Wehrdienst-Reform: Merz-Plan für mögliche Pflicht löst Entrüstung aus
Kanzler Merz denkt laut über eine Rückkehr zur Wehrpflicht nach – auch Frauen könnten einbezogen werden. Die Linke reagiert empört.
Berlin – Die Wehrpflicht in Friedenszeiten ist seit 2011 in Deutschland ausgesetzt, doch der Bundeswehr fehlen Soldaten. Das Bundeskabinett verabschiedete deshalb vergangene Woche ein neues Freiwilligen-Modell. Besonders in der Union gibt es Zweifel, ob sich das Ziel von mindestens 260.000 Soldaten beim aktuellen Stand von 182.000 mit dem neuen Wehrdienst erreichen lässt. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schloss am Freitag (29. August) im Gespräch mit TF1 eine Wehrpflicht nicht aus – auch für Frauen. Während sich die SPD dem Vorschlag gegenüber offen zeigt, reagiert die Linke empört.

„Gleichberechtigung ernst nehmen“: Empörung über Wehrpflicht mit Gesetzesänderung
Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Siemtje Möller sagte im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Wenn wir Gleichberechtigung ernst nehmen, müssen wir auch über die Wehrpflicht für Frauen sprechen.“ Dafür sei aber eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit im Bundestag nötig, erinnert Möller. Die sei „derzeit nicht absehbar.“ Die Linke sieht den Vorschlag kritisch. Frauen „mit einem Zwangsdienst ein weiteres Jahr ihrer selbstständigen Lebensgestaltung rauben zu wollen, hat nichts mit einer echten Bemühung um Gleichstellung zu tun“, so die Linken-Politikerin Desiree Becker zu RND.
Wer von „Aufwachsen“ oder „Stärkung“ der Bundeswehr spreche, wolle in Wahrheit mehr Zwang und Militarisierung, so die Verteidigungspolitikerin Becker weiter. Angaben des Bundesverteidigungsministeriums zufolge braucht Deutschland im Falle der Landes- und Bündnisverteidigung, einschließlich der Reserve, insgesamt 460.000 Soldatinnen und Soldaten. „Die Bundeswehr muss aufwachsen. Die internationale Sicherheitslage, vor allem das aggressive Auftreten Russlands, erfordert dies“, erklärte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD).
Wehrdienst: Brief mit QR-Code ab 1. Januar 2026
Start des neuen Wehrdienst-Modells ist der 1. Januar 2026. Dann erhalten alle jungen Menschen mit 18 Jahren einen Brief mit QR-Code. Dieser führt zu einem Online-Fragebogen, in dem sie persönliche Daten, Qualifikationen, Verfügbarkeiten und Wehrdienst-Bereitschaft angeben. Männer müssen dies verpflichtend ausfüllen. Wie lange und ob jemand Wehrdienst leisten möchte, kann jeder selbst entscheiden. Frauen können den Fragenbogen freiwillig ausfüllen. Einer Ipsos-Umfrage zufolge befürworten 44 Prozent der Menschen in Deutschland eine Wehrpflicht unabhängig vom Geschlecht. Unter den weiblichen Befragten sprachen sich allerdings nur 33 Prozent dafür aus.