Merz trifft in Washington auf Trumps „Hassliebe“ zu Deutschland – Geste soll ihn gnädig stimmen

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Bei seinem Treffen mit Trump heute stößt Merz wohl auf „Hassliebe“. Manchmal ist der US-Präsident voll des Lobs für Deutschland, manchmal gibt es nur Spott.

Washington – US-Präsident Donald Trump wird Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am heutigen Donnerstag (5. Juni) im Weißen Haus in Washington empfangen. Auf den ersten Blick haben die beiden Staatsmänner viel gemeinsam, wie der Tagesspiegel analysiert: Sie wollen die illegale Migration eindämmen, sind kritisch gegenüber Windkraft, möchten keine russischen Energielieferungen nach Europa und pflegen ein schwieriges Verhältnis zu Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

Vor Merz-Treffen mit Trump am Donnerstag: US-Regierung lobt Deutschland als „Paradebeispiel“

Auch bei der Sicherheitspolitik sind sich die beiden zumindest nach außen hin einig. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) hat zuletzt angekündigt, Deutschland werde wie von Trump gefordert Fünf-Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung ausgeben.

Für Deutschlands neue Verteidigungsbestrebungen erhielt Merz zuletzt von der Trump-Regierung sogar öffentlich Beifall. US-Verteidigungsminister Pete Hegseth sagte bei einer Konferenz in Singapur. „Dank Präsident Trump sollten unsere asiatischen Verbündeten auf die Länder Europas schauen als ein neues Paradebeispiel von Nato-Mitgliedern, die nun fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben. Sogar Deutschland.“

Merz-Besuch in Washington: Trumps „Hassliebe“ zu Deutschland birgt Gefahren

Auf den ersten Blick scheint es also, als könne beim Treffen von Trump und Merz in Washington nicht viel schiefgehen. Das Problem ist aber: Wenn es um Deutschland geht, ist Trump unberechenbar. Analysten sprechen von einer „Hassliebe“, von einem „ambivalenten Verhältnis“ und einer „Deutschland-Obsession“, schreibt der Tagesspiegel. Trump schwanke hin und her zwischen Stolz auf seine deutsche Herkunft und Verachtung für alles Deutsche. Im Weißen Haus lauern deshalb einige Stolperfallen auf Merz.

Merz bei Treffen in Washington: Trump lobte Deutschland einst in höchsten Tönen

Während seiner ersten Amtszeit sprache Trump im Oktober 2019 noch von einem unzerstörbaren Band zwischen den USA und Deutschland. Der Fall der Berliner Mauer sein ein „Triumph der Freiheit“ gewesen. Das historische Ereignis unterstreiche, wie sehr sich die USA und Deutschland für Rechtsstaat und Menschenrechte einsetzten.

Der Republikaner fügte an: „Unsere gemeinsamen Werte und historischen und kulturellen Bindungen stärken den ewigen Bund zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland. Diese Partnerschaft bildet das Fundament einer großen und hoffnungsvollen Zukunft für die Welt.“

Mal Fan, mal Gegner: Donald Trump mit Ex-Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2019. Am Donnerstag trifft Friedrich Merz als Kanzler erstmals auf ihn.
Mal Fan, mal Gegner: Donald Trump mit Ex-Kanzlerin Angela Merkel im Jahr 2019. Am Donnerstag trifft Friedrich Merz als Kanzler erstmals auf ihn. © Andrew Parsons/Imago

Merz-Treffen mit Trump: US-Präsident fühlte sich von Deutschen „nie geliebt“

Allerdings haben die Deutschen zu Trump nie besondere Zuneigung empfunden, was Trump offenbar kränkte: „Die Deutschen haben Obama geliebt, mich nicht“, sagte er Anfang November 2024, wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl. „Dabei habe ich deutsche Wurzeln. Sie haben mich nicht geliebt, weil ich ihnen gesagt habe, ihr müsst zahlen.“ Barack Obama war von 2009 bis 2017 der 44. Präsident der USA.

Kanzler Merz trifft heute Trump – für Merkel hatte US-Präsident mal Bewunderung, mal Spott übrig

Es gab sogar eine Zeit, in der Donald Trump die deutsche Ex-Kanzlerin Angela Merkel verehrte. „Deutschland sitzt still da, sammelt Geld ein und verdient ein Vermögen mit der wahrscheinlich größten Führungskraft der Welt, Merkel.“ Das sagte Donald Trump im Jahr 2015 dem Time Magazine. Die frühere Kanzlerin bezeichnete er als „fantastisch“ und als „sehr angesehen“.

Nur wenige Monate später war allerdings Trumps Wertschätzung für Merkel verschwunden. Im Herbst 2015 hatte das Time Magazine Merkel zur Person des Jahres gekürt, als Anerkennung für ihre Flüchtlingspolitik. Damals beklagte der Präsidentschaftskandidat Trump die Wahl Merkels, „obwohl ich der große Favorit war“.

Die Jury habe mit Merkel „eine Person gewählt, die Deutschland ruiniert“, wütete er. Im Wahlkampf 2024 hatte Trump dann bei einer Veranstaltung seinem Publikum zugerufen: „Erinnert ihr euch an Angela?“, und spottete: „Niemand erinnert sich mehr an sie.“

Trump fühlt sich seit Jahren von den Europäern über den Tisch gezogen – und von den Deutschen ganz besonders: ob es um die Nato-Verpflichtungen oder um Auto-Exporte geht. Trump ist überzeugt, dass die USA abgezockt werden – vor allem von Deutschland, dem Land seiner Vorfahren.

Trump-Treffen in Washington: Merz will auch an deutsche Herkunft des US-Präsidenten erinnern

Friedrich Trump, besagter Großvater des heutigen US-Präsidenten, zog 1885 aus Kallstadt in Rheinland-Pfalz nach New York. Noch im April 2019, bei einem Empfang im Weißen Haus, sagte Trump: „Mein Vater ist Deutscher, war Deutscher. Und er wurde in einem wunderbaren Ort in Deutschland geboren. Deshalb habe ich großartige Gefühle für Deutschland.“ Merz nutzte sein erstes Telefonat bereits, um Trump nach Kallstadt in Deutschland einzuladen, was bei diesem offenbar Anklang fand.

Merz überreicht Geschenk an Trump, das in Deutschland gegenüber gnädig stimmen soll

Es wird sich zeigen, auf welchen Trump Kanzler Merz am Donnerstag im Weißen Haus treffen wird: Den Deutschland-Bewunderer oder den Deutschland-Skeptiker. Laut durchgesickerten Informationen soll sich Merz auch auf einen möglichen Eklat vorbereitet haben.

Der CDU-Kanzler hat jedenfalls schon geplant, Trump bei seinem Besuch auch an dessen deutsche Vorfahren zu erinnern: Er bringt ihm ein Buch mit, das eine Sammlung von Briefen deutscher Einwanderer in die USA enthält. Das Werk veröffentlichte Walter Kamphoefner 1988 unter dem Titel „News from the Land of Freedom. German Immigrants write home“ (Nachrichten aus dem Land der Freiheit. Deutsche Einwanderer schreiben nach Hause). Das Geschenk bringt Merz mit, weil er als besondere Ehre im Gästehaus des US-Präsidenten, dem Blair House, übernachten darf.

Das Treffen zwischen Trump und Merz kann live im TV und per Livestream verfolgt werden. Der Zeitplan für den Ablauf im Oval Office ist bereits veröffentlicht. (Jan-Frederik Wendt)

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