Ist Sand im Getriebe bei Fendt in Marktoberdorf?
Vor dem Werkstor der Firma Fendt in Marktoberdorf wurde vergangene Woche noch gestreikt, um im Rahmen laufender Tarifverhandlungen für mehr Gehalt einzustehen. Den Gewerkschaften und Streikenden ist ein respektables Ergebnis gelungen.
Marktoberdorf - Für eine ohnehin schwächelnde Branche ist die Einigung womöglich eine neue Hürde. Denn auch beim Traktorhersteller Fendt sieht die Geschäftslage alles andere als rosig aus. Hinter vorgehaltener Hand wird von einem massiven Stellenabbau geraunt. Die Unternehmensleitung äußert sich verhalten.
Betriebsrätin Gabriele Formann ist eine echte Fendtlerin, vor sage und schreibe 41 Jahren begann sie beim Traktorbauer in Marktoberdorf eine Lehre als Schlosserin. Seitdem schlägt ihr Herz für das Dieselross aus dem Ostallgäu. Und auch am Tag des Warnstreiks gibt sich die stellvertretende Vorsitzende des Fendt-Betriebsrats kämpferisch.
„Fendt-Betriebsrat“: Gemeinsam durch die Talsohle
Auf einen drohenden Stellenabbau bei Fendt angesprochen, zeigt sie sich allerdings zuversichtlich. „Zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat gibt es die Vereinbarung, dass wir gemeinsam die Talsohle durchschreiten wollen.“ Das heiße konkret, dass jede Seite darum kämpfe, die Stammbelegschaft in der Produktion zu halten und den Personalstand wenn überhaupt, dann sozialverträglich zu verringern.
„Wir sind allerdings“, so Formann weiter, „gemessen am aktuellen Absatz zu viele.“ Die unsichere politische Lage in Deutschland wie in den USA, wo der Fendt-Mutterkonzern AGCO ansässig ist, tue ihr übriges, um den Druck auf den Konzern und seine Mitarbeiter zu erhöhen.
Netto-Umsatz im freien Fall?
Bereits im Sommer musste Fendt an drei Standorten, darunter in Marktoberdorf, über mehrere Wochen Kurzarbeit anmelden. Nach Rekordjahren sei die weltweite Nachfrage im Bereich Anbaugeräte und Traktoren nicht nur in Deutschland sowie Europa, sondern auch in Nord- und Südamerika gesunken, wie die Geschäftsleitung im Juni bekannt gab. Und sie sinkt weiter. Mutterkonzern AGCO meldete Anfang November einen Rückgang des Nettoumsatzes gegenüber dem dritten Quartal 2023 von 24,8 Prozent. Auf die ersten neun Monate des Jahres 2024 angerechnet, die einen Nettoumsatz von 8,8 Milliarden US-Dollar verzeichneten, bedeutet das einen Rückgang von 17,3 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Jahr 2023.
Rückgang bei den Traktorverkäufen
Ausschlaggebend für die Verluste seien Rückgänge bei den Traktorverkäufen, in Nordamerika um elf Prozent und in Westeuropa um sechs Prozent. Dabei ist Fendt die erklärte Premiummarke im Traktorsegment von AGCO (neben Massey Ferguson, Valtra und Challenger). Die Prognosen? Wenig ermutigend.
Meine news
Von AGCO heißt es dazu: „Die Branchennachfrage dürfte für den Rest des Jahres 2024 schwach bleiben.“ Der amerikanische Konzern will daher mit „aggressiven Maßnahmen zur Kostenkontrolle einschließlich unseres laufenden Umstrukturierungsprogramms“ reagieren, wie Eric Hansiota, Vorstandsvorsitzender, Präsident und CEO von AGCO, bekanntgab.
Fendt dementiert Pläne zur Kurzarbeit
Scharfe Töne, die auch die Menschen bei Fendt in Marktoberdorf aufschrecken. Aktuell wird zwar nicht in Kurzarbeit produziert, doch für Januar sagt der Flurfunk einen Produktionsstopp und still stehende Bänder voraus. Dem widerspricht die Fendt-Geschäftsleitung: „Wir haben keine Kurzarbeit. Diese ist auch nicht für Anfang kommenden Jahres geplant“, wie Unternehmenssprecherin Manja Morawitz auf Nachfrage mitteilt.
Sie ergänzt: „In den ersten drei Januar Wochen finden Umbauarbeiten und Vorbereitungen für Umtaktungen statt. Das ist aber keine Kurzarbeit, sondern findet ganz regulär über den sogenannten T-Zug [tariflich geregelte freie Zusatztage, Anm. d. Red.] statt.“
„Wir haben es uns verdient“
Gabriele Formann jedenfalls rechtfertigt aus tiefster Überzeugung das von der IG Metall geforderte Gehaltsplus: „Wir haben in der Corona-Zeit zurückgesteckt“, erklärt sie. „Jetzt ist es an der Zeit, dass wir etwas zurückbekommen. Wir haben es uns verdient“, sagt sie und greift beherzt zum Mikrofon vor dem Werkstor von Fendt in Marktoberdorf.