Gaspreise steigen bald deutlich: Ampel will Kunden schützen – indem sie die Preise schneller anhebt

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Verdichterstation für Erdgas und zukünftig auch Wasserstoff (Symbolfoto). Bis 2045 sollen weite Teile des Erdgasnetzes verschwinden. Für Endkunden bedeutet das Mehrkosten. Die Bundesnetzagentur hat eine Lösung. © IMAGO / Rupert Oberhäuser

Bis 2045 sollen weite Teile des Erdgasnetzes verschwinden. Für Endkunden bedeutet das Mehrkosten. Die Bundesnetzagentur hat eine Lösung.

Berlin – Seit der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz (auch Heizungsgesetz genannt) kocht immer wieder die Frage um den Heizungstausch hoch. Hausbesitzer fürchten Mehrkosten, die Wärmepumpenbranche dagegen hatte erst regen Zulauf und klagte später wegen großflächigem Vertrauensverlust. Die Umstellung auf Wärmepumpen und Fernwärme bringt jedoch auch die Netzbetreiber in die Zwickmühle – was tun, wenn die Erdgasnetze überflüssig sind und die aktuelle Gesetzgebung sie trotzdem zwingt, Endnutzer zu versorgen? Genau das Problem griff nun die Bundesnetzagentur auf.

Bis zu 40 Prozent – Netzentgelt für Gas kann massiv steigen

20 bis 40 Prozent höhere Kosten für Gas – die Prognosen sind unterschiedlich, aber aktuell sind deutlich höhere Gaskosten zu befürchten. Der Grund dafür: Immer weniger Kunden nutzen Gas, weswegen das Gasnetzentgelt auf immer weniger Schultern verteilt werden muss. Dem Handelsblatt zufolge ist der Hintergrund dafür der Umstieg auf Wärmepumpen und andere alternative Heizgeräte; wer mit solchen heizt, braucht eben keine Gasheizung mehr.

Das größere darunterliegende Problem ist, dass im schlimmsten Fall einige wenige Kunden – wenn nicht sogar ein einziger Kunde, der den Absprung nicht rechtzeitig geschafft hat – das gesamte Netzentgelt allein zahlen müssen. Um das zu verhindern, will die Ampel-Koalition schon jetzt kräftige Kostensteigerungen durchführen, um spätere Erhöhungen abzumildern. Das Projekt „KANU 2.0“ der Bundesnetzagentur soll den Rahmen dafür liefern.

Ampel will Netzentgelt für Gas teurer machen – als Entlastung für die Zukunft

Hinter alldem stehen die Klimaschutzbemühungen der Bundesrepublik. Das Klimaschutzgesetz legt fest, dass Deutschland bis 2045 eine „Netto-Treibhausgasneutralität“ erreicht haben muss, dementsprechend rigoros finden schon jetzt Maßnahmen zur Dekarbonisierung statt. Einige Bundesländer oder gar einzelne Städte wollen sogar früher klimaneutral sein als bis zu dem Stichdatum. In Augsburg beispielsweise steht das Jahr 2035 als Stichjahr fest. „Ein erheblicher Teil des Erdgasnetzes wird über das Jahr 2045 hinaus jedoch nicht mehr genutzt und dann voraussichtlich stillgelegt“, schrieb die Bundesnetzagentur dazu auf ihrer Website. Teile des Netzes könnten jedoch für den Transport von Wasserstoff herhalten.

„Erhebliche Teile“ der Gasnetz-Investitionen könnten damit verpuffen. Außerdem sieht die Bundesnetzagentur das Risiko, dass Netznutzer am Ende des Gasnetztransformationsprozesses vor „zu hohen und vermeidbaren“ Entgeltsprüngen stehen. Das will die Agentur verhindern; der Transformationsprozess soll „regulatorisch flankiert“ werden.

Video vom März 2024.

KANU 2.0 soll dabei KANU von 2022 ergänzen, bei dem es um Abschreibungen für Neuanlagen in der Gasleitungsinfrastruktur ging. Es soll weitere Flexibilisierungen bei den Nutzungsdauern und den Abschreibungsmethoden bringen. Das Ziel dahinter: Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Netzbetreiber soll während des Transformationsprozesses gesichert sein.

Allerdings, so warnt die Bundesnetzagentur, bringen schnellere Abschreibungen grundsätzlich höhere Entgelte mit. Die konkreten Ausprägungen hängen „stark“ von der regionalen Umsetzung der Wärmewende ab – auf ganz Deutschland gerechnet geht die Bundesnetzagentur von einem „moderaten“ Entgeltanstieg aus.

16-faches Netzentgelt für Gas – BMWK-Paper hatte Abschaltung duskitiert

Wie es um die Zukunft der Gasnetze bestellt ist, hatte beispielsweise ein Paper aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Frühjahr gezeigt. Dieses diskutierte die Möglichkeit der Abschaltung der Gasnetze. Als fossiler Energieträger kann Erdgas die Anforderungen neuer Gesetzgebung nicht mehr erfüllen, jedenfalls nicht als alleinstehender Energieträger. Gleichzeitig erwartete die Regierung einen drastischen Rückgang der Gaskunden im kommenden Jahrzehnt.

Allerdings zwingt das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) die Netzbetreiber, auch die letzten Kunden zu versorgen, die noch im Gasnetz stecken – selbst dann, wenn es für niemanden mehr rentabel wäre. Die Denkfabrik Agora Energiewende war zu dem Schluss gekommen, dass in den 2040er-Jahren eine „Versechzehnfachung“ der Netzentgelte möglich wäre. Solche Preissprünge will die Bundesnetzagentur mit KANU 2.0 verhindern.

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