Wiederholt Harris den Clinton-Fehler? Suche nach Vize verläuft einseitig

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US-Vizepräsidentin Kamala Harris sucht nach einem Stellvertreter. Clinton verlor auch wegen ähnlicher Sorgen vor Rassismus und Sexismus 2016 gegen Trump.

Washington D.C. – Alte weiße Männer sind als identitätspolitischer Kampfbegriff seit Jahren in Mode. Gleichzeitig wird die US-Politik besonders im Senat von ihnen dominiert. Nun sucht Vizepräsidentin Kamala Harris, Wunschnachfolgerin von US-Präsident Joe Biden, nach einer Kandidatin oder einem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft. Frauen sind für das Amt kaum im Gespräch, dagegen zeichnet sich ein Muster unter den meist genannten Kandidaten ab: Es sind weiße Männer aus zwischen Republikanern und Demokraten umkämpften Bundesstaaten.

Medien: Schauspieler Clooney stellt sich hinter Harris
US-Vize Harris ist bereits mitten im Wahlkampfmodus. (Archivbild) © Erin Schaff/POOL The New York Times/AP/dpa

Rassismus und Sexismus gegenüber Harris „Elefant im Raum“ bei der Vize-Wahl

„Weiße Männer sorgen dafür, dass weiße Männer sich wohlfühlen“, sagte Hasam Kwame Jeffries, von der Ohio State University, der britischen Tageszeitung Guardian. Der strukturelle Rassismus in der US-Gesellschaft sei der „Elefant im Raum“, mit dem Harris Wahlkampfteam umzugehen habe, erklärte Sharon D. Wright Austin, Politologin an der University of Florida, gegenüber der Zeitung. Hinzukomme der Sexismus gegenüber Harris. Seit ihrer Kandidatur ergießt sich eine Welle des rassistischen und sexistischen Hasses über Harris.

Rassistische und sexistische Vorurteile gegenüber Harris, so Austin, führten wohl zu der von weißen Männern dominierten Liste möglicher Vizepräsidentschaftskandidaten. Harris als schwarze Einwanderertochter zur Präsidentschaftskandidatin zu machen, werde unter Demokraten bereits als gewisses Risiko in tendenziell konservativeren Staaten und Wählerschichten betrachtet. Deshalb würden die Demokraten wohl auf einen weißen Mann als „Running Mate“, wie der Vizepräsidentschaftskandidat während des Wahlkampfes genannt wird, setzen. Dies könne aber auch zu einem folgenschweren Fehler führen, der bereits der ehemalige US-Außenministerin Hillary Clinton, bei ihrer Präsidentschaftskandidatur unterlief.

Harris mögliche Vizekandidaten: Liste voller mittelalter weißer Männer aus der US-Politik

Im Raum stehen, laut einer Liste zusammengestellt von der Deutschen Presse-Agentur (dpa): Josh Shapiro, Gouverneur von Pennsylvania, Mark Kelly, Senator aus Arizona, Andy Beshear, Gouverneur von Kentucky und Roy Cooper, Gouverneur von North Carolina. Ferner werden demnach auch weitere Demokraten gehandelt: die Gouverneure von Kalifornien, Gavin Newsom, von Maryland, Wes Moore, von Illinois, J.B. Pritzker sowie Tim Walz aus Minnesota. Auch US-Verkehrsminister Pete Buttigieg, der sich 2020 selbst als Präsidentschaftskandidat bewarb, gilt als möglicher Vize, genauso wie Raphael Warnock, der erste afroamerikanische Senator des Bundesstaates Georgia.

Gretchen Whitmer, demokratische Gouverneurin von Michigan, sagte Ende Juli bereits ab. Sie wolle Michigan nicht verlassen, erklärte sie bei einer Pressekonferenz. Damit bleibt es bei einer Liste, die hauptsächlich aus weißen Männern in den mittleren Jahren besteht. Harris muss nun entscheiden, welcher von ihnen mehr zur Verbreiterung des Wählerpotentials der Demokraten beiträgt.

Wiederholt Harris einen Fehler von Hillary Clinton bei der US-Wahl?

Clinton, so die Politologin Nadia E. Brown von der Universität Georgetown in Washington D.C., habe sich hierbei 2016 einen schweren Fehlgriff geleistet. Die Ex-Außenministerin entschied sich für Senator Tim Kaine aus Virginia, der „nichts beizutragen hatte“, kritisierte Brown gegenüber dem Guardian. Stattdessen hätte Clinton auch auf Julián Castro, Barack Obamas Wohnbauminister setzen können, der bis heute als Zukunftshoffnung der Demokraten gilt. Ob Castro Clinton mehr Stimmen gebracht hätte, lässt sich im Nachgang allerdings nicht seriös beantworten.

Kaines Heimatbundesstaat Virginia gewann Clinton 2016 klar gegen Donald Trump. Die Wahl verlor sie, weil Trump die „blaue Wand“, also die 18 Bundesstaaten in der Hand der Demokraten, einreißen konnte: Trump gewann in Michigan, Wisconsin und Pennsylvania, Bidens Heimatstaat. 2020 konnte der alte weiße Mann Biden alle drei Staaten zurückgewinnen. Das dürfte das Kalkül von Harris Wahlkampfteam dahingehend beeinflussen, dass jemand gesucht wird, der oder die in diesen drei Staaten Ansehen genießt. Das dürfte erklären, warum der 51-jährige Josh Shapiro aus Pennsylvania als erste Wahl für Harris gehandelt wird. (kb)

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