„Riester und Rürup sind nicht mehr zu retten“: Experten nehmen private Rente auseinander

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Experten zufolge führen Riester- und Rürup-Verträge fast nie zu den versprochenen Renditen. Noch dazu kommen auf Kunden meist viel höhere Kosten zu, als zunächst angegeben.

München – Private Altersvorsorge ist wichtig, aber staatlich geförderte Riester-Renten sind Ladenhüter geworden. Warum das verständlich ist, erklärt die Bürgerbewegung Finanzwende. In einer Studie hat sie wahrscheinliche Renditen von 111 im Vorjahr erhältlichen Riester- und Rürup-Angeboten berechnen lassen. „Die Befunde sind trostlos und kein Ruhmesblatt für Versicherer“, urteilt Britta Langenberg von Finanzwende.

Kein einziges Riester-Angebot deckt den Inflationsausgleich

Messlatte gewesen sei das Erreichen eines Inflationsausgleichs von im Schnitt zwei Prozent jährlich über die ganze Vertragslaufzeit von Unterschrift bis Tod. Von 22 untersuchten Riester-Renten würde die kein Angebot schaffen. Bei 89 Rürup-Verträgen kämen zwei rechnerisch über die Hürde. Im Schnitt aller Riester-Renten ist die Studie zu mageren 0,8 Prozent Laufzeitrendite gekommen und zu 1,0 Prozent bei Rürup-Verträgen.

Echten Kundennutzen, wie von der Finanzaufsicht Bafin erst im Mai 2023 angemahnt, ergebe das nicht. „Kein Kunde will Geld verlieren“, betont die Verbraucherschützerin. Genau das passiert aber laut Studie in der Realität. Gerechnet hat Finanzwende allerdings ohne staatliche Zulagen, die zum Beispiel geförderte Riester-Sparer für Kinder erhalten. Wer viele Kinder hat, für den erhöhten sich erzielbare Renditen deutlich, räumte Langenberg ein.

Auch Steuereffekte blieben unberücksichtigt. „In der Sparphase vor Renteneintritt verhindern vor allem hohe Kosten eine bessere Rendite, in der Rentenzeit sind es aus Verbrauchersicht ungünstige Annahmen zur Lebenserwartung“, fasst Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein zusammen.

Unbekümmert den Lebensabend genießen – so möchte sich sicherlich jeder die Rente vorstellen. Die Realität sieht bei vielen leider ganz anders aus. (Symbolfoto) © Imago

Der hat für Finanzwende gerechnet und sagt, dass Versicherer mit unrealistisch hohen Lebenserwartungen kalkulieren. Um auf die zwei Prozent Zielrendite zu kommen, müssten Versicherte im Schnitt sogar 99 Jahre alt werden und Rürup-Versicherte 100 Jahre. Die Berechnungen seien zudem kompliziert und von Annahmen geprägt, so Kleinlein. „Im Einzelfall kennt man eine Rentenrendite erst, wenn der Kunde gestorben ist“, stellt er klar. Aber in der Studie sei er an mehreren Stellen eher von Annahmen ausgegangen, die höhere Renditen ergeben.

Reform der Riester-Rente lohne sich nicht mehr

Zugleich rügte der erfahrene Versicherungsmathematiker die Informationen, die Versicherer ihren Kunden zum Vertragsabschluss geben. Vor allem hinsichtlich der Kosten seien die Informationsblätter kaum verständlich. „Echte Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Angeboten ist damit nicht möglich“, urteilt der Experte. In einem Extremfall hat er um 4,5 Prozent höhere wahre Kosten berechnet als vom Versicherer per Modellrechnung ausgewiesen. „Das sind traurige Ergebnisse“, kritisiert Kleinlein und sieht vor allem Systemfehler für magere Renditen verantwortlich.

„Riester und Rürup sind nicht mehr zu retten“, meint er. Langenberg unterstreicht das nur für Riester-Renten. Laufende Versuche der Politik, das System zu retten, sehen beide skeptisch. (tmh)

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