Großer deutscher Autozulieferer schließt gesamtes Werk in wenigen Wochen – „das ist mehr als schlechter Stil“

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Der Autozulieferer Hella schließt einen Standort in Baden-Württemberg. Die Gemeinde hat davon zunächst nur durch eine Immobilienanzeige erfahren.

Nellingen - Aufgrund von hohen Kosten und geringer Auslastung haben in den vergangenen Monaten mehrere große Autozulieferer die Schließung ganzer Standorte beschlossen. Die ZF Friedrichshafen hat das Werk in Gelsenkirchen zum Jahresende 2024 geschlossen, der Standort Eitorf soll bis spätestens Ende 2027 folgen und auch Bosch könnte ganze Standorte in Deutschland schließen. Dass der Beleuchtungsspezialist Hella mit Sitz in Lippstadt (Nordrhein-Westfalen) ähnliche Pläne verfolgt, hat die betroffene Gemeinde zunächst nur durch eine Immobilienanzeige erfahren.

Dass der Autozulieferer Hella seinen Standort in Nellingen (Alb-Donau-Kreis) bei Ulm schließen will, erfuhr der Bürgermeister der Gemeinde in Baden-Württemberg dadurch, dass die Immobilie auf einem Portal zum Verkauf angeboten wurde. Wie die Schwäbische Zeitung berichtet, hatte das Unternehmen vor zwei Jahren noch überlegt, das Werk in Nellingen auszubauen, da rund die Hälfte der Gewerbefläche noch unbebaut war. Jetzt sollen die Lichter aber endgültig ausgehen – und das schon sehr bald.

Hella-Werk in Nellingen auf Immobilienportal zum Verkauf angeboten – „es ärgert mich maßlos“

Der Autozulieferer Hella, der mit rund 38.000 Mitarbeitern zu den größeren Unternehmen der Branche und seit 2021 mehrheitlich zum französischen Forvia-Konzern gehört, hatte vor etwa 40 Jahren ein Elektrofachgeschäft in Nellingen übernommen und ist bis heute an diesem Standort mit einem Werk vertreten. Das soll sich basierend auf der Anzeige auf dem Portal immobilienscout24.de aber bald ändern, da die Gewerbeimmobilie laut dieser ab dem 1. April verfügbar ist. „Das ist mehr als schlechter Stil, es ärgert mich maßlos“, sagte Nellingens Bürgermeister Christoph Jung der Schwäbischen Zeitung.

Name HELLA GmbH & Co. KGaA
Gründung 1899
Sitz Lippstadt, Nordrhein-Westfalen
Branche Automobilzulieferer
Mutterkonzern Forvia SE (mehrheitlich, seit 2021)
Mitarbeiter 37.770 (2023)
Umsatz 7,9 Milliarden Euro (2023)
Standorte in Baden-Württemberg Nellingen, Ihringen, Kehl, Wembach, Zell-Atzenbach, Sindelfingen, Böblingen (Sales Office)
Standorte in Bayern Donnersdorf, Unterföhring, Ingolstadt (Sales Office)

Bei dem Hella-Standort in Nellingen handelt es sich um das kleinste deutsche Werk des Konzerns, der unter anderem auch in Sindelfingen ein Werk betreibt. Für die kleine Gemeinde, rund 20 Kilometer von der Großstadt Ulm entfernt, bedeutet die Schließung und der damit einhergehende Verlust von etwa 25 Arbeitsplätzen dennoch ein schwerer Schlag. Zumal, wie bereits erwähnt, bislang davon ausgegangen war, dass der Standort noch wachsen werde. Im vergangenen Jahr hatte auch der Autozulieferer Michelin das Ende zweier Standorte im Südwesten besiegelt.

Hella bestätigt Schließung von Nellinger Werk zum 31. März wegen Unterauslastung

Dass die Immobilie von Hella zum Verkauf angeboten wird, der Autozulieferer selbst aber noch überhaupt keine offiziellen Schließungspläne verkündet hat, klingt zunächst merkwürdig. Laut dem Bericht soll die Belegschaft in Nellingen bereits vor einigen Tagen informiert worden sein, musste aber Stillschweigen wahren. „Vor dem Hintergrund der angespannten Marktsituation im Trailergeschäft sowie der daraus resultierenden strukturellen und damit dauerhaften Unterauslastung des Standortes Nellingen ist die Entscheidung getroffen worden, den Standort zum 31. März 2025 zu schließen“, bestätigte ein Hella-Sprecher nun aber auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung.

Ein Werk des Autozulieferers Hella am Stammsitz in Lippstadt, Nordrhein-Westfalen.
Der Autozulieferer Hella bestätigt die Schließung seines Werkes in Nellingen (Baden-Württemberg) zum 31. März. (Foto zeigt ein Werk am Stammsitz in Lippstadt) © IMAGO/Achim Duwentäster

Der bereits 1899 gegründete Autozulieferer Hella ist mit seinem Automotive-Segment vor allem für die Herstellung von Komponenten und Systemen für Lichtanlagen bekannt, die sowohl in elektrischen Fahrzeugen als auch in Verbrennern zum Einsatz kommen. Von der unmittelbaren Krise der Branche dürfte der Zulieferer damit nicht direkt betroffen sein, laut dem Bericht bestimmt seit der Übernahme aber Forvia die Geschicke des Konzerns – ohne Rücksicht auf Verluste. Ende 2024 hatte auch der Autozulieferer ElringKlinger angekündigt, ein deutsches Werk schließen zu müssen.

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