Auf der Mittelkonsole nach Deutschland: Bundespolizei stoppt Schleuser

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Eng zusammengequetscht saßen die vier Insassen auf der Rückbank des polnischen Pkw. So griff die Polizei das Fahrzeug am Pfingsmontag auf. © Bundespolizei GAP

Zweimal, einmal bei Mittenwald und einmal bei Garmisch-Partenkirchen, gehen der Polizei am Pfingstwochenende Schleuser ins Netz. Zwei Kinder aus Syrien nimmt das Jugendamt auf.

Garmisch-Partenkirchen/Mittenwald – Ein Elfjähriger, der auf der Mittelkonsole eines Pkw von Slowenien bis nach Deutschland gebracht wird, insgesamt sieben Insassen in einem normalen Auto – mit derlei Szenarien sind die Beamten der Bundespolizei in Garmisch-Partenkirchen immer wieder konfrontiert. Bei Mittenwald lieferte sich ein Schleuser schon Jagd-Szenen mit der Polizei. Am Pfingstwochenende hat die Polizei zwei Versuche der Schleusung von Flüchtlingen gestoppt und zwei Ukrainer, die eben mutmaßlich als Schleuser auftraten, in Untersuchungshaft gebracht.

Zwei Fälle innerhalb von zwei Tagen, beide Mal die Route über Bundesstraße 2 von Tirol nach Deutschland. Das reicht nach einer Masche. Ganz will es Dr. Rainer Scharf, Sprecher der Bundespolizeiinspektion in Rosenheim, nicht ausschließen. Denn: „Es gibt durchaus noch mehr Parallelen.“ Beide Male handelte es sich um Pkw mit polnischem Kennzeichen, die Fahrer kamen aus der Ukraine, der Startort lag in Slowenien. Ob ein direkter Bezug zwischen beiden Fällen besteht, müssen nun die Ermittler der Bundespolizei klären.

Bei Mittenwald und bei Garmisch-Partenkirchen: Polizei zieht mutmaßliche Schleuser aus dem Verkehr

Der erste Fall trug sich am Pfingstsonntag zu. Bei Mittenwald zog die Polizei einen Pkw aus dem Verkehr, in dem sich den 46-jährigen Fahrer aus der Ukraine sowie fünf weitere Insassen antrafen. Bis auf den Lenker alle ohne Papiere. Dabei handelte es sich laut eigenen Angabe um fünf syrische Staatsbürger im Alter zwischen 21 und 35 Jahren. Übereinstimmend erklärten sie, dass die letzte Etappe auf dem Weg nach Deutschland für sie in Slowenien begonnen hatte. Während der mutmaßliche Schleuser auf Antrag auf Weisung des Gerichts sofort in U-Haft ging, wurden die Syrer einer Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in München unterstellt.

Der zweite Fall am Montag war ähnlich gelagert. Wiederum begann die Tour – dieses Mal mit einem 36-jährigen Fahrer aus der Ukraine – in Slowenien. „Das ist nicht ungewöhnlich, Slowenien tritt in letzter Zeit öfter in Erscheinung, das fällt auf“, sagt Scharf dazu. Möglicherweise ist das kleine Land am Südende der Alpen eine Zwischenstation auf der bei Schleusern stark frequentierten Balkan-Route.

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Flüchtlinge steigen in Slowenien in den Wagen nach Deutschland: Sieben Insassen in einem normalen Pkw

Dass sie dort zugestiegen waren, bestätigte den Bundespolizisten einer der Erwachsenen, die im Pkw saßen. Insgesamt befanden sich in diesem normalen Pkw sieben Menschen – deutlich zu viel. Unglaublich: Auch zwei Kinder (11 und 14 Jahre) saßen im Auto, zwei Brüder, die mit den restlichen Insassen nichts zu tun hatten. Davon musste der Elfjährige die gesamte Strecke auf der Mittelkonsole des Fahrzeugs verharren. Bis eben die Polizei die Fahrt kurz vor Garmisch-Partenkirchen beendete. Neben den beiden Buben waren drei junge Männer im Alter von 22 bis 25 Jahren an Bord, die in der Folge in eine Flüchtlingsstelle gebracht wurden. Die beiden Kinder übernahm das Jugendamt in Garmisch-Partenkirchen.

Warum die Schleuserei aus kriminellen Gesichtspunkten so lukrativ erscheint, erschließt sich aus den Beträgen, die die Hintermänner offenbar für solch einen Trip nach Deutschland verlangen. 8000 Euro hatten die Insassen vom Sonntag laut eigenen Aussagen aufbringen müssen, 9000 Euro waren es am Pfingstmontag, wobei einer der Flüchtlinge angab, dass sich noch während der Fahrt der Preis zum Teil bis auf 14 000 Euro erhöht habe. Sonst gibt es keine Weiterfahrt. Laut Scharf müssten Familien in der Heimat oder aber Verwandte alles Geld zusammenkratzen, um einem Mitglied die Flucht nach Mitteleuropa zu ermöglichen, wo er dort womöglich wieder Geld verdienen kann.

Auf der Mittelkonsole musste der Elfjährige während der Fahrt von Slowenien nach Garmisch-Partenkirchen sitzen.
Auf der Mittelkonsole musste der Elfjährige während der Fahrt von Slowenien nach Garmisch-Partenkirchen sitzen. © Bundespolizei GAP

Im Fall der beiden Kinder könnten die Eltern bereits in Deutschland leben. „Ob das tatsächlich so ist oder zumindest Verwandte bereits hier sind, ist aber nicht klar“, betont Scharf. Das zu ergründen, wird ein Teil der Ermittlungen sein.

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