Baschar al-Assad ist keineswegs alleine nach Russland geflohen. Neben seinem Gefolge wartet offenbar im Exil auch eine Menge Geld auf den Ex-Diktator.
London – Seine Flucht nach dem Ende seiner Diktatur in Syrien führte Baschar al-Assad nach Russland. Zu Wladimir Putin. Was wenig überrascht, denn beim Kreml-Chef dürfte sich der langjährige Machthaber von Damaskus in besten Händen wissen. Ohne die Hilfe aus Moskau hätte Assad wohl schon deutlich früher das Weite suchen müssen, doch während des Bürgerkriegs gelang es gemeinsam, seine zu Zeiten des Arabischen Frühlings bröckelnde Macht wieder zu zementieren – bis der 59-Jährige nun von einer Rebellenallianz aus Damaskus vertrieben wurde.
In Moskau war Assad seit jeher ein gern gesehener Gast. Aber nicht nur er selbst und seine Getreuen nahmen in den Jahren seiner Schreckensherrschaft gern den Weg nach Russland auf sich. Wie die Financial Times berichtet, schickte Assad auch Hunderte Millionen US-Dollar in das Reich von Putin. Genauer gesagt: rund 250 Millionen US-Dollar in bar.
Assad und die Flucht nach Moskau: Vor dem Diktator wurde schon Millionensumme ausgeflogen
Zwei Tonnen sollen die Geldscheine gewogen haben, die in den Jahren 2018 und 2019 von Syrien aus den Luftweg zum Moskauer Flughafen Wnukowo auf sich nahmen. Einerseits wollte sich Assad so für die militärische Unterstützung im Bürgerkrieg erkenntlich zeigen, in dem auch Wagner-Söldner für ihn Blut vergossen, andererseits sicherten sich seine Verwandten damit Vermögenswerte wie Luxusimmobilien in Russland, heißt es weiter.
„Das Regime musste das Geld im Ausland in einen sicheren Hafen bringen, um es dafür einsetzen zu können, sich und dem inneren Kreis ein schönes Leben zu verschaffen“, betonte demnach David Schenker, der von Juni 2019 und Januar 2021 stellvertretender US-Außenminister für Angelegenheiten des Nahen Ostens unter US-Präsident Donald Trump war.
Laut dem in Großbritannien arbeitenden Nahost-Experten Eyad Hamid vom Syrian Legal Development Programme, das sich internationalen Gesetzen und Menschenrechten in Syrien verschrieben hat, ist Russland seit Jahren ein Zufluchtsort für die Finanzen des Assad-Regimes. Umso mehr, seit es darum gehe, die westlichen Sanktionen zu umgehen.
Assad und seine Millionen: 21 Geld-Flüge binnen anderthalb Jahren zwischen Syrien und Russland
Von mehreren Lieferungen von US- und Euro-Banknoten zwischen März 2018 und September 2019 von Syrien nach Russland ist die Rede. Aus russischen Handelsunterlagen vom Exportdatendienst Import Genius gehe hervor, dass am 13. Mai 2019 ein Flugzeug mit 100 Millionen US-Dollar in 100-Dollar-Scheinen im Auftrag der syrischen Zentralbank nach Moskau geschickt wurde.
Meine news
Ein weiterer Flug mit 20 Millionen Euro in 500-Euro-Noten der Bank ging demnach im Februar 2019 auf Reisen. Alles in allem sollen sich die 250 Millionen US-Dollar auf 21 Flüge verteilt haben. Ein ähnlicher Vorgang sei seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2012 nicht festzustellen gewesen.
Die Scheine landeten bei Geldhäusern, die von den USA sanktioniert sind. Auch die zum staatlichen russischen Rüstungsexporteur Rosoboronexport gehörende RFK-Bank zählt dazu.
Assad und Putin als Partner: Geld für Russland und Militärgerät für Syrien
Eine mit den Daten der syrischen Zentralbank vertraute Person sagte dem Bericht zufolge, dass 2018 so gut wie keine Devisenreserven mehr vorhanden gewesen seien. Wegen der Sanktionen hätten die Zahlungen jedoch in bar erfolgen müssen.
Weiter ist zu lesen, russischen Aufzeichnungen zufolge seien in den Jahren vor und nach den großen Bargeldtransfers regelmäßige Exporte nach Syrien geliefert worden. Neben militärischen Ersatzteilen zählten dazu auch syrische Banknoten durch die staatliche russische Druckerei Goznak. Diese Hilfe machte sich offensichtlich bezahlt.
So hätten Personen mit Einblick in die Arbeitsweise des Assad-Regimes darauf verwiesen, dass der Diktator und seine engen Vertrauten trotz der infolge des Kriegs ruinierten Staatskasse in den vergangenen sechs Jahren die persönliche Kontrolle über wichtige Teile der Wirtschaft übernommen hätten.
Das Regime habe den USA zufolge auch Einnahmen durch den internationalen Schmuggel von Drogen und Treibstoff generiert. Laut Hamid sei Korruption „eine Regierungsform“ gewesen.
Assad und die Flucht-Vorbereitung: Moskau mit System zum sicheren Hafen aufgebaut
Assad scheint sich also vorbereitet zu haben auf den Tag, an dem er aus dem Amt gejagt werden würde. Um im russischen Exil ein möglichst angenehmes Leben führen zu können.
Auch Schenker vermutet: „Er wusste, dass es schlimm enden würde, wenn es endet. Sie hatten also jahrelang Zeit, Geld zu erbeuten, um Systeme aufzubauen, die zuverlässige sichere Häfen darstellen.“
Einen davon hat Assad nun selbst angesteuert. Vielleicht den sichersten. Denn in Moskau ist sein wichtigster Unterstützer während des Bürgerkriegs zu Hause. Und mit dem könnte er auch einen Plan zur Rückkehr an die Macht aushecken. (mg)