Braucht Landsberg ein neues Landratsamt für 120 Millionen Euro?

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Umstritten, aber von Landrat Thomas Eichinger (CSU, kleines Bild) hochgelobt: Das als „Lechkiesel“ bezeichnete neue Landratsamt Landsberg mit optionalem Erweiterungsbau (links) am Penzinger Feld. © Hascher Jehle Architektur/LRA-LL

In drei Wochen, am 23. Februar, dürfen die Bürger des Landkreises Landsberg in zwei Bürgerentscheiden darüber befinden, ob das geplante neue Landratsamt auf dem Penzinger Feld gebaut wird oder nicht. Angesichts der Baukosten von aktuell 120 Millionen Euro ist Vorhaben umstritten. Da viele Wahlberechtigte die Möglichkeit der Briefwahl nutzen, fassen wir die konträren Positionen von Landkreis und Bürgerinitiative mit einem 11-Fragen-Interview zusammen. Nachfolgend die Antworten von LRA-Neubau-Befürworter Landrat Thomas Eichinger (CSU).

Landkreis Landsberg - Natürlich haben wir die 11 Fragen auch die Bürgerinitiative „LRA-Neubau stoppen“ geschickt. Hier sind die Antworten von BI-Sprecher Hans-Jürgen Schulmeister.

Vorab die beiden Fragen der Bürgerentscheide am 23. Februar.

Bürgerentscheid 1 (Ratsbegehren „Realisierung Dienstleistungsgebäude“): Sind Sie dafür, dass der Landkreis Landsberg am Lech ein zentrales Dienstleistungsgebäude am Penzinger Feld in Landsberg realisiert, um 13 angemietete Außenstellen mit jährlichen Mietkosten von ca. 1,2 Mio. Euro zusammen zu fassen und die Zulassungsstelle dort unterzubringen?

Bürgerentscheid 2 (Bürgerbegehren „Planungsstopp Lechkiesel“): Sind Sie dafür, den Neu- bzw. Erweiterungsbau der als Lechkiesel bezeichnet wird, mit Baukosten von 120 Mio. Euro am Penzinger Feld zu stoppen?

Herr Eichinger, von ,LRA-Erweiterungsbau‘ über ,Neues Landratsamt und Verwaltungsgebäude‘ zum ,Bürgeramt‘: Wie ist dieser Wandel in der Formu­lierung zu erklären?

Landrat Thomas Eichinger: „Alle drei Formulierungen, die bisher in der Verwendung waren und an die Öffentlichkeit kommuniziert wurden, sind alternative Formulierungen, die dasselbe benennen: ein neues Verwaltungsgebäude, das einen stark serviceorientierten Charakter besitzt und alle wichtigen Dienstleistungen für unsere Bürgerinnen und Bürger im Landkreis anbietet. Auch Formulierungen, die in der deutschen Sprache durchaus mehrere ähnlich zu verwendende Begrifflichkeiten kennen, können sich im Laufe eines Projekts ändern. Deshalb ist auch bei uns ein Wandel von dem anfänglichen ,LRA-Erweiterungsbau‘ über ‚Neues Landratsamt und Verwaltungsgebäude‘ hin zum ,Bürgeramt‘ eingetreten, der das Relevante zum Ausdruck bringt, was ein neues Verwal­tungsgebäude in erster Linie darstellen sollte: ein Dienstleistungszentrum für die Menschen vor Ort hier in unserem schönen Landkreis. Deshalb bleibt der Kern des Neubau-Projekts in all seinen einzelnen Themen, die berücksichtigt werden, aber derselbe. Auch an den einzelnen Bausteinen in der Planung ändert sich deshalb nichts, wenn sich die Formulierung wandelt.“

Ursprünglich war der geplante Neubau am Penzinger Feld als Erweiterungsbau für die Außenstellen gedacht. Inzwischen verfügt er über Sitzungssaal, Landrat-Büro und Veranstaltungsräume sowie Cafeteria. Warum ist das so?

