Schalten die USA auch Starlink ab? Das wären die Auswirkungen im Ukraine-Krieg
Das Satellitensystem des Trump-nahen Milliardärs Elon Musk wird besonders im Drohnen-Krieg gebraucht. Unersetzlich ist es allerdings nicht.
Kiew/Washington, D.C. – Sollten die USA der Ukraine den Zugang zum Satellitensystem Starlink des Milliardärs Elon Musk abschalten, so könnte das von Russland überfallene Land dies wohl verkraften. Am Dienstag hatte US-Präsident Donald Trump entschieden, die Waffenlieferungen der USA an die Ukraine auszusetzen. Zuvor wiesen die USA einen Bericht der Nachrichtenagentur Reuters zurück, wonach die Starlink in der Ukraine abgeschaltet werden solle. Welche Rolle spielt der Satelliten-Internetdienst im Ukraine-Krieg? Und wie wäre Starlink zu ersetzen?
Schwere Verluste der Ukraine durch mögliche Starlink-Abschaltung „unwahrscheinlich“
Inzwischen werde Starlink vor allem verwendet, wenn dem ukrainischen Militär keine anderen Möglichkeiten zur Kommunikation zur Verfügung stünden, sagte Greg Austin, Cyberexperte von der Technischen Universität Sydney, dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Austin betonte: „Mittlerweile ist es unwahrscheinlich, dass die Ukrainer ohne das System große Verluste erleiden.“
Dem britischen Wirtschaftsmagazin Economist sagte ein ukrainischer Beamter, die Ukraine hätte eine Alternative zu Starlink, die „binnen Tagen ausgerollt“ werden könnte. Innerhalb von drei Monaten könnte man eine breitere Lösung zur Kommunikation abseits des Dienstes aufbauen. Ein europäisches Satellitennetz, das Starlink ersetzen könnte, wird nicht vor 2030 fertig.
Starlink-Alternative der Ukraine möglicherweise anfälliger für europäische Kriegsführung
Verwendet wurde Starlink zuletzt hauptsächlich für die Drohnenkriegsführung. Wie der Spiegel schrieb, wird das System hier für die Verbindung zwischen der Drohne und der Kommandozentrale genutzt. Bereits jetzt hätten die Verteidiger im Ukraine-Krieg einiges an Erfahrung gesammelt, ohne Starlink zu operieren. In einigen Fällen sei bereits mit Glasfaserkabeln gearbeitet worden, die zwar immun gegen elektronische Störsignale, aber ein leichtes Ziel für russische Angriffe seien.
Alternativ hätte das ukrainische Militär etwa in der russischen Region Kursk, wo Starlink abgeschaltet ist, mit Relaisdrohnen oder mobilen Datennetzen gearbeitet. Dem Economist erklärte ein ukrainischer Offizier, dass diese allerdings anfälliger für elektronische Kriegsführung seien. Die Drohnenkriegsführung ist für die ukrainischen Militärs zentral, um Nachteile gegenüber Russland insbesondere an Artillerie-Feuerkraft und Personal auszugleichen.
Front im Ukraine-Krieg hält auch ohne US-Waffen – Gefahr für die Zivilbevölkerung steigt
Deutlich problematischer für die Ukraine ist Trumps Entscheidung, alle Waffenlieferungen zu stoppen. An der Front könnten die Militärs zwar bis Mitte des Jahres in der aktuellen Intensität weiterkämpfen, berichtete die US-Zeitung Wall Street Journal Ende Februar unter Berufung auf westliche und ukrainische Sicherheitskreise. Ein Problem könnte aber die Luftverteidigung der Zivilbevölkerung und der militärischen Infrastruktur hinter der Front werden.
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Einige russische Raketensysteme könnten nur effektiv von Luftverteidigungsbatterien vom Typ „Patriot“ aus US-Produktion bekämpft werden, schrieb der Economist. Eine Alternative aus europäischer Produktion wäre eine Weiterentwicklung des französisch-italienischen SAMP/T-Systems, die allerdings frühestens 2026 zur Verfügung stünde.
Ohne Patriot-Luftabwehr: Charkiw beinahe täglich Ziel russischer Angriffe
Sollten die Patriot-Lieferungen langfristig ausbleiben, so könnten ukrainische Städte weit von der Front entfernt ähnlichem Beschuss ausgesetzt sein, wie Charkiw im Donbass, wo wegen seiner Nähe zur Front keine Patriot-Batterien eingesetzt werden. Im November berichtete das Menschenrechtskommissariat der Vereinten Nationen, dass die Stadt beinahe täglich von Russland bombardiert werde. Ukrainischen Angaben zufolge wurden im ganzen Land im Februar dutzende Zivilisten durch russische Drohnen- und Raketenangriffe getötet.

Trump hatte am Dienstag angeordnet, die Militärhilfen an die Ukraine auszusetzen. „Wir unterbrechen und überprüfen unsere Hilfe, um sicherzustellen, dass sie zur Lösungsfindung beiträgt“, sagte ein anonymer US-Beamter der Nachrichtenagentur AFP. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte seinerseits die Forderung nach wirksamen Sicherheitsgarantien für sein Land als Voraussetzung für ein Ende der Kampfhandlungen.
Selenskyj fordert „intensive Diplomatie“ – Trump geht offenbar auf Forderungen Putins ein
Zuvor hatten Trump und sein Vizepräsident J. D. Vance Selenskyj vor laufenden Kameras im Weißen Haus beschimpft. Die US-Regierung verhandelte zuletzt ohne Beteiligung der Ukraine mit Russland über ein Ende der Kämpfe und ging auf einige Forderungen von dessen Präsidenten Wladimir Putin ein. Selenskyj betonte nach einem europäischen Gipfeltreffen am Sonntag (2. März), dass „intensive Diplomatie“ nötig sei, um der Ukraine einen gerechten Frieden zu bringen.
Die Aussetzung der US-Militärhilfe wurde einem Bericht der Tageszeitung New York Times zufolge sofort wirksam. Betroffen sind demnach Waffenlieferungen im Wert von mehreren hundert Millionen US-Dollar. Die Vorbereitung dieser Lieferungen hatte demnach bereits begonnen. Welche Waffenlieferungen nun genau ausbleiben, war am Dienstagnachmittag noch unklar. (kb mit AFP)