Kampf um Tschassiw Jar: Ukraine will „Tür zum Donbass“ blockieren
Mit der Besetzung der Kleinstadt Tschassiw Jar könnte Russland im Ukraine-Krieg einen wichtigen Meilenstein erreichen. Doch bislang hält die ukrainische Verteidigung.
Tschassiw Jar – Nach der russischen Besetzung der ukrainischen Stadt Awdijiwka im Februar, hat Russland nun den Druck auf eine weitere Kleinstadt im Donbass erhöht. Jetzt warnen Soldaten und Offizielle, wie der Verlust von Tschassiw Jar zur Katastrophe für die Ukraine und ihre Verteidigungsstrategie werden könnte.
Denn im Vergleich zu Awdijiwka oder der bis vergangenen Mai heftig umkämpften Stadt Bachmut, denen Fachleute wenn überhaupt kleinere taktische Vorteile zugeschrieben hatten, gilt Tschassiw Jar tatsächlich als kriegsentscheidend. Die Stadt liegt gut 20 Kilometer westlich von Bachmut auf einer Anhöhe und bietet laut einer Analyse der ukrainischen Zeitung Kyiv Post damit eine Ausgangsposition, um gleich zwei weitere Städte anzugreifen, die im Ukraine-Krieg zudem eine historische Rolle spielen.

Ukraine-Krieg: Darum kann Tschassiw Jar für Kiew kriegsentscheidend sein
Sowohl die etwas mehr als 30 Kilometer entfernt liegende Stadt Kramatorsk als auch das 45 Kilometer entfernte Slowjansk waren bereits zu Beginn des Ukraine-Konflikts vor knapp zehn Jahren von Separatisten für kurze Zeit eingenommen worden und gelten damit als zwei der Hauptziele des russischen Angriffskriegs. Für einen Soldaten, den die Kyiv Post zitiert, stellen sie damit eine wichtige „Tür“ in Richtung Donbass dar, die es zu schützen gilt.
Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AFP war die Lage um die umkämpfte Stadt bereits Ende März stark angespannt. Ein Sprecher der ukrainischen Armee nannte die Lage schwierig und erklärte, dass Russland den Einsatz von großen Lenkwaffen in der Region verstärkt habe und damit „bewohnte Gegenden und unsere verstärkten Stellungen“ beschieße.
Angriffe auf Tschassiw Jar bislang ohne Erfolg: Doch Ukraine fehlt wichtige Ausrüstung
Für die ukrainischen Truppen sowie über 750 verbleibende Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt, die nach Angaben des Stadtoberhaupts Sergiy Chaus von ehemals 13.000 in der Stadt verblieben sind, bedeutet das, dass die Verteidigung zunehmend schwierig wird und auch die Behandlung Verletzter große Hürden mit sich bringt. Dennoch bleibe Tschassiw Jar bislang unter ukrainischer Kontrolle, wie Kyiv Post den ukrainischen Armeechef Oleksandr Syrsky zitiert: „Alle Versuche des Feindes, durch die Verteidigungslinien der Stadt zu brechen, sind gescheitert“.
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Doch Russland mache hier nicht mehr dieselben Fehler wie noch zu Beginn des Kriegs, zitiert die Zeitung einen Soldaten, der in der Stadt stationiert ist. Die russischen Truppen nutzten „große Manpower, ziemlich viel Munition, ständige Luft- und Artillerie-Angriffe.“ Auch Drohnenangriffe gebe es Tag und Nacht: „Sie lernen dazu, sie haben schon eine Menge dazugelernt. […] Das ist nicht dieselbe Armee wie noch 2022“.
Auch wenn die Ukraine laut Berichten der Nachrichtenagentur Reuters noch am Wochenende versichert hat, dass Tschssiw Jar weiter in ihrer Hand bleibt, und Berichte dementiert, dass russische Truppen bereits die Vororte erreicht hätten, bleiben die Risiken im Fall einer Besatzung der Stadt hoch – auch weil der Ukraine vor dem Hintergrund der politischen Blockade der US-Republikaner wichtige Hilfen aus dem Westen fehlen. (saka mit AFP)