„Ausgerechnet beim Kriegsdienst Gleichstellung“: Merz‘ neue Wehrpflicht-Idee empört Wagenknecht

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Frauen an die Waffe? Geht es nach Kanzler Merz, könnte die Wehrpflicht ausgeweitet werden. SPD und Grüne zeigen sich offen – Sahra Wagenknecht schimpft.

Wehrpflicht auch für Frauen? In der Bundesregierung kursieren derzeit einige Überlegungen dazu. Während selbst die Grünen den Kurs von Schwarz-Rot unterstützen, gibt es deutliche Kritik von Linken und dem Bündnis Sahra Wagenknecht. „Dass sich Union und SPD jetzt sogar für eine Wehrpflicht für Frauen aussprechen, zeigt, dass der neue deutsche Militarismus offenbar gar keine Hemmschwelle mehr kennt“, sagte BSW-Chefin Sahra Wagenknecht dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA.

Wagenknecht plant „heißen Herbst gegen die Wehrpflicht“

„Frauen verdienen im Schnitt immer noch deutlich weniger als Männer und haben niedrigere Renten, aber statt dagegen politisch etwas zu tun, soll jetzt ausgerechnet beim Kriegsdienst Gleichstellung zelebriert werden“, sagte Wagenknecht unserer Redaktion. „Das ist die nächste Grenzüberschreitung in dieser Debatte.“

Auf einer Kundgebung am 13. September will Wagenknecht mit Unterstützern gegen die Pläne mobil machen. Die Veranstaltung am Brandenburger Tor sei der „Auftakt zu einem heißen Herbst gegen die Wehrpflicht und die absurden Pläne zur Entsendung der Bundeswehr in die Ukraine“, sagte Wagenknecht. Debattiert werden seit Tagen Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Denkbar sind auch europäische Truppen in dem von Russland angegriffenen Land – Deutschlands mögliche Rolle dabei ist aber noch unklar.

Merz offen für Frauen-Wehrpflicht: „Das müssten wir eigentlich tun“

Hintergrund von Wagenknechts Ärger sind Aussagen von Kanzler Friedrich Merz zum geplanten Wehrdienst. Ihnen zufolge ist zunächst eine verpflichtende Wehrerfassung und Musterung junger Männer vorgesehen; der Dienst soll aber zunächst freiwillig sein. Merz sagte dazu am Freitag im französischen Fernsehen: „Wenn das mit Freiwilligkeit nicht geht, dann wird es einen Mechanismus geben müssen, auch zur Wehrpflicht zurückzukehren.“ 

Der Kanzler fügte hinzu: „Das ist nicht so ganz einfach. Nach unserer Verfassung können wir zum Beispiel Frauen nicht zum Wehrdienst heranziehen. Das müssten wir dann eigentlich tun. Also, da liegen noch einige Hürden vor uns, aber wir fangen an.“ Was damit konkret gemeint ist, blieb vorerst offen. Ein Regierungssprecher erklärte am Sonntag, die Worte des Bundeskanzlers stünden für sich. Noch im Juli hieß es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken, eine Wehrpflicht auch für Frauen sei „derzeit nicht geplant“.

In Toulon kam Merz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu einer Tagung des deutsch-französischen Ministerrats zusammen.
Merz‘ Wehrpflicht-Überlegungen fielen am Rande eines Staatsbesuchs in Frankreich. In Toulon kam Merz mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu einer Tagung des deutsch-französischen Ministerrats zusammen. © Kay Nietfeld/dpa

Wehrpflicht auch für Frauen: SPD und Grüne offen - Linke dagegen

Kritik an den Frauen-Überlegungen kam auch von den Linken. „Ihnen (Frauen, d. Red.) mit einem Zwangsdienst ein weiteres Jahr ihrer selbstständigen Lebensgestaltung rauben zu wollen, hat nichts mit einer echten Bemühung um Gleichstellung zu tun“, sagte die Linke-Verteidigungspolitikerin Desiree Becker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Aus der SPD kam hingegen Zustimmung „Wenn wir Gleichberechtigung ernst nehmen, müssen wir auch über die Wehrpflicht für Frauen sprechen“, sagte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Siemtje Möller. Grundsätzlich für eine Gleichbehandlung von Männern und Frauen sprach sich auch die Grünen-Verteidigungsexpertin Sara Nanni aus. „Es ist kein gutes Signal, wenn jetzt nur Männer zurückmelden müssen“, zitierte sie der Tagesspiegel. Andere Grüne äußerten sich ähnlich.

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Die Wehrpflicht war 2011 ausgesetzt worden. Sie ist – nur für Männer – aber weiter im Grundgesetz verankert und könnte mit einfacher Mehrheit wieder eingeführt werden. Für eine allgemeine Dienstpflicht, die dann auch für Frauen gilt, müsste das Grundgesetz mit der dafür nötigen Zweidrittelmehrheit geändert werden. (as/dpa)

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