Bedrohte Art dreht seine Runden über der Region: „Sie kommen gern zu uns“
Stark gefährdet sind die Rotmilane. Ihre Population ist massiv eingebrochen. Trotzdem sieht man die Greifvögel oft in der Region.
Nach der Mahd sieht man sie oft über den Feldern kreisen: kleine und große Greifvögel, die auf der Suche nach Nahrung sind. Immer häufiger sind es in jüngster Zeit die prächtigen Rotmilane. Hat die Population dieser stark gefährdeten Vogelart zugenommen? Das wollten wir von Dr. Sabine Tappertzhofen wissen. Die Biologin leitet die Geschäftsstelle des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) in Wolfratshausen.
Frau Dr. Tappertzhofen, woran erkennt man einen Rotmilan?
Wie der Name schon sagt, hat der Rotmilan einen hell-bräunlich bis rostroten Rücken. Auf der Unterseite der Vorderflügel hat er jeweils einen großen weißen Fleck. Der Kopf ist weißlich bis grau. Auffälligstes Unterscheidungsmerkmal gegenüber anderen Arten ist sein tief gegabelter Schwanz.
Kann man Männlein und Weiblein voneinander unterscheiden?
Eine Unterscheidung von Männchen und Weibchen am Gefieder ist nicht möglich. Jungvögel haben einen etwas dunkleren Kopf. Mit einer Körpergröße bis zu 70 Zentimetern und einer Spannweite bis zu 165 Zentimetern ist der Rotmilan nach See- und Steinadler übrigens unser größter heimischer Greifvogel.
Wie ruft der Rotmilan?
Ein gedehntes und klagendes „djüh wiuwiu wiuu“ könnte man sagen.
Können Sie etwas zum Bestand sagen?
Der Bestand des Rotmilans ist in Deutschland seit den 1990er Jahren um mehr als 30 Prozent eingebrochen. Auch in Bayern ist er schon in die zweithöchste Kategorie der Roten Liste aufgerückt – unter die stark gefährdeten Arten. Zur Entwicklung der Population in Bayern gibt es leider keine aktuellen Zahlen. Die letzten Erhebungen sind gerade in der Auswertung. Deutschlandweit gelten die Bestände als stabil. Die Zunahme an Rotmilanen ist also momentan eine „gefühlte Wahrheit“, die real sein kann, aber nicht muss.
Gibt es weitere Gründe für die Zunahme?
Eine Rolle spielt sicherlich auch, dass Rotmilane zwischen Horst und Ort der Nahrungsaufnahme leicht zehn bis 30 Kilometer zurücklegen. Wenn man also eine frisch gemähte Wiese mit einem Dutzend Rotmilanen sieht, sind das nicht die Brutvögel aus der direkten Umgebung, sondern Tiere aus einem weiten Umkreis.
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Was steht auf der Speisekarte der Greifvögel ganz oben?
Rotmilane sind zwar sehr anpassungsfähig, was ihre Nahrung betrifft. Sie fressen sowohl lebende Beute als auch Aas. Besonders zahlreich sind sie aber in grünlandreichen Gebieten, am besten mit Weidetierhaltung. Der Grünlandanteil ist deutschlandweit in den vergangenen Jahren gesunken, und auch Weidetiere sieht man immer seltener draußen. In unserem Landkreis ist beides gut vertreten, folglich kommen Rotmilane gerne zu uns.
Zieht es den Rotmilan im Winter auch in wärmere Gefilde?
Er ist tatsächlich ein Zugvogel, und auf dem Zug kommt es zu hohen Verlusten. Dank der milden Winter in den vergangenen Jahren bleiben aber immer mehr Vögel ganzjährig bei uns. Es überleben so mehr Tiere den Winter.