Söders Plan B: Ab nach Brüssel
Sollte EU-Chefin Ursula von der Leyen neue deutsche Bundespräsidentin in Berlin werden, gibt es schon einen möglichen Aspiranten für ihre Nachfolge. Der Kandidat läuft sich in Bayern warm. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.
München – Auf der Suche nach einer Nachfolgerin für Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat Bundeskanzler Friedrich Merz zwar noch keine Kandidatin, aber immerhin eine Frau gefunden, die beteuert, dass sie es angeblich nicht werden will. Ursula von der Leyen lässt ausrichten, sie stehe für das Amt der deutschen Bundespräsidentin „nicht zur Verfügung“, sie „konzentriere sich voll auf ihre Aufgaben als Präsidentin der Europäischen Kommission“.
Das kann man glauben. Oder auch nicht. Denn ein Dementi gleicht einem Feuerwehreinsatz: Es bedarf schon gehöriger Rauchentwicklung, ehe die Brandbekämpfer losgeschickt werden.
In Bayern interessieren sich direkt zwei für höchste Ämter
In diesem Fall waren es mit Spiegel und Bild namhafte Hauptstadtmedien, die berichtet hatten, von der Leyen habe gute Aussichten, im Frühjahr 2027 ins Schloss Bellevue einzuziehen. Kurz zuvor hatte der Kanzler seine Präferenz für eine Frau an der Staatsspitze bekundet und damit vor allem in Bayern die Gerüchteküche mächtig angeheizt.
Denn hier gibt es gleich zwei Interessenten für höchste Ämter: zum einen Landtagspräsidentin Ilse Aigner, die hinter den Kulissen wenig Zweifel an ihrem Berufswunsch Bundespräsidentin lässt. Und zum anderen Ministerpräsident Markus Söder, der die Nachfolge der CDU-Politikerin Ursula von der Leyen als EU-Chef antreten könnte, falls diese von Brüssel nach Berlin wechseln sollte.
Söder in Brüssel? Merz und Wüst hätten in Berlin weniger Konkurrenz
Auch dessen Dementis, er sei und bleibe Bayernregent, sind bekanntermaßen mit Vorsicht zu genießen. Vor allem von den CDU-Granden Friedrich Merz und Hendrik Wüst. Beide wären deshalb alles andere als unglücklich, wenn sie ihren Dauerrivalen von der Berliner Bühne gen Brüssel wegloben könnten.
Nach sieben Jahren als bayerischer Ministerpräsident und sechs Jahren als CSU-Chef spielt der 58-jährige Söder in einer Liga wie es vor ihm nur die CSU-Größen Strauß und Stoiber. An deren Wahlerfolge konnte der Franke zwar nie anknüpfen. Doch hat er seine beiden Vorbilder eingeholt, was seine bundespolitische Dominanz und Popularität betrifft.
Söder spielt in einer Liga wie vor ihm nur die CSU-Größen Strauß und Stoiber.
Wenn der bisweilen schräge Social-Media-König Helgoland besucht, wird darüber in den Abendnachrichten berichtet, als handle es sich um einen Staatsbesuch. Und als der grüne Titan Robert Habeck die deutsche Politbühne verließ, galt sein letzter unfreundlicher Gruß dem Bayern-Regenten.
Längst ist dem Bayern sein Freistaat zu klein geworden, reist er rastlos zwischen Ägypten und China, Indien und einem einsamen Eiland in der Nordsee hin und her. Der Chefposten in Europa wäre der ultimative Coup – und zugleich, auch in solchen Kategorien denkt ein Markus Söder, ein letzter Triumph über seine innerparteilichen Zweifler Manfred Weber und Ilse Aigner. (Georg Anastasiadis)