Rückkehr von Nord Stream 2: Warum die Merz-Regierung Interesse haben könnte

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Die drohende Insolvenz von Nord Stream 2 wurde abgewendet. Wird sie repariert? Es wird schon über Interessenten spekuliert.

Zug – Der hoch verschuldete russische Pipeline-Betreiber Nord Stream 2 AG kann vorerst weiter nach einem neuen Investor suchen: Das Gericht im Schweizer Kanton Zug hat den Nachlassvertrag genehmigt, der die Sanierung durch einen Schuldenschnitt möglich macht. Andernfalls wäre nach Schweizer Recht der Konkurs verhängt worden – was einem deutschen Insolvenzverfahren entspricht. Nord Stream 2 gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom und hat seinen Sitz im Kanton Zug.

Comeback für Nord Stream 2 unter der neuen Bundesregierung? Gas wieder gefragt

Nord Stream 2 könnte unter der neuen Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz möglicherweise ein Comeback erleben. Theoretisch könnte die Pipeline repariert und in Betrieb genommen werden. Das neue Wirtschaftsministerium sendet Signale, dass Gas als Energieträger für die Versorgung in Deutschland wieder wichtiger wird. Zumindest mehr als unter dem Vorgänger der neuen Ministerin Katherina Reiche (CDU), Robert Habeck (Grüne) der Fall war. Die Ministerin drängt zum Neubau von Gaskraftwerken. 

Laut Reiche brauche es „flexible Gaskraftwerke, die dann Strom liefern, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Und das brauchen wir schnell“. Sie forderte „langfristige Gaslieferverträge“. Zuletzt hieß es in der EU jedoch, die Gas-Abhängigkeit von Russland müsse enden.

Steigen US-Investoren bei Nord Stream 2 ein?

In Medien wurde zuletzt über den Einstieg von US-Investoren spekuliert. Genannt wird etwa der wohlhabende US-Geschäftsmann und Unterstützer von US-Präsident Donald Trump, Stephen P. Lynch. Dem Wall Street Journal sagte er, der Kauf sei eine einmalige Gelegenheit, die Energieversorgung Europas unter amerikanische und europäische Kontrolle zu bringen. Die Idee ist, russisches Gas durch eine dann amerikanische Pipeline nach Europa zu pumpen. Lynch ist seit 20 Jahren in Osteuropa und Russland tätig. 

Hintergrund: Nord Stream 2

Die Nord Stream 2 sollte Erdgas aus Russland durch zwei 1200 Kilometer lange Stränge in der Ostsee nach Deutschland bringen. Die Pipeline wurde fertig gebaut, ging aber nie in Betrieb. Kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 stoppte die deutsche Regierung das Projekt. Einer der Röhrenstränge wurde bei einem Anschlag im September 2022 zerstört, ebenso wie die Stränge der bereits in Betrieb genommenen Nord-Stream-1-Pipeline.

Auch im Hinblick auf Verhandlungen zum Ende des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine könnte Nord Stream 2 von Interesse sein: Der Pipeline-Betrieb könnte Teil einer amerikanisch-russischen Vereinbarung zur Beilegung des Ukraine-Kriegs werden. Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte im März im staatlichen Fernsehen gesagt: „Über Nord Stream wird gesprochen.“ 

Der Gasmarkt-Analyst Heiko Lohmann meinte dazu: „Ich würde nicht ausschließen, dass US-Investoren die Pipeline für den Transport von russischem Gas kaufen und US-Präsident Donald Trump dann Druck ausübt, dass die Europäer das auch nutzen“, sagte er der dpa. „Es gibt ja bisher keine Sanktionen gegen russisches Gas.“ Allerdings hat die EU gerade erst Pläne vorgelegt, wie der Import von russischem Gas bis 2027 gänzlich gestoppt werden soll.

Gasmarkt-Analyst skeptisch: „Keine Zukunft als Erdgaspipeline“

Skeptisch ist Lohmann dagegen, was die Weiterverwendung der Pipeline angeht. „Gaswirtschaftlich gesehen sehe ich keine Zukunft für die Nord Stream 2, als Erdgaspipeline“, analysierte Lohmann gegenüber der dpa. „Wenn es überhaupt einen fairen Frieden zwischen Russland und der Ukraine gibt, mit vermittelt von der EU, dann könnten russische Gaslieferungen Teil der Zukunft sein. Aber da würde man die Pipelines durch die Ukraine und Polen nutzen. Die benötigten Mengen wären dann so, dass man die Nord Stream 2 gar nicht braucht.“ Laut Lohmann sei geprüft worden, dass die Pipeline auch Wasserstoff transportieren könnte, etwa von Finnland nach Deutschland. „Wie realistisch das ist, ist schwer zu sagen“, sagte Lohmann.

Nord Stream 2
Die Nord Stream 2-Pipeline ist nie in Betrieb genommen worden (Archivbild) © Stefan Sauer/dpa

Zuerst jedoch muss Nord Stream die Insolvenz abwenden. Die Forderungen der Kleingläubiger – darunter zahlreiche Baufirmen in Mecklenburg-Vorpommern – sollten gemäß Weisung des Gerichts von Januar voll entschädigt werden. Zumindest einige haben zuletzt bestätigt, dass ihre Rechnungen beglichen wurden.  Großgläubiger wie die westeuropäischen Energiekonzerne ENGIE, OMV, Shell, Uniper und Wintershall einigten sich am 30. April auf einen Nachlassvertrag, wie das Gericht mitteilte. Weil dagegen noch Beschwerde eingelegt werden kann, erteile es keine weiteren Auskünfte. Die Großgläubiger dürften erhebliche Abschläge auf ihre Investitionen in Kauf genommen haben. Sie hatten Milliardenbeträge investiert. Um den Nachlassvertrag wurde zweieinhalb Jahre gerungen. Der Bau der Pipeline kostete knapp zehn Milliarden Euro.

Auch interessant

Kommentare