Nächster EU-Wahnsinn: Brüssel will Privat-Verkauf alter Autos streng regulieren

Auf Käufer und Verkäufer von Gebrauchtwagen kommt möglicherweise eine Bürokratielawine zu. Denn der von der EU jetzt erarbeitete „digitale Fahrzeug-Kreislaufpass“ soll jedes Auto lückenlos verfolgbar machen. Das erfordert von Privatleuten auch, dass sie gegebenenfalls nachweisen können, ihr Fahrzeug in fahrbereitem Zustand veräußert zu haben. 

Video-Dokumentationen, TÜV-Gutachten oder vergleichbare Dokumente müssen Verkäufer dann aufbringen, wenn sie ihr Auto auf den Gebrauchtwagenmarkt anbieten wollen. Unter anderem müssen sie beim Verkauf nicht fahrbereiter Autos beweisen, dass die Fahrzeuge wirtschaftlich noch zu reparieren sein werden – also kein wirtschaftlicher Totalschaden sind.

Für Neuwagen gelten bereits strenge Recycling-Regeln

Schon bisher regelt die EU in der ihr eigenen Gründlichkeit das Schicksal altgedienter Automobile. Seit 2020 gilt die Richtlinie (2000/53/EG), nach der mindestens 85 Prozent des Fahrzeuggewichts recycelbar sein müssen. Sogar 95 Prozent müssen zum Schluss verwertet werden. Am Ende des Lebenszyklus also wird ein Auto nicht mehr einfach so in die Schrottpresse gesteckt: Die Hersteller müssen diese Regeln bereits bei der Konstruktion bedenken (3R-Typgenehmigungsrichtlinie (2005/64/EG). 

Ziel der neuen Regulierung: Kreislaufwirtschaft beim Auto

Seit 2023 arbeitet die EU-Kommission an der Fortentwicklung der Altfahrzeug-Regulierung. Im Rahmen des „Green Deal“ der Europäischen Union sollen danach die Autoproduktion, der Verkauf und die Verwertung Teil einer Kreislaufwirtschaft werden. 

Am 17. Juni 2025 nahm der Rat der EU unter dänischer Präsidentschaft den Entwurf an und lobte die Arbeit der Kommission in den höchsten Tönen: „Die Altfahrzeugverordnung ist ein Meilenstein für Europa. Mit dem Standpunkt des Rates wird diese Rechtsvorschrift nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit unserer Automobil- und Recyclingindustrie stärken, sondern auch den Verwaltungsaufwand auf ein Minimum reduzieren“, so Paulina Hennig-Kloska, polnische Umweltministerin. Einzelstimmen aus jenen Ländern, die tatsächlich über eine bedeutende Autoindustrie verfügen, sind nicht überliefert. 

Sichtbar ist aber: Die neue Fassung der EU-Altfahrzeugverordnung („End-of-Life-Vehicles“, ELV) regelt in ausführlicher Detailverliebtheit jene Materialien, die künftig verboten sind im Autobau, welche Anteile welcher Stoffe in jährlichen Schritten zunehmend wiederverwendbar sein müssen und wieviel Anteil solcher Stoffe bereits aus recyceltem Material hergestellt sein müssen, zum Beispiel: „Stoßfänger/Plastik: bis zu 25 Prozent, davon wiederum 25 Prozent, die aus Altautos gewonnen werden“.

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EU will Export schrottreifer Fahrzeuge verhindern

Wesentliches Ziel des umfassenden Gesetzeswerks, das bis Ende des Jahres verabschiedet werden und 2026 in Kraft treten soll, ist eine Verringerung des Rohstoff-Verbrauchs in der EU, vor allem die Reduzierung importierter Rohstoffe. Auf der anderen Seite soll so viel wie möglich wieder für die Produktion zurückgewonnen werden. 

Ein Schlüsselpunkt ist dabei die Frage des Auto-Exports. Man will vermeiden, dass schrottreife Fahrzeuge aus der EU herausgebracht werden, wie dies traditionell vielfach geschieht: Altautos, die bis nach Kasachstan oder Usbekistan verfrachtet werden, sind Brüssel ein Dorn im Auge. Auch wenn in solchen Ländern die nach europäischer Auffassung schrottreifen Mühlen wundersamerweise zu neuem Leben erweckt werden – und sei es, dass man aus zwei oder drei solcher Wracks ein fahrbereites Auto zusammenschweißt.

Künftig wird beim Export von Fahrzeugen eine lückenlose Dokumentation der Lebenszeit des Autos (später auch Motorräder und Lastwagen etc.) verlangt, eine Bescheinigung, dass das Gefährt fahrbereit ist in Form eines Gutachtens, und weitere Belege (die EU empfiehlt, den Startvorgang und die Tachostände während der Fahrt zu dokumentieren – am besten auf Video, aber Vorsicht: Das sollte lieber ein Beifahrer machen).

EU-Kommission will mehr Kontrolle, aber weniger Bürokratie

Die Zielvorstellung der EU-Kommission bedeutet gleichzeitig eine Fülle neuer Maßnahmen, Dokumentationen, Untersuchungen und Belege. Brüssel listet auf: „Mehr Kontrollen, eine bessere Unterscheidung zwischen Gebrauchtfahrzeugen und Altfahrzeugen und ein Verbot der Ausfuhr von nicht verkehrssicheren Gebrauchtfahrzeugen“, würden verhindern, dass Fahrzeuge verschwinden. Durch technologische Verfahren soll zum Beispiel der Zoll an den Außengrenzen befähigt werden, zwischen (womöglich fahrendem) Schrott und Gebrauchtwagen zu unterscheiden. Dazu müssen neue Systeme installiert werden, die wiederum eine Prüfung und Zulassung erfordern, und dergleichen mehr. 

Wo hier die Verringerung von Bürokratie liegen soll, bleibt ein EU-Geheimnis. Und der Mehraufwand trifft dann eben auch Autokäufer und Verkäufer. Davon ist in der Richtlinie nicht viel die Rede. Dafür schwärmen die Autoren der Richtlinie von voraussichtlich 22.000 neuen Arbeitsplätzen, vor allem in der Recyclingbranche, wogegen die Teuerung neuer Fahrzeuge nur 39 Euro pro Stück ausmachen werde; was gegenüber dem Preis eines Neuwagens fast nicht spürbar sei. 

Gebrauchtwagenkauf könnte noch teurer werden

Aus Bayern kommen schon kritische Stimmen. „Eine Nachweispflicht würde neue Kosten für die Bürger und mehr Aufwand für die Behörden bedeuten, aber keinerlei Mehrwert schaffen. Es reicht! Brüssel sollte beim Abbau von Bürokratie Vollgas geben und bei Eingriffen in die Eigentumsrechte schleunigst auf die Bremse treten”, fordert publikumswirksam, aber vermutlich viel zu spät, der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter. Gefahren sieht er vor allem bei der Abmeldung eines Autos – vor der Wiederzulassung müssten da womöglich teure Gutachten her, die beweisen, dass es sich nicht um ein “Altfahrzeug” (= Schrott) handele. Sollten die Brüsseler Entwürfe so passieren, wie sie sind, muss im Extremfall für jedes Auto nachgewiesen werden, dass es kein Wrack ist.

Dieser Beitrag erschien in Kooperation mit "Business Punk".