US-Optionen auf dem Prüfstand: Trump erwägt Nato-Ausstieg

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Trump stellt die Verteidigung Europas infrage. Militärischer Rückzug und Geheimdienstlücken drohen. Die Nato steht vor ihrer vielleicht größten Krise.

Washington, D.C. – In Europa geht die Angst um, dass die USA unter ihrem neuen Präsidenten Donald Trump die Nato verlassen könnten. Die offene Annäherung zwischen Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und die, weniger subtilen, Andeutungen, dass die USA ihre Verpflichtung zur Verteidigung der europäischen Verbündeten aufgeben könnten, haben europäischen Staats- und Regierungschefs verdutzt. Aber kann die neue US-Regierung einen solchen Schritt tatsächlich vollziehen?

Um die USA offiziell aus der Nato zu entfernen, müsste die Trump-Regierung gemäß Artikel 13 des Bündnisses eine einjährige Kündigungsfrist einhalten. Ein Hinweis auf das bisherige Vertrauen in das unerschütterliche Engagement der USA ist, dass die Kündigung zunächst der US-Regierung übergeben werden muss. Erst dann ist Washington dazu verpflichtet, die anderen Staaten über diesen Schritt zu informieren.

Trump plant Nato-Ausstieg: Europäische Staatschefs bangen um die transatlantische Verteidigung

Doch einem aktuellen Bericht des US-Portals Newsweek zufolge, könnte die Trump-Regierung die Nato-Zusammenarbeit auch ohne formellen Austritt effektiv beenden. Dazu müsse er lediglich das Vertrauen in die Existenz des Bündnisses untergraben – beispielsweise durch die Ankündigung, dass die USA ihre Verpflichtung gemäß Artikel 5 nicht erfüllen würden. Dieser Artikel ist der Grundpfeiler der Nato. Er verpflichtet Mitgliedsstaaten dazu, jedem Mitglied, das einem bewaffneten Angriff ausgesetzt ist, mit der für angemessen erachteten Reaktion beizustehen.

Ein Flüstern aus der Trump-Administration, dass die USA dieser Verpflichtung nicht mehr nachkommen werden, würde einen Großteil der Glaubwürdigkeit der Nato „effektiv zunichtemachen“, so David Blagden, Professor für internationale Sicherheit, gegenüber dem Portal. Ihm zufolge würde es schon ausreichen, wenn die Nato-Länder an der Verpflichtung der USA zu Artikel 5 zweifeln würden und auch die Gegner des Bündnisses dies infrage stellen würden.

Trump könnte militärischen Rückzug aus Europa erwägen: Sorge um amerikanische Truppenpräsenz wächst

Auch ein militärischer Rückzug aus Europa könne einen solchen Effekt haben, so der Bericht. Trump könne die große Präsenz, die das US-Militär seit Jahrzehnten in Europa unterhält, aufheben, ohne formelle Erklärungen zur Nato abzugeben – ein Schritt, der möglicherweise schon vorbereitet wird.

Am Dienstag (18. März) berichtete NBC News unter Berufung auf zwei Verteidigungsbeamte und ein Dokument des Pentagons, dass die Trump-Regierung erwäge, Amerikas Einfluss auf die Rolle des Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) der Nato aufzugeben. Die Übergabe „würde in Europa als ein deutliches Signal dafür gewertet werden, dass man sich von der Allianz abwendet“, sagte der pensionierte Admiral James Stavridis, der das Amt von 2009 bis 2013 innehatte, gegenüber dem Sender.

Europa ohne Schutzmacht USA: Nato-Zweifel wachsen mit jeder neuen Trump-Entscheidung

Eine weitere Option zum stillen Rückzug aus der Nato, die von der Trump-Regierung bereits praktiziert wird, ist die Einstellung des Austauschs von Geheimdienstinformationen. Reuters berichtete am Mittwoch (19. März), dass mehrere nationale Sicherheitsbehörden die Zusammenarbeit mit europäischen Verbündeten in Arbeitsgruppen eingestellt hätten. Diese waren von der vorherigen Regierung eingerichtet worden, um russische Sabotageakte und Angriffe aufzudecken und zu vereiteln. Auch die Ukraine hat diese Maßnahme bereits zu spüren bekommen.

US-Präsident Donald Trump könnte die Nato auch ohne formellen Austritt schwächen.
US-Präsident Donald Trump könnte die Nato auch ohne formellen Austritt schwächen. © IMAGO/Eric Hartline

Doch obwohl diese Tendenzen in Europa Anlass zur Sorge sind, wäre die Nato auch ohne die USA weiter handlungsfähig. Das schreibt CNN. Immerhin stünden dem Bündnis mehr als eine Million Soldaten und moderne Waffen aus den 31 anderen Mitgliedsstaaten zur Verfügung. Wenn sich die europäischen Länder zusammenschließen und die richtige Ausrüstung kaufen, könne Europa „eine ernstzunehmende konventionelle und nukleare Abschreckung“ für Russland darstellen, habe Ben Schreer vom International Institute for Strategic Studies (IISS) klargestellt. „Europa allein hat (immer noch) die Fähigkeit, die Ressourcen aufzubringen, die es zur Selbstverteidigung benötigen würde. Die Frage ist nur, ob es dazu bereit ist“, so Schreer. (tpn)

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