„Huren. Hexen. Hohe Frauen“: Stadtführung über Mindelheims Frauengeschichte

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Interesse und Aufklärung: Stadtführerin Christel Lidel im Gewand einer Bäuerin aber mit viel Hexen-Humor. © Glöckner

„Huren. Hexen. Hohe Frauen“: Der Titel der Stadtführung versprach einiges an Schauereffekt. Stadtführerin Christel Lidel, selbst im Gewand einer Bäuerin mit „Tendenz Hexe“, wie sie sagte, nutzte die Gelegenheit, weit mehr als nur Kurioses aus Mindelheims Vergangenheit zu präsentieren.

Mindelheim – Vor acht höchst interessierten Teilnehmenden zeichnete sie ein facettenreiches Bild weiblicher Lebensrealitäten – und spannte dabei den Bogen bis in die Gegenwart.

Stadtführung „Huren. Hexen. Hohe Frauen“ gibt Einblicke in Mindelheimer Geschichte

Zu Beginn machte Lidel mit einem Maßband und lebendigen Erzählungen die Entwicklung Mindelheims nachvollziehbar: Vom Dörfchen Mindelheim bei Westernach über den Aufschwung durch den Salzhandel am heutigen Forum bis zur befestigten Stadt. Dabei ließ sie Zahlen sprechen: Nur 17 Prozent der Bevölkerung galten als Bürger, etwa drei Prozent waren Adelige – und rund 80 Prozent Bauern, die vor den Toren lebten und die Stadt mit Nahrung versorgten.

Hexen – die unbequemen Frauen der Geschichte

Wo Frauen als Dienstleisterinnen für Salzfahrer galten, waren andere Frauen verdächtig: Die Kräuterkundigen, Heilerinnen, die Unangepassten – oder jene, die Führungsanspruch zeigten, Männerkleidung trugen oder schlicht nicht ins Bild passten.

Sie gerieten ins Visier der Obrigkeit, oft mit tödlichem Ausgang. Letztes Opfer der Hexenverfolgung in Mindelheim war Maria Magdalena Fechtner im Jahr 1776, wie Lidel im Gefängnisturm eindrucksvoll schilderte.

In spürbarer Hochachtung berichtete Lidel – auch als Stadträtin – von Anna von Polen, der Gemahlin Ulrich von Tecks. In der Stadtpfarrkirche beigesetzt, stiftete sie einst die Jesuitenkirche, St. Stephan und das Heilig-Kreuz-Spital samt Grundbesitz – deren Erträge Mindelheim bis heute zugutekommen. Aber auch Ordensfrauen, die mit Mitgift in Klöster eintraten und dort oft im Verborgenen Großes leisteten, bekamen ihren Raum in Lidels Führung.

Großzügige Frauen der Mindelheimer Geschichte

Lidel erinnerte auch an eine Düsseldorferin, die der Stadt ein Stück Stadtmauer aus einer Erbschaft zurückgab, an „Frau Dorrer“ im Westernachertorturm, die sich um vernachlässigte Kinder kümmerte und an Frau Schuster, die 102 Pflegekinder betreute. Auch die Jüdin Liebschütz oder eine großzügige Spenderin für die Orgelrenovierung der Stadtpfarrkirche fanden Erwähnung – als Zeichen dafür, wie sehr Mindelheim auch Frauen seine Kultur und seinen Wohlstand verdankt. Zum Schluss – zur Freude der fünf Damen und drei Herren in der Gruppe – stand der stille Appell im Raum: Während Mindelheim seinen Kriegsherrn Frundsberg feiert, darf auch das Wirken seiner engagierten Frauen in Erinnerung bleiben.

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