Eichinger: „Hier ist der erste Teil der Frage leider fälschlich formuliert, denn es ist nicht so, dass der ursprünglich geplante Bau tatsächlich als Erweiterungsbau der Außenstellen vorgesehen war. Bereits im Auslobungstext des Architektenwettbewerbs waren sowohl ein Sitzungssaal, ein Landratbüro wie auch Veranstaltungsräume und eine Cafeteria vorgesehen. Zudem hatten auch alle Entwürfe im Architekturwettbewerb entsprechende Lösungen für die zuvor genannten Anforderungen berücksichtigt. Der jetzige Siegerentwurf wurde dann ja auch vom Kreisausschuss als Entscheidungsgremium zur Planung beauftragt und hat alle Bauelemente, wie den Sitzungssaal, das Landratbüro sowie Veranstaltungsräume und eine Cafeteria, demzufolge enthalten.“

Falls der Neubau am Penzinger Feld kommt: Wie sollte das alte Landrats­amt in der Von-Kühl­mann-­Straße danach genutzt werden? Es gibt ja auch die Forderung, das Landratsamt müsse im Innenstadtbereich Landsbergs bleiben.

Eichinger: „Die aktuellen Planungen sehen vor, dass die Außenstellen zusammengefasst werden. Das jetzige Gebäude hier in der Innenstadt an der Von-Kühlmann-Straße wird bleiben und auch weiterhin in Benutzung sein. Mein Vorschlag ist, aus dem Bestandsgebäude ein Sozialbürgerhaus zu schaffen, wo unser Sozialamt, das Jugendamt sowie andere geeignete Fachbereiche unter ein Dach gebracht werden und so auch in unmittelbarer Zentrumsnähe eine wichtige Anlaufstelle für unsere Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden kann. Das liegt mir persönlich natürlich sehr am Herzen.“

Sollte der aktuelle Plan eines Neubaus umgesetzt werden, finden dort auch weiterhin nicht alle Abteilungen des Landratsamtes Platz. Was dann?

Eichinger: „Hier verweise ich auf die Antwort der vorangegangenen Frage drei. Der Plan sieht eine sinnvolle Aufteilung vor, die neben dem neuen Bürgeramt, wo die meisten Abteilungen untergebracht werden, auch ein neu zu schaffendes Sozialbürgerhaus in unserem Landkreis vorsieht.“

Für den Neubau auf der grünen Wiese muss der Landkreis Kredite aufnehmen. Wie viel Schulden verträgt der Landkreis? Wie viel kann den Kommunen über eine weiter steigende Kreisumlage zugemutet werden?

Eichinger: „Die Frage, wie viel Schulden unser Landkreis verträgt, ist eng mit der Frage der künftigen Umlagekraft und dem Kreisumlagehebesatz (Kreisumlagepunkte) verknüpft. Hier ist ein Rückblick angebracht: Im Jahr 2003 etwa waren wir bereits bei über sechs Punkten Kreisumlage für die Schuldenfinanzierung. Wenn wir nun wirklich alles umsetzen, was der Finanzplanungszeitraum beinhaltet, dann lägen wir bei knapp 290 Millionen Euro Schulden. Das entspricht für den Schuldendienst dann wiederum einer Kreisumlage von gut sechs Punkten. Insofern hätten wir eine Verschuldungssituation wie zu Beginn der Nullerjahre. Damals hatte niemand den Eindruck, dass die Kommunen überlastet sind. Somit ist der Neubau sehr wohl finanzierbar – auch mit Schulden. Diese haben wir im Übrigen in den letzten zehn Jahren trotz zahlreicher hoher Investitionen und größerer baulichen Projekte jährlich kontinuierlich abgebaut. Die Leistungsfähigkeit des Landkreises hat sich darüber hinaus in der Zeit nahezu verdoppelt, was an dieser Stelle nicht außer Acht gelassen werden sollte. Deshalb können wir den Neubau auch finanziell stemmen.“

Was erwarten Sie sich im Allgemeinen vom anstehenden Bürgerentscheid? Es ist immerhin der erste auf Landkreisebene.

