Keine Fragen offen: Rathauschef erläutert in der Bürgerversammlung Parzellenvergabe in Gaißach
Bürgerversammlungen verlaufen in Gaißach immer harmonisch ab. Das galt auch für die gut besuchte Neuauflage vergangenen Sonntag beim Mühlwirt.
Gaißach – Nach ausführlichem zweistündigen Rechenschaftsbericht von Bürgermeister Stefan Fadinger und einem 20-minütigem Gastbeitrag von Landrat Josef Niedermaier war die Versammlung schon zu Ende. Entweder waren die Gaißacher wunschlos glücklich oder von so vielen Informationen erschlagen: Seitens der Bürger gab es danach trotz zweifacher Nachfrage keine einzige Wortmeldung mehr.
Rathauschef erläutert in der Bürgerversammlung Parzellenvergabe in der Gemeinde Gaißach
Vielleicht lag das auch daran, dass Fadinger auf einen Aufreger der vergangenen Tage ausführlich einging und dafür Erklärungen lieferte: Kürzlich hatte der Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung im Wege eines Einheimischen-Modells zwei Parzellen für Doppelhaushälften und im Wege des Erbbaurechts vier Parzellen für Gewerbebetriebe vergeben. Angesichts von weitaus mehr Bewerbern hatte das im Dorf wohl für böses Blut gesorgt, große Enttäuschung und vielleicht auch Argwohn bei jenen hervorgerufen, die dabei nicht zum Zuge gekommen sind.
Der Bürgermeister erklärte, wie solche Vergaben zustande kommen: „Das war keine Schikane gegen irgendwen. Wir haben keinen Spielraum. Es geht nicht anders, solche Vergaben müssen konform mit nationalem und europäischem Recht erfolgen, sonst kommen wir in Teufels Küche.“
Die Gemeinde orientiere sich an entsprechenden Empfehlungen vom Bayerischen Gemeindetag. Bei den klar vorgegebenen Vergabe-Kriterien spiele zum Beispiel die Größe einer Familie eine Rolle, größere Vermögen seien ein Ausschlusskriterium. Bei der Vergabe von Gewerbegrundstücken (da gibt es aktuell keine Warteliste) werde die Zahl der Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze berücksichtigt.
Wohnungsbau in Gaißach: Nachfrage größer als das Angebot
Bei Wohnungen und Wohngrundstücken sei die Nachfrage weitaus höher als das Angebot, betonte Fadinger. Er versprach den Bürgern, die Gemeinde werde nicht nachlassen in ihren Anstrengungen, die Bevölkerung zu unterstützen, aber: „So viele Flächen haben wir ja gar nicht mehr.“ Und was wird die Gemeinde tun, wenn in nächster Zeit auch eine Weidefläche zur Verpachtung steht, für die es zwölf Bewerber gibt? „Wir werden sie verlosen“, kündigte der Bürgermeister an, und „auch da wird es Enttäuschte geben“.
Bald sind wieder Wahlen, und deshalb kam Fadinger nicht umhin, gegen Berlin und München auszuteilen. Fadinger prangerte an, wie die Bürokratie das Land lähmt und „die kommunale Selbstverwaltung und Planungshoheit immer mehr ausgehebelt wird“, und wie trotz bekundetem Willen zur Entbürokratisierung genau das Gegenteil passiert.
An mehreren Beispielen machte Fadinger deutlich: „Die Kommunen laufen gegen unsinnige Bestimmungen Sturm, aber das interessiert die Regierenden überhaupt nicht. Wir haben keinen Zugang mehr.“ Wie mit deutscher Gründlichkeit auf EU-Richtlinien immer „noch eins draufgesetzt“ wird, veranschaulichte er am Beispiel Umgehungsstraße: „Alle Träger öffentlicher Belange haben längst zugestimmt, und dann geht es mit neuen Auflagen wieder von vorne los.“
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Landrat Josef Niedermaier fordert „Abkehr von 100-Prozent-Lösungen“ in der Politik und Verwaltung
Politik, Verwaltung und Gesellschaft bräuchten eine „andere Fehlerkultur und eine Abkehr von 100 Prozent-Lösungen“, gab ihm Landrat Josef Niedermaier recht. Selbst ging er dann auf die immer weiter explodierenden Sozialausgaben ein, welche die politischen Gestaltungsräume immer mehr einengen. 80 Prozent des Landkreishaushaltes und 96 Prozent bei jenem des Bezirks fließen mittlerweile in Sozialleistungen, zum Beispiel für pflegebedürftige und behinderte Menschen.
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