Frankreich fordert entschlossene Haltung gegen Putin – führt jedoch EU-weit bei Gaszahlungen an Moskau
Emmanuel Macron inszeniert sich im Ukraine-Krieg als erbitterter Unterstützer der Ukraine. Dennoch zahlt Frankreich hunderte Millionen Euro an Russland.
Paris – Im Ukraine-Krieg steht die französische Regierung eng an der Seite von Präsident Selenskyj und den Menschen in der Ukraine. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sorgte in den vergangenen Monaten immer wieder mit öffentlichen Vorstößen für Aufsehen und Verwirrung unter den Nato-Partnern. So auch im vergangenen Monat, als Macron die Entsendung von Nato-Bodentruppen in die Ukraine nicht ausschließen wollte. Doch eine neue Analyse zeigt: während Frankreich öffentlich an der Seite der Ukraine steht, flossen alleine in diesem Jahr bereits mehrere hundert Millionen Euro für Gaslieferungen an Wladimir Putin und Russland.
Gaslieferungen nehmen trotz Krieg wieder zu – Frankreich zahlt Hunderte Millionen Euro an Putin
Über 600 Millionen Euro soll Paris seit Beginn des Jahres für Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) nach Russland überwiesen haben. Das geht aus einer Analyse des Thinktanks Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) im Auftrag des US-Portals Politico hervor. Der Anstieg der Liefermengen im Vergleich zum Vorjahr sei in Frankreich größer, als in jedem anderen EU-Land. Diese Diskrepanz zwischen der öffentlichen Positionierung und den tatsächlichen Handlungen Frankreichs sorgt in anderen Teilen Europas für Unverständnis.
„Es kann nicht sein, dass Frankreich einerseits sagt, dass wir Russland gegenüber hart sein müssen, und es andererseits mit viel Geld abbezahlt“, sagte ein namentlich nicht genannter EU-Diplomat gegenüber Politico. Die von Frankreich geforderte Härte zeigte sich zuletzt vor allem in den Äußerungen von Macron zu dem Einsatz von Nato-Bodentruppen auf den Gebieten der Ukraine. Bislang agiert die Nato nur als Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland und stellt Waffen, Munition und Know-how zur Verfügung. Die Entsendung von Nato-Soldaten in das Kriegsgebiet könnte somit eine neue Eskalationsstufe darstellen.
Nato-Bodentruppen in die Ukraine? Macron fordert entschlossenes Handeln gegen Putin
Macron hatte im März gleich mehrfach betont, diese Option im Ukraine-Krieg nicht ausschließen zu wollen – auch wenn er derzeit keine Notwendigkeit für Bodentruppen sehe. „Um den Frieden in der Ukraine zu erreichen, darf man nicht schwach sein“, sagte Macron im Gespräch mit den Fernsehsendern TF1 und France 2. Vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigte sich überrascht von den Vorstößen des Präsidenten und widersprach Macron öffentlich. Als Bundeskanzler werde er keine Bundeswehr-Soldaten in die Ukraine entsenden, sagte Scholz.
Frankreich weiter abhängig von Gas aus Russland – Macrons Spagat im Ukraine-Krieg
Frankreich ist auf der anderen Seite aber noch stark abhängig von russischen Gaslieferungen. „Unsere [Abhängigkeit von russischem Gas] ist seit der russischen Invasion stark zurückgegangen, aber wir wollen sie schrittweise reduzieren, um eine zu brutale Auswirkung auf den Markt zu vermeiden, insbesondere für unsere europäischen Partner, die viel stärker von russischem Gas abhängig sind als wir“, sagte Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire Anfang April gegenüber Montel News. Gas aus Russland habe nach wie vor einen Anteil von 15 Prozent an den Energieimporten der EU, führte Le Maire weiter aus. Die EU-Kommission hatte nach dem russischen Angriff auf die Ukraine angekündigt, ab 2027 kein Gas und Öl mehr aus Russland importieren zu wollen.
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Hinzu kommen auch die Verstrickungen von französischen Unternehmen in die russische LNG-Produktion. Der Energie-Riese TotalEnergies hält 20 Prozent an dem Joint Ventrue Yamal LNG, das eine Verflüssigungsanlage in Sibirien betreibt. Darüber hinaus ist Total mit 16 Prozent an dem russischen Energiekonzern Nowatek beteiligt. Total-CEO Patrick Pouyanne hatte im vergangenen Jahr gegenüber Montel News ein EU-Verbot von russischen LNG-Importen als „unvernünftig“ bezeichnet. Den Daten von CREA zufolge zählt Frankreich nach wie vor zu den größten Importeuren von russischem LNG in der EU.
Die Zahlungen an die russische Gasindustrie dürften also bis zum endgültig geplanten Import-Stop in 2027 andauern. Bis dahin wird sich Frankreich mit Blick auf den Ukraine-Krieg wohl weiterhin an einem Spagat versuchen müssen. Einerseits der Ukraine als Verbündeter zur Seite stehen und andererseits Millionenbeträge an die russischen Aggressoren überweisen. (fd)