Krieg in Nahost: Sorge vor Atom-Arsenal der Mullahs
Israels Kriegskabinett ringt um die richtige Antwort auf den iranischen Angriff – und diskutiert offenbar auch einen Angriff auf das iranische Nuklearprogramm. Haben die Mullahs die Atombombe schon?
Teheran/Hamburg – Die internationalen Experten sind uneinig, ob der Iran schon genügend atomwaffenfähiges Uran für den Bau einer Nuklearbombe hat. Sollten die israelischen Geheimdienste zu der Ansicht kommen, dass die iranische Bombe kurz vor der Fertigstellung ist, könnte aus israelischer Sicht jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Angriff auf die Atomanlagen sein. Schon 2006 gab es erste Berichte darüber, dass israelische Streitkräfte derartige Attacken auf die unterirdischen Atom-Anlagen der Iraner üben.
Die Atom-Anreicherungsfabriken in Fordo und Natanz sind besonders gegen Luftschläge gesichert. Die unterirdischen Anlagen sollen bis zu 60 Meter tief in einen Berg gegraben worden sein.
Israel startet „diplomatische Offensive“
Nach dem iranischen Großangriff fordert Israel, härter gegen die iranischen Revolutionsgarden vorzugehen. Der israelische Außenminister Israel Katz erklärte, er habe in Briefen an 32 Staaten und Gesprächen mit „dutzenden Außenministern und führenden Vertretern“ Sanktionen gegen das iranische Raketenprogramm und die Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation gefordert.
In den USA werden die Revolutionsgarden als Terrororganisation eingestuft, in der EU wurden Sanktionen verhängt. „Neben der militärischen Antwort auf den Beschuss mit Raketen und Drohnen leite ich eine diplomatische Offensive gegen den Iran“, teilte Katz mit.
Wie weit die Atombomben-Pläne Teherans schon gediehen sind, ist umstritten. Nach einer unangekündigten Inspektion der Atomanlage Fordo am 21. Januar 2023 berichtete die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) Anfang Februar 2023, dass dort Uran auf einen Reinheitsgrad von bis zu 60 Prozent und damit fast auf Waffenqualität angereichert werden kann.
Iran und die Bombe: „Müssen davon ausgehen, dass es sie bereits gibt“
Severin Pleyer, Offizier und Strategieexperte an der Hamburger Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr, sagte dem Handelsblatt: „Wir müssen davon ausgehen, dass es eine iranische Bombe bereits gibt.“ Pleyer geht davon aus, dass Teheran die notwendige Uran-Anreicherungsschwelle von 90 Prozent bereits erreicht haben dürfte. Über mindestens eine, womöglich sogar zehn Bomben könnte das Regime verfügen.
Diese iranische Bombe dürfte laut Pleyer allerdings noch zu groß sein, um sie etwa auf die Spitze einer Trägerrakete zu montieren. Das würde bedeuten, dass der Iran zwar einen atomaren Sprengsatz zur Zündung bringen kann, aber: „Sie haben definitiv keine Atomwaffen, um Israel anzugreifen.“
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Iran verheimlichte der Atomenergie-Behörde Nuklearanlagen
Der Iran arbeitet seit Jahrzehnten daran, eine Nuklearmacht zu werden. Schon das Regime von Schah Reza Pahlevi soll mit pakistanischer Hilfe in den 80er-Jahren an der Atombombe geforscht haben. Nach der islamischen Revolution von Ayatollah Khomeini wurde diese Arbeit fortgesetzt. Im Jahr 2002 enthüllten US-Medien, dass der Iran Atomanlagen in Natanz und Arak unterhielt, die der Internationalen Atomenergie-Behörde (IAEO) verheimlicht worden waren.
Weil der Iran seit der faktischen Kündigung des Atomabkommens die Zusammenarbeit mit den IAEO-Inspekteuren immer weiter zurückgefahren hat, wissen die Atom-Inspekteure aus Wien nicht, wie viel angereichertes Material wo lagert. Die im Rahmen des Atomabkommens installierten Kameras in den Anreicherungsanlagen hat der Iran abgeschaltet. Die IAEO kann zudem nicht garantieren, dass es neue, noch geheime Atomanlagen gibt.
Israel hat zwar nie offiziell zugegeben, Atomwaffen zu besitzen. Es gilt aber als sicher, dass Israels Militär über bis zu 400 einsatzfähige Atom-Sprengköpfe verfügt.