Knickt Aiwanger vor Söder ein? Freie Wähler geben sich vor Finanzpaket-Krisensitzung versöhnlich
Markus Söder hat ein großes Problem in Bayern. Sein Koalitionspartner Hubert Aiwanger will dem Sondervermögen im Bundesrat nicht zustimmen. Wackelt die Koalition?
München – Die entscheidende Phase im Ringen um Mehrheiten für das Milliarden-Schuldenpaket von Union und SPD für Verteidigung und Infrastruktur hat in Bayern begonnen. Am Montagnachmittag soll der Koalitionsausschuss von CSU und Freien Wählern zusammenkommen, um das Abstimmungsverhalten Bayerns im Bundesrat zu besprechen. Die Brisanz des Treffens ist unübersehbar. Sollten sich Markus Söder und sein Koalitionspartner Hubert Aiwanger nicht einigen, könnte die bayerische Koalition zwischen Freien Wählern und der CSU am Sondervermögen zerbrechen.
Freie Wähler hadern mit Entscheidung über Schuldenpaket-Abstimmung im Bundesrat
Zuletzt schlugen Aiwanger und die Freien Wähler versöhnlichere Töne an. Digitalminister und Freie-Wähler-Vorstandsmitglied Fabian Mehring sagte der Augsburger Allgemeinen: „Die Freien Wähler sind sich ihrer Verantwortung in herausfordernden Zeiten bewusst, in denen unser Land unter massivem geo- und wirtschaftspolitischem Druck steht.“ Doch im Gespräch mit der Bild-Zeitung ließ er seine Zustimmung noch offen: „Wir werden uns die Argumente anhören und dann in unserer Verantwortung für Bayern entscheiden, ob wir Merz‘ Weg für richtig halten und im Bundesrat mit unseren Stimmen unterstützen oder stoppen.“
Die Zustimmung Bayerns könnte nämlich entscheidend sein, damit das Schuldenpaket am Freitag den Bundesrat passiert. CSU und Freie Wähler müssen sich einig sein, doch es gibt erhebliche Vorbehalte seitens der Freien Wähler. Dadurch stehen nicht nur Milliarden für die Verteidigung und die Sanierung der Infrastruktur auf dem Spiel, sondern auch die Basis der neuen schwarz-roten Regierung in Berlin ist gefährdet. Sollte Aiwanger auf seiner Blockade beharren und die Koalition am Montag in Bayern zerbrechen, hatte sich bereits die Bayern-SPD als möglicher Koalitionspartner für Söders CSU positioniert.
Warum Bayern für die Abstimmung im Bundesrat wichtig ist: Zünglein an der Waage beim Sondervermögen
Bayern ist für die Abstimmung im Bundesrat entscheidend. Denn für das von Union, SPD und Grünen ausgehandelte Paket ist eine Grundgesetzänderung erforderlich. Diese benötigt eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat. Im Bundesrat sind dafür 46 von 69 Stimmen nötig, doch die von CDU, SPD oder Grünen geführten Landesregierungen haben insgesamt nur 41 Stimmen. Die sechs Stimmen Bayerns wären somit entscheidend, sollten Ländern mit FDP, Linken oder BSW in der Regierung die Reform ablehnen.
Die CSU hat das Paket in Berlin mitverhandelt und unterstützt es. Die Freien Wähler haben jedoch bisher ihre Zustimmung verweigert. Damit Bayern im Bundesrat zustimmen kann, muss die Koalition geschlossen sein. Andernfalls müsste sich der Freistaat enthalten, was einer Ablehnung gleichkäme. Im Koalitionsausschuss soll die CSU die Freien Wähler zu einem „Ja“ bewegen. Was die Koalition noch weiter belasten könnte: Am Sonntagabend erklärte Söder im ZDF, er rechne trotz der Uneinigkeit innerhalb der Bayern-Koalition nicht damit, dass das Finanzpaket im Bundesrat wegen Bayern scheitern wird. Er betonte: „Wir werden nochmal reden.“
Aiwanger äußerte am Mittwoch noch starke Zweifel an Merz‘ Sondervermögen
Noch am Mittwoch äußerte Freie-Wähler-Chef Aiwanger nach einer Sitzung der FW-Landtagsfraktion große Bedenken: „So, wie derzeit dieses Papier der schwarz-roten künftigen Koalition vorliegt, können wir nicht zustimmen, weil wir damit mehr Gefahr als Chance für die Stabilität unseres Landes sehen.“ Der Koalitionsvertrag mit der CSU schließt solche Schuldenpläne kategorisch aus. Dennoch erklärte Aiwanger, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sei. Die CSU hofft auf ein „Ja“ Aiwangers, zumal es seitdem Änderungen am Finanzpaket gab.
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Ob die Freien Wähler am Montag eine Entscheidung treffen oder bis zur nächsten Fraktionssitzung am Mittwoch warten, bleibt offen. Innerhalb der Freien Wähler gibt es unterschiedliche Meinungen. Einige fordern, neue Schulden strikt abzulehnen, während andere die Stärkung der Bundeswehr unterstützen und auf Gelder für die Infrastruktur angewiesen sind. Gegenwind gibt es auch von den eigenen Landräten in Bayern, die auf das Sondervermögen für die Unterstützung der Kommunen setzen.

Könnte Söder die Koalition mit den Freien Wähler und Aiwanger aufkündigen?
Die Zukunft der Bayern-Koalition wird seit Tagen diskutiert. Sollte das „Nein“ der Freien Wähler bestehen bleiben, könnte Markus Söder gezwungen sein, die Koalition aufzulösen. Besonders dann, wenn andere Länder im Bundesrat nicht zustimmen und eine Enthaltung Bayerns keine Mehrheit ermöglicht. Das Schlagwort „staatspolitische Verantwortung“ ist in diesem Zusammenhang oft zu hören.
Die Koalition von CSU und Freien Wählern ist seit Jahren belastet. Beide Seiten misstrauen sich, und das Verhältnis zwischen Söder und Aiwanger gilt als angespannt. Eine Koalition mit der SPD wäre eine Alternative. Markus Rinderspacher (SPD), Vizepräsident des bayerischen Landtags, sagte dem Tagesspiegel: „Die bayerische SPD ist bereit, in die Staatsregierung einzutreten.“ Mit der SPD wäre ein klares „Ja“ Bayerns im Bundesrat zum Infrastruktur- und Verteidigungspaket garantiert.
Knappe Mehrheit mit CSU-SPD-Koalition im bayerischen Landtag: Risiko für Söder zu groß?
Eine CSU-SPD-Koalition hätte jedoch nur eine knappe Mehrheit von einer Stimme im Landtag, was ein Risiko für Söder darstellt. Die Freien Wähler halten solche Gedankenspiele für „lächerlich“, da bei jeder Abstimmung alle Abgeordneten anwesend sein müssten. Dennoch gab es in anderen Ländern bereits ähnlich knappe Mehrheiten, die eine Wahlperiode überdauerten.
Die CSU hofft weiter darauf, dass die Freien Wähler das Paket letztlich mittragen, wenn auch widerwillig. Einige in der Partei hoffen, bei den Verhandlungen etwas zu erreichen, wie etwa eine Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Auch CDU-Chef Friedrich Merz ist optimistisch: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass auch in Bayern alle Beteiligten um ihre Verantwortung wissen“, sagte er der Bild am Sonntag. (sischr/dpa)