Achtung bei Erbe: Bürgergeld-Empfänger können ihren Leistungsanspruch verlieren
Im Erbfall haben Bürgergeld-Empfänger zwar einen finanziellen Schutz, sie müssen allerdings gewisse Folgen in Kauf nehmen, sonst drohen Einbußen.
Berlin – Seit Juli 2023 hat sich die rechtliche Situation für Bürgergeld-Empfänger, die eine Erbschaft erhalten, grundlegend geändert. Was auf den ersten Blick als Glücksfall erscheinen mag, kann sich schnell zu einem komplexen sozialrechtlichen Problem entwickeln. Besonders wenn es sich bei der Erbschaft um eine Immobilie handelt, stehen Betroffene vor erheblichen Herausforderungen.
Neue Gesetzeslage betrifft Bürgergeld-Empfänger: Erbschaften gelten als Vermögen
Die Einführung des Bürgergeldes 2023 brachte eine wesentliche Änderung mit sich: Erbschaften zählen nun nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen. Die Neuregelung, die im Detail auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erklärt wird, hat auch weitreichende Konsequenzen für Leistungsempfänger. Während der ersten zwölf Monate, der sogenannten Karenzzeit, bleibt Vermögen bis zu 40.000 Euro für die erste Person und je 15.000 Euro für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft unangetastet. Nach Ablauf dieser Frist reduziert sich der Freibetrag auf 15.000 Euro pro Person.
Gegen-hartz.de weist darauf hin, dass dies für einmalige Erbschaftszahlungen gilt, dazu zählen auch Pflichtteilsansprüche und Vermächtnisse. Laufende Zuwendungen werden hingegen als Einkommen bewertet. Erben kann allerdings mit weiteren Herausforderungen verknüpft sein. Gegen-hartz.de verdeutlicht die Problematik mit einem typischen Szenario: Eine Familie erbt ein mehr als einhundert Jahre altes, stark sanierungsbedürftiges Einfamilienhaus. Alle Erben sind vom Jobcenter abhängig und haben vermutlich kaum Ersparnisse, um Instandhaltungsmaßnahmen durchzuführen. Kaum liegt der Erbschein vor, meldet sich jedoch das Bauordnungsamt mit dringenden Fristsetzungen zum Substanzerhalt.
Übersteigt der Wert des Erbes die Freibeträge, droht der Verlust des Anspruchs auf reguläre Leistungen. Wie Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt erklärt, darf das Jobcenter dann die laufenden Leistungen als zinsloses Darlehen erbringen, verlangt aber häufig eine dingliche Sicherheit, etwa eine Grundschuld. Wer dieser Absicherung nicht zustimmt, riskiert, leer auszugehen.
Diese Optionen haben Bürgergeldempfänger beim Erbe
Eine wichtige Ausnahme bildet selbst genutztes Wohneigentum. Das Bundessozialgericht stellte 2023 in einem Urteil klar, dass das Jobcenter Reparaturen sogar bei etwas übergroßen Eigenheimen übernehmen muss, sofern die Maßnahme unabweisbar und ausschließlich dem Substanzerhalt dient. Das eröffnet Betroffenen die Möglichkeit, notwendige Reparaturen als Kosten der Unterkunft anerkennen zu lassen – ohne Rückzahlungspflicht.

Für Bürgergeld-Empfänger, die eine Erbschaft erhalten, ergeben sich verschiedene Handlungsmöglichkeiten:
- Selbstnutzung: Wer die geerbte Immobilie selbst bewohnen möchte, sollte dies dem Jobcenter umgehend mitteilen und nachweisen, dass es sich um angemessenes Wohneigentum handelt.
- Darlehensantrag: Ist eine Verwertung der Erbschaft kurzfristig nicht möglich, kann ein Antrag auf Darlehensgewährung beim Jobcenter gestellt werden. Hierbei ist zu beachten, dass in der Regel eine Sicherheit, etwa in Form einer Grundschuld, verlangt wird.
- Rechtliche Beratung: Ein Beratungsschein beim Amtsgericht kann helfen, kurzfristig anwaltliche Unterstützung im Sozial- und Erbrecht zu erhalten.
- Erbausschlagung: In manchen Fällen kann es sinnvoll sein, das Erbe auszuschlagen. Dies muss innerhalb einer gesetzlichen Frist von sechs Wochen geschehen.
Die neue Gesetzeslage zum Bürgergeld schützt Erbende nicht pauschal vor sozialrechtlichen Konsequenzen. Ob das Jobcenter weiterhin Leistungen gewährt, hängt maßgeblich von der Verwertbarkeit des Erbes und der Nutzung einer geerbten Immobilie ab.
Betroffene sollten sich frühzeitig beraten lassen, um ihre Optionen sorgfältig abzuwägen.
Auch zum Thema Mietkosten gibt es ein weitreichendes Urteil für Bürgergeldempfänger. (diase)