beitragsjahre kommen. Dazu zählen Pflichtbeitragszeiten aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung, aber auch Kindererziehungs- und Pflegezeiten oder freiwillig geleistete Beiträge.
  • Betroffene müssen in den vergangenen fünf Jahren mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge gezahlt haben.
  • In bestimmten Fällen - wie Arbeitsunfälle oder Berufskrankheiten - können die Mindestversicherungszeiten kürzer ausfallen.

Quelle: Stiftung Warentest „Anspruch, Antrag, Rentenhöhe - was Sie beachten sollten

Besonders profitieren sollen von der Neuregelung bei der Erwerbsminderungsrente diejenigen, die nach einer Krebsbehandlung genesen sind und in ihren Beruf zurückkehren möchten. Der Anspruch auf die Erwerbsminderungsrente erlischt erst, wenn sie nach der Probephase tatsächlich wieder in Vollzeit arbeiten können. Die während der Probezeit gezahlte Erwerbsminderungsrente wird nicht zurückgefordert. Ein Arzt entscheidet grundsätzlich über den Gesundheitszustand und das Arbeitsvermögen der Betroffenen.

Bild zeigt eine Frau, sie bewegt mit der Hand ihren Rollstuhl
Trotz EM-Rente: Vollzeitarbeiten ist jetzt möglich. Auch eine Kürzung der Leistungen müssen Betroffene nicht befürchten. (Symbolbild) © picture-alliance/ ZB | Patrick Pleul

Voll arbeiten plus Erwerbsminderungsrente: Hinzuverdienstgrenzen bei Erwerbsminderung gestiegen

Versicherte können während der Probezeit die Erwerbsminderungsrente mit einem Job kombinieren und selbst herausfinden, ob ein Teil- oder Vollzeitjob für sie infrage kommt. Für den Verdienst während dieser Zeit gelten die Hinzuverdienstgrenzen von 19.661 Euro bzw. 39.322 Euro (siehe Infobox unten). In Einzelfällen können, abhängig vom Einkommen vor der Erwerbsminderung, höhere Beträge zulässig sein. Einkommen, das über die Hinzuverdienstgrenzen hinausgeht, wird laut Stiftung Warentest zu 40 Prozent auf die Rente angerechnet.

Neue Hinzuverdienstgrenzen seit 2025

Seit 1. Januar dieses Jahres können EM-Rentner mehr dazu verdienen. Konkret steigen die Hinzuverdienstgrenzen für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit mit Beginn des Jahres auf 19.661 Euro für Beziehende einer vollen Erwerbsminderungsrente. 2024 lag diese noch bei 18.558,75 Euro. Bei Renten wegen teilweiser Erwerbsminderung liegt die Hinzuverdienstgrenze bei 39.322 Euro – statt wie bisher bei 37.117,50 Euro.

Neben den gesetzlichen Hinzuverdienstgrenzen gibt es nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) auch eine individuelle Grenze für Beziehende einer Erwerbsminderungsrente. Sie richtet sich nach dem am höchsten Verdienst der letzten 15 Jahre vor Beginn der Erwerbsminderung. In Einzelfällen können Betroffene also mehr verdienen. Die DRV berät dabei in ihren Beratungsstellen.

Betroffene, die wieder Vollzeit arbeiten und gleichzeitig eine Erwerbsminderungsrente beziehen möchten, sollten dies unbedingt ihrem Rentenversicherungsträger mitteilen und mit ihrem Arbeitgeber besprechen. Währenddessen steigt das Risiko der Altersarmut rapide an. Für Millionen Rentner reicht die gesetzliche Rente schlichtweg nicht mehr aus. (sthe)

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