Migration als Putins Waffe: Nato-Land schließt Russland-Grenze
Finnland beschließt ein Gesetz, mit dem Geflüchtete an der Grenze leichter abgewiesen werden können. Das soll dem Schutz vor Russland dienen – könnte aber gegen EU-Recht verstoßen.
Helsinki – Die Außengrenze zwischen der Nato und Russland ist rund 1600 Kilometer lang – mehr als 1300 Kilometer davon verlaufen zwischen Finnland und Russland. Moskau wird seit langem hybride Kriegsführung vorgeworfen, dazu zählt auch die Instrumentalisierung von Geflüchteten und Migranten. Das finnische Parlament stimmte am Freitag (12. Juli) mit großer Mehrheit für ein umstrittenes Gesetz, um sich genau davor zu schützen.
Migration als Putins Waffe: Finnland schließt Grenze zu Russland – Über 80 Prozent Zustimmung für Gesetz
Für die Billigung des Gesetzes war eine Fünf-Sechstel-Mehrheit nötig, die mit 167 Stimmen dafür bei 31 Gegenstimmen erreicht wurde. Damit soll es künftig möglich sein, Migranten an der finnisch-russischen Grenze abzuweisen, ohne ihren Asylantrag zu prüfen. „Dies ist eine starke Botschaft an Russland und unsere Verbündeten“, sagte der finnische Regierungschef Petteri Orpo nach der Parlamentsabstimmung laut AFP. Das nordische Land werde „auf seine eigene Sicherheit und die Sicherheit der EU-Grenzen achten“.
Finnlands Präsident Alexander Stubb muss das Gesetz noch unterzeichnen, erst dann tritt es in Kraft und würde zunächst für ein Jahr gelten. Angewendet werden kann das Gesetz demnach, wenn die Souveränität und nationale Sicherheit Finnlands als bedroht gelten. Moskau wird vorgeworfen, Menschen gezielt an die Nato- und EU-Grenzen zu bringen, Russland weist dies jedoch zurück. Das Gesetz sei notwendig, obwohl es im Widerspruch zu internationalen Menschenrechtsverpflichtungen stehe, hieß es von Ministerpräsident Orpo weiter.
Im vergangenen Herbst und Winter waren fast tausend Migranten ohne Visum an der finnisch-russischen Grenze angekommen. Die acht offiziellen Grenzübergänge aus Russland hatte Finnland bereits im vergangenen Jahr geschlossen. Trotz des neuen Gesetzes sollen die Grenzen offenbar zunächst zu bleiben. „Es wäre unverantwortlich, die Probleme des Gesetzes in der Praxis zu erproben“, kommentierte die Tageszeitung Helsingin Sanomat am Freitag in einem Leitartikel.
Spannungen an EU- und Nato-Grenzen: Migrationskrise als politisches Instrument?
Finnische Rechtsexperten sind der Ansicht, das neue Gesetz sei unvereinbar mit EU-Recht – etwa dem Zurückweisungsverbot – und teils auch mit dem finnischen Grundgesetz. Befürworter sehen die neue Regelung indes als probates Mittel, um Finnland und die EU vor einer feindlichen Einflussnahme externer Akteure durch Migration zu schützen. Demonstranten hatten die Debatte im finnischen Parlament vor dem Gesetzesbeschluss gestört, in dem sie von den Zuschauerrängen riefen, dass Finnland den Rechtsstaat zerstöre und kein Mensch illegal sei.
Migration als Waffe der hybriden Kriegsführung zu verwenden, ist nicht neu. Bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs hatte Belarus eine humanitäre Krise an der polnisch-belarussischen Grenze ausgelöst, indem das Land mutmaßlich hunderte Migranten an die EU-Grenze gebracht hatte. Minsk wolle so für eine „Destabilisierung Europas“ sorgen, so der Vorwurf. Im vergangenen Jahr hatte Polen seine Grenzen unter erhöhten Schutz gestellt, da sich zeitweise tausende Wagner-Söldner in der Nähe befanden. Am Mittwoch kündigte Warschau an, seine Militärpräsenz an der Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad und zu Belarus zu verstärken. Polen, Estland, Lettland und Litauen, forderten zuletzt in einem Brief EU-Unterstützung bei der militärischen und zivilen Grenzsicherung (bme mit dpa/AFP).