Am Flughafen München entsteht Bayerns erstes Science Center. Interaktive Exponate sollen spielerisch Technik vermitteln und ein gesellschaftliches Problem anpacken.
Flughafen München - Im Gegensatz zum klassischen Museum, in dem Exponate ausgestellt werden, geht es bei Science Centern, wie etwa der experimenta in Heilbronn, darum, Naturwissenschaft und Technik für Besucherinnen und Besucher erfahrbar zu machen. Mitmachen und Ausprobieren stehen im Mittelpunkt. Alt und Jung können ohne Vorwissen an den verschiedensten Stationen experimentieren und verblüffende Einblicke gewinnen. „Science Center sind Spielplätze für Naturwissenschaft“, sagt Kim Ludwig-Petsch, der gemeinsam mit Annika Strömmer das Gründerduo für das erste Science Center in ganz Bayern bildet.
Erst seit einem Jahr planen die beiden Freisinger an ihrer „Curiocity“, wie sie ihr Science Center getauft haben, und sind doch schon weit gekommen. Sie haben eine gemeinnützige GmbH gegründet, eine Machbarkeitsanalyse durchgeführt, einen Businessplan erstellt und schon die Hälfte der Finanzierung in der Tasche. Vor allem haben sie – eine der größten Herausforderungen im Speckgürtel Münchens – bereits Räume gefunden: im TUM Convergence Center am LabCampus, das sich am Flughafen München befindet.
Science Center wecken Technikbegeisterung
In diesen Räumlichkeiten stellten sie am Mittwochabend im Rahmen eines „Abends der Neugier“ ihr Projekt der Öffentlichkeit und möglichen Geldgebern vor. Auf einer Fläche von 700 Quadratmetern sollen interaktive Stationen und spannende Exponate Naturwissenschaft lebendig werden lassen. Darüber hinaus soll es Räumlichkeiten für Workshops geben, die sich etwa an Schulklassen richten. In einem Auditorium sind Wissenschaftsshows, Vorträge und Filmvorführungen möglich. In einer Werkstatt können Besucher live miterleben, wie neue Exponate entstehen und bestehende repariert werden.
„In der heutigen Gesellschaft gibt es einen zunehmenden Fachkräftemangel, insbesondere in den Bereichen MINT“, betont Ludwig-Petsch. Das habe auch damit zu tun, dass Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik in der Öffentlichkeit häufig als schwierig und abstrakt wahrgenommen würden. Dies führe dazu, dass viele junge Menschen wenig Begeisterung für diese Themen entwickeln würden. Als „Lösungsansatz“ dafür bezeichnet seine Geschäftspartnerin Annika Strömmer den Aufbau von Science Centern. „Indem wir die Möglichkeit geben, zu entdecken, zu spielen und zu experimentieren, motivieren wir dazu, sich für Wissenschaft zu begeistern. Indem die Besucher aktiv in Experimente eingebunden werden, entstehen emotionale Erlebnisse, die eine tiefere Verbindung zu den Themen schaffen und langfristig das Interesse an Wissenschaft und Technik fördern.“
Bei den Schirmherren ist die Begeisterung bereits spürbar. „Was hier geplant wird, ist total großartig“, sagte Staatsminister Florian Herrmann am Mittwoch. Das Science Center helfe dabei, die Lücke im MINT-Bereich zu schließen. Freisings Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher betonte, dass es junge Menschen brauche, die bereit seien, technische Berufe zu ergreifen. „Was wir hier mit dem Science Center erleben, ist ein exponentieller Schritt.“
Physik-Nobelpreisträger als Schirmherr gewonnen
Auch Forscher unterstützen das Projekt. Eric Veulliet, Präsident der Hochschule für angewandte Wissenschaften Weihenstephan-Triesdorf, nannte das Science Center „eine Disney World der Technik“. Die Frage, ob Deutschland nun MINT-affin sei oder nicht, sei zukunftsweisend für das Land. „Wir müssen der Angst vor Mathe, Physik und Chemie, die völlig unberechtigt ist, Freude und Begeisterung entgegenstellen.“ Als besonderen Coup konnten Ludwig-Petsch und Strömmer den Physik-Nobelpreisträger von 2023, Professor Ferenc Krausz, gewinnen. Ein verspäteter Flug verhinderte seine Teilnahme an dem Abend, er ließ aber ausrichten: „Wissenschaft zum Anfassen – das ist die Kraft, die unsere Welt verändert.“
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Entscheidend für das Gründerteam, das für Curiocity eine gemeinnützige GmbH gegründet hat, wird nun sein, ob die Begeisterung auch in Spendenbereitschaft mündet. Wie Kim Ludwig-Petsch berichtet, ist die Hälfte des Initialen Investitionsbedarfs bereits gedeckt. Aktuell fehlen aber noch rund 4,6 Millionen Euro. Die Gründer hoffen, das Geld zum Großteil über Firmen und Stiftungen einzusammeln, aber auch in etwa 900.000 Euro staatliche Zuschüsse zu erhalten. 82 Prozent der jährlichen Betriebsausgaben sollen durch Einnahmen gedeckt sein. Den Rest wollen die Gründer mit Hilfe eines Freundeskreises aus Firmen, Stiftungen und Öffentlicher Hand sichern.
Ludwig-Petsch und Strömmer rechnen auf Basis einer Nachfrageanalyse mit 68.000 Besuchern pro Jahr. Die Curiocity soll bereits Ende kommenden Jahres, spätestens aber Anfang 2026 eröffnen.