Eichinger: „Der erste Bürgerentscheid auf Landkreisebene ist eine besondere Gelegenheit für direkte Demokratie. Ich hoffe, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger beteiligen und damit die Gelegenheit nutzen, über die Zukunft des Landratsamts mitzubestimmen. Der Entscheid ist eine komplexe Frage, insbesondere durch die Stichfrage, die Widersprüche zwischen den Bürgerentscheiden auflösen kann. Daher ist es wichtig, dass alle gut informiert ihre Stimme abgeben.“

Warum braucht es neben dem Bürgerbegehren auch noch ein Ratsbegehren und somit zwei Bürgerentscheide?

Eichinger: „Das Ratsbegehren gibt uns die Möglichkeit, die Vorteile eines zentralen Dienstleistungsgebäudes am Penzinger Feld darzustellen. Das Bürgerbegehren hingegen fordert den Stopp des Projekts ,Lechkiesel‘. Beide Begehren stehen inhaltlich im Konflikt, und deshalb gibt es eine Stichfrage, die bei widersprüchlichen Ergebnissen klarstellt, welche Entscheidung letztlich gelten soll. Das Ziel ist, den Bürgern eine fundierte Wahl zwischen zwei Alternativen zu ermöglichen.“

Was kreuzt der oder die Wahlberechtigte an, wenn er/sie den Erweiterungsbau am Penzinger Feld haben möchte, aber nicht die große Lösung „Neubau Landratsamt“?

Eichinger: „Wer den Erweiterungsbau bevorzugt, sollte beim Bürgerentscheid 1 (Ratsbegehren) mit ,Ja‘ stimmen, da hier die Realisierung eines zentralen Dienstleistungsgebäudes vorgesehen ist. Beim Bürgerentscheid 2 (Bürgerbegehren) sollte ,Nein‘ gewählt werden, da ein ,Ja‘ den Planungsstopp des gesamten Projekts fordert. Auch die Stichfrage sollte beantwortet werden, um bei widersprüchlichen Ergebnissen Klarheit zu schaffen.“

Was bewirkt es, wenn ich nur beim Bürgerbegehren das ‚Ja‘ ankreuze?

Eichinger: „Ein ,Ja‘ beim Bürgerentscheid 2 bedeutet, den Stopp der Planungen für den ,Lechkiesel‘ zu unterstützen. Der Landkreis dürfte das aktuelle Projekt dann nicht weiterverfolgen, und es gäbe keine zentrale Lösung für die aktuellen Probleme (hohe Mietkosten, zersplitterte Verwaltung). Die Abstimmung bei der Stichfrage bleibt entscheidend, falls es widersprüchliche Ergebnisse gibt. Sollte die Planung gestoppt werden, wird es keine neue Bauplanung am Penzinger Feld geben. Das Grundstück ist dann für einen Neubau nicht mehr verfügbar – ein Rückschritt, der uns viel Geld und Zeit kosten wird.“

Was bewirkt es, wenn ich nur beim Ratsbegehren das ‚Ja‘ ankreuze?

Eichinger: „Ein ,Ja‘ beim Bürgerentscheid 1 bedeutet, der Realisierung des zentralen Dienstleistungsgebäudes zuzustimmen. Damit spricht man sich für die Zusammenführung der 13 angemieteten Außenstellen aus, was langfristig Kosten spart und die Verwaltung effizienter macht. Wenn man nur beim Ratsbegehren mit ,Ja‘ stimmt und nicht an der Stichfrage teilnimmt, könnte es bei widersprüchlichen Ergebnissen trotzdem zur Klärung durch die Stichfrage kommen. Die Wählenden tragen dann dazu bei, die Planungen des Kreistags fortzuführen und ein modernes Verwaltungszentrum zu schaffen.“

Wie soll es weitergehen, wenn die Mehrheit der Landkreisbürger gegen einen Landratsamts-Neubau stimmt?

Eichinger: „Ein mehrheitliches Nein zum Neubau würde einen Planungsstopp bedeuten. In diesem Fall müssten Alternativen entwickelt werden, die jedoch Zeit und zusätzliche Kosten verursachen würden. Gleichzeitig blieben die bestehenden Probleme, wie hohe Mietkosten und eine zersplitterte Verwaltung, bestehen. Es wäre ein Rückschritt für den Landkreis, und wir müssten langfristige Lösungen erneut prüfen und diskutieren.“

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