Peitinger Delegation beim Guss dabei: Neue „Friedensglocke“ für St. Michael

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Schongau
  4. Kreisbote

KommentareDrucken

Auf die Temperatur kommt es an: Auf 1.150 Grad Celsius wird die Bronze erhitzt. © Herold

Wann hat man schon die Gelegenheit, beim Guss einer Kirchenglocke für die eigene Gemeinde dabei zu sein? Mitglieder und Gäste der Peitinger Pfarrei bekamen jetzt die Gelegenheit, bei der Firma Grassmayr in Innsbruck hautnah die Arbeitsgänge beim Guss der neuen „Friedensglocke“ zu verfolgen.

Peiting – „Es ist doch was Einmaliges, nach alter Handwerkskunst beim Gießen der eigenen Glocke dabei sein zu dürfen“, sagt Gabi Schäller frühmorgens auf der Busfahrt nach Innsbruck. Natürlich ist auch Pfarrer Robert Kröpfl dabei. Von ihm ist zu erfahren, dass die neue „Friedensglocke“ als sechste Glocke im Geläut von St. Michael erklingen soll.

„Vor 100 Jahren wurde diese kleine Glocke des Geläuts an Maria Egg abgetreten“, so der Pfarrer. Er fügt die Maße der Neuen gleich hinzu: „230 Kilo wird sie wiegen und einen Durchmesser von 72 Zentimetern haben.“ Und wird noch genauer: „Sie ist in cis-des/2 gestimmt“. Da ist selbst Sitznachbar Bürgermeister Peter Ostenrieder baff.

Pfarrer Kröpfl hatte schon während seiner Ausbildungszeit in Salzburg des Öfteren die Glockengießerei Grassmayr besucht und kennt den Seniorchef Christof Grassmayr. So ist es auch der Senior mit seinen 87 Lenzen, der an diesem Tag die Führung für die Peitinger übernimmt. „Muss eine gut funktionierende Pfarrei sein, weil so viele mitgekommen sind“, findet er.

Der alte Herr weiß alles über den Guss von Glocken. Schließlich arbeitet die Firma, die 1599 gegründet wurde, heute in der 16. Generation. In über hundert Ländern läuten ihre Glocken: Kirchenglocken, Kuhglocken, Glockenschalen oder ganze Glockenspiele, überall hat Grassmayr seinen Stempel aufgedrückt. Jedes Detail, von der Formung über die Verzierung bis zur Feinabstimmung, kann der Senior erklären. Klar, dass er auch auf die Ornamentik der Peitinger Glocke eingeht: eine Friedenstaube, das Pax Christi und der Schriftzug ‚Fürchtet Euch nicht‘.

Glocke Peiting Guss
Der Guss der Peitinger „Friedensglocke“: ein spannender Moment. © Herold

Wie der Seniorchef weiter schildert, sind Verzierungen eine große Herausforderung für die Bildhauerinnen. „Wir haben zwar alle Heiligen als Model in unserem Archiv, aber Sonderwünsche müssen eben per Hand erstellt werden.“ Und das spiegelverkehrt. Aber: „Eine Kirchenglocke ohne Verzierung wäre undenkbar“, so der alte Fachmann. Setzt hinterher, dass diese auch ganz minimal den Ton beeinflussen. Die Friedenstaube, wie sie nun die Peitinger Glocke ziert, werde auch noch in hunderten von Jahren ihre Bedeutung haben.

Juniorchef Peter Grassmayr hat schon Stunden vorher seinen Platz eingenommen, um zeitgerecht den großen Ofen anzufeuern. Mit dreien seiner Mitarbeiter hat er all die notwendigen Vorarbeiten geleistet. Es wird ja an diesem Nachmittag nicht nur die Peitinger Glocke gegossen, insgesamt sieben sollen entstehen. „Drei Glocken werden wir für zwei Kirchen in Bosnien, zwei Glocken für eine Kirche in Verona (Italien), eine Glocke für Linden (Schweiz) und eben die Friedensglocke für Peiting in einem Zuge gießen.“

Anto Bastijanovic hat sich den silberfarbenen Schutzanzug übergestreift. Er ist seit 33 Jahren bei Grassmayr. Der Glockengießer misst mit einem Spezialthermometer die Temperatur im Ofen: genau 1.051 Grad Celsius. „Wir brauchen 1.150 Grad“, so Bastijanovic.

Glockenguss: Immer um 15 Uhr

Kein Problem. Es ist ja noch ein bisschen hin bis zum geplanten Guss um 15 Uhr. „Diese Zeit wird bei Kirchenglocken immer gewählt, weil sie an das Sterben Christi erinnern soll“, so Senior Grassmayr zu den Zuschauern, die sich mittlerweile eingefunden haben.

15 Uhr: Jetzt stimmt die Temperatur der Bronze. Die Uhrzeit auch. Glockengießer Bastijanovic zeigt sich zufrieden. Die nächsten Minuten gehören den drei Pfarrern. Sie sprechen, jeder in seiner Sprache, Gebete zum Gelingen des Gusses ihrer Glocken und segnen mit Weihwasser. Peter Grassmayr durchstößt problemlos das Spundloch. Jetzt fließt die glühend heiße Bronze in den Gusskübel, der am Kran hängt. Der Guss kann beginnen.

„Von der kleinen zur großen“, die Taktik der Gießer. Drei Glocken Vorlauf, dann ist jene für Peitingan der Reihe. Gleichmäßig läuft die Bronze in die Öffnung der Form. Kein Spritzer geht daneben. Die Anspannung ist trotzdem spürbar, auch die Hitze.

Nach dem Guss: Drei Tage auskühlen

Es muss der Gusskübel erneut gefüllt werden, damit auch noch die siebte Glocke vollendet werden kann. Dann der Beifall der Zuschauer. Geschafft. Alle erleichtert. Jetzt noch drei Tage zum Auskühlen, dann wird die Peitinger Glocke aus der Form gehoben, von der Lehmhaut befreit und feingestimmt.

Wenige Tage darauf holen sie Pfarrer Kröpfl und Bürgermeister Ostenrieder ab. Bis zur Einbringung in den Glockenturm ist sie in der Kirche zu bestaunen.

Mit dem Kreisbote-Newsletter täglich zum Feierabend oder mit der neuen „Kreisbote“-App immer aktuell über die wichtigsten Geschichten informiert.

Auch interessant

Kommentare