Bierkrise in Deutschland: Brauereien drohen Insolvenzen

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Der Bierkonsum in Deutschland ist rückläufig. Brauereien spüren die Folgen. Der Oettinger-Chef erwartet eine Pleitewelle, die nicht nur die kleinen Bierbrauer treffen wird.

Oettingen – Für die jungen Deutschen ist Bier kein Trendgetränk und die Älteren in der Bevölkerung trinken weniger – die deutschen Brauereien haben mit dem Absatz zu kämpfen und viele werden das nicht überleben, so der Chef der Oettinger-Brauerei, Stefan Blaschak. Fünf von sechs Brauereien haben im vergangenen Jahr 2024 weniger Bier gebraut als noch im Vorjahr. Blaschak spricht bereits von einem „Erdrutsch“ in der Branche, bei dem es heute schon regelmäßig zu Insolvenzen kleiner Brauereien kommt. Aber auch die großen Bierbrauer wird es treffen, so seine Einschätzung.

Bierkonsum in Deutschland sinkt seit Jahren stetig: Insolvenzen drohen

Wie Blaschak weiter ausführte, ist der Bierkonsum in Deutschland in den letzten Jahren um zwei bis drei Prozent pro Jahr gesunken. In diesem Jahr hingegen ist der Absatz im Inland zwischen sieben und 7,5 Prozent eingebrochen, sagte der Oettinger-Chef der Augsburger Allgemeinen. Das entspricht rund 2,6 Millionen Hektolitern oder drei Millionen Dosen Bier pro Tag.

Oettinger Brauerei
Der Oettinger-Chef prognostiziert ein Brauereisterben. (Archivbild) © Peter Steffen/dpa

Die Brauereien haben also zu kämpfen und bei Oettinger ist das Minus besonders groß ausgefallen. Deshalb wird das Unternehmen im kommenden Jahr seine Bierproduktion am Standort Braunschweig einstellen. Laut Blaschak ist dies nicht vermeidbar bei der absehbaren Entwicklung in der Bierbranche und unbedingt notwendig, um das Unternehmen langfristig auszurichten.

Oettinger Bier und der Tarifstreit mit der Gewerkschaft

Das Unternehmen Oettinger Getränke beschäftigt aktuell rund 800 Mitarbeiter an vier verschiedenen Standorten. Bereits seit einiger Zeit befindet sich das Unternehmen in einem schwelenden Tarifkonflikt, mit der Gewerkschaft Nahrung Genuss Gaststätten (NGG), der Anfang dieser Woche in einen zweitägigen Warnstreik mündete. Gegenstand des Konfliktes sind nach an Ansicht der Gewerkschaft zu geringe Lohnerhöhungen und Leistungskürzungen aus dem bisherigen Tarif.

Für Blaschak führt aber kein Weg daran vorbei. Durch die insgesamt schwache Lage der Brauereibranche lassen sich Lohnerhöhungen nur durch eine entsprechende Leistungssteigerung auf Arbeitnehmerseite rechtfertigen, erklärte er. Die Branche rechnet damit, dass die Bierproduktion in den kommenden fünf Jahren von 80 auf 65 Millionen Hektoliter sinken könnte, so Blaschak weiter. 

Die Probleme der Bierbranche sind vielfältig

Den Bierbrauern bereiten eine Reihe von Problemen Kopfzerbrechen. Wie der Deutsche Brauerei-Bund mitteilte, ist zunächst einmal ein klar geändertes Konsumverhalten feststellbar. Junge Menschen trinken nur wenig Bier. Viele leben gesundheitsbewusst und bevorzugen alkoholfreie Getränke. Die älteren Biertrinker werden immer älter und konsumieren deshalb auch entsprechend weniger Bier. Das alles bedeutet sinkenden Absatz. Aber auch bei den Kosten gibt es Probleme. Personal, Rohstoffe und Energie werden teurer und lassen die Margen der Bierbrauer schmelzen. Außerdem wird im Bierland Deutschland hart um Marktanteile gekämpft. Die etwa 1500 Brauereien buhlen in einem teils ruinösen Wettbewerb um Kunden.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauerei-Bundes, Holger Eichele, sieht ferner auch ein konjunkturelles Problem, wie die FAZ berichtete. Das insgesamt schlechte Konsumklima trifft auch die Bierbrauer. Ähnlich wie in Gastronomie und im Handel wirkt sich dies auch auf den Bierabsatz negativ aus. Eichele erklärte, dass sich auch die Gastronomie in einem besorgniserregenden Zustand befindet und viele Betriebe um das Überleben kämpfen müssen. Der Bierexport sei ferner auch von den Zollvereinbarungen mit den USA empfindlich getroffen.

Bierbrauer müssen sich neu erfinden

Wie das Statistische Bundesamt Anfang August mitteilte, ist der Bierabsatz im ersten Halbjahr 2025 erstmals wieder seit 1993 unter die Marke von vier Milliarden Liter gefallen. Ein gegenläufiger Trend ist hingegen bei den Biermixgetränken zu beobachten, also Mischungen von Bier mit Limonaden, Cola oder Fruchtsäften. Hier legte der Absatz im ersten Halbjahr um ganze acht Prozent zu im Vergleich zum Vorjahr. Der Markt sei mit 5,6 Prozent des gesamten Biermarktes zwar noch klein, aber entwickelt sich stetig.

Der schwindende Bierkonsum wird die Branche verändern. Auch Oettinger denkt um und will vom reinen Bierbrauer zum Getränkehersteller werden. Blaschak setzt dabei auf Innovationen im Softdrinkbereich und bringt nun auch alkoholfreie Getränke auf den Markt, die mit Proteinen und Ballaststoffen angereichert sind.

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