Pfarrer Weber vorläufig suspendiert

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Vorübergehend suspendiert: Pfarrer Martin Weber. © THOMAS PLETTENBERG

Es ist eine Nachricht, die überrascht. Oder doch nicht? Am Dienstag (2. September) hat die Evangelisch-Lutherische Landeskirche mitgeteilt, dass der Tegernseer Pfarrer Martin Weber (54) vorläufig suspendiert ist. Es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf die im Raum stehenden Vorwürfe.

Tegernsee - Pfarrer Weber sei vorläufig von allen Dienstpflichten entbunden, heißt es in der Pressemitteilung. Die Entscheidung sei gemeinsam durch den zuständigen Regionalbischof Thomas Prieto Peral und Oberkirchenrat Stefan Reimers, den Personalreferenten der Landeskirche, getroffen worden. Gestützt werde die Entscheidung auf Paragraf 60 des Pfarrdienstgesetzes der Landeskirche, der es erlaube, Pfarrerinnen und Pfarrern die Ausübung ihres Dienstes aus wichtigen dienstlichen Interessen ganz oder teilweise zu untersagen.

Anlass für diesen Schritt, so Kirchensprecherin Christine Büttner, seien „staatliche Maßnahmen“ gegen Weber, die derzeit gerichtlich überprüft werden und über die die Landeskirche bereits unterrichtet worden sei. Um welche Maßnahmen es sich genau handelt, dürfe sie nicht sagen. Geht es um einen Strafantrag und einen Strafbefehl, der möglicherweise schon erlassen wurde? Die Staatsanwaltschaft München II konnte sich dazu auf Nachfrage nicht äußern.

Wie berichtet, war Weber bereits 2022 wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten ins Visier der Justiz geraten. Zu einer Verhandlung kam es nicht, mangels Tatnachweis. Dann wurden 20 Jahre alte Vorwürfe seiner Ex-Frau wieder laut. Es ging um sexuelle Übergriffe gegenüber der gemeinsamen Tochter. Die Verfahren wurden eingestellt. Weber hatte sich heuer im Februar in einem Gemeindebrief sogar dazu geäußert. Darin und auch in einem anschließenden Gespräch mit der Tegernseer Zeitung hatte sich Weber als Opfer einer gezielten Kampagne dargestellt.

Tegernseer Pfarrer Weber vorläufig suspendiert: „Unschuldsvermutung wird beachtet“

Wiegen die Vorwürfe nun so schwer, dass sie zur vorläufigen Suspendierung geführt haben? Sprecherin Büttner betont: „Die juristische Unschuldsvermutung wird beachtet. Die Entscheidung zur vorläufigen Suspendierung ist eine dienstaufsichtsrechtliche Vorsichtsmaßnahme mit Blick auf die im Raum stehenden Vorwürfe, sie sagt aber nichts über die Bewertung oder den Wahrheitsgehalt der erhobenen Vorwürfe aus.“ Sie diene, so die Sprecherin weiter, „dem Schutz aller Beteiligten – auch dem Schutz der betroffenen Pfarrperson – und dient einem rechtsstaatlich geordneten Ablauf des Verfahrens“. Wie dann kirchlicherseits weiter verfahren werde, hänge vom Ergebnis des Verfahrens und weiterer staatlicher Überprüfungen ab. Die vorläufige Suspendierung solle die Kirchengemeinde in dieser besonderen Situation schützen, damit das Gemeindeleben in geordneter Weise weitergeführt werden könne.

Die konkreten Folgen für das Kirchenleben sind nicht absehbar. Während im Tegernseer Pfarrbüro der Anrufbeantworter auf das Dekanat in Bad Tölz verweist, lief dort am Dienstag (2. September) ebenfalls nur ein Band. „Üblicherweise springen die anderen Gemeinden ein“, lässt Pressesprecherin Büttner wissen.

Wegen vorläufiger Suspendierung: Brief an evangelische Gemeindemitglieder verfasst

Ebenfalls am Dienstag (2. September) wurde der Redaktion der Tegernseer Zeitung ein Brief des Kirchenvorstands an die Gemeindemitglieder zugespielt. Darin wird die seit vier Jahren andauernde „regelrechte Welle von Angriffen und Anzeigen“ aufgearbeitet. Von Bildern ist darin die Rede, „die Weber vor vermutlich über 20 Jahren aus dem Internet heruntergeladen hatte“ und die nun „als Grundlage für eine neue Anklage dienen“. Es werde jetzt behauptet, heißt es in dem Brief weiter, sie seien jugendpornografisch. Wegen der „unglaublichen, zerstörerischen Belastung für seine Familie und ihn sowie für die Haupt- und Ehrenamtlichen“ wird Weber so zitiert: „Ich gestehe, ich bin zutiefst erschüttert und am Ende meiner Kräfte.“ Aufgeben und resignieren werde er nicht, heißt es weiter, „sondern sich gegen den Strafbefehl gerichtlich zur Wehr setzen“.

Pfarrer Weber vorläufig suspendiert – und auch Pfarrerin Arzberger kann Arbeit nicht mehr wahrnehmen

In dem Brief wird um Verständnis gebeten, dass sich so manches Projekt – die Sanierung der Friedenskirche Bad Wiessee, die Kirchenkita in Kreuth, die Zukunft des Pfarrzentrums Bad Wiessee und Tegernsee, der Umzug des Pfarramts und der Kita Tegernsee in neue Räume – verzögern werde. Zumal auch Pfarrerin Sabine Arzberger ihre Arbeit wegen all der Vorwürfe nicht mehr wahrnehmen könne und die Pfarrsekretärin seit Monaten erkrankt sei.

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