Nach Awdijiwka: Ukraine meldet „schwierige Lage“ bei Tschassiw Jar – fällt der Ort?

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Russland führt eine harte Offensive an der Ukraine-Front durch. Jetzt könnte die Stadt Tschassiw Jar im Osten fallen. Warum diese strategisch wichtig ist.

Kiew – Russlands jüngste Aktivitäten im Ukraine-Krieg zeigen das nächste Ziel von Wladimir Putins Streitkräften: die Einnahme der Stadt Tschassiw Jar im Osten der Ukraine. Aktuell sei die Lage nach Angaben der ukrainischen Armee „schwierig“, berichtet die französische Nachrichtenagentur AFP. Denn die russische Armee versuche, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen, sagte der Sprecher der 26. Artilleriebrigade, Oleg Kalaschnikow, am Montag (25. März).

Auch Experten bestätigen Vorstoß: Einnahme der Stadt sei aber unwahrscheinlich

Auch die Experten des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) bestätigen die Lage im Osten der Ukraine. Russische Streitkräfte sollen sich Berichten zufolge den Außenbezirken von Tschassiw Jar in der Oblast Donezk nähern. Nach Einschätzung des ISW sind die russischen Streitkräfte bis auf 1,5 Kilometer an Tschassiw Jar herangerückt. Laut den Experten sei es jedoch unwahrscheinlich, dass die Russen unter Wladimir Putin die Siedlung in den kommenden Monaten einkesseln oder einnehmen werden.

Die Einnahme von Tschassiw Jar würde für die russischen Streitkräfte operative Vorteile bieten. Denn die umliegenden Gebiete der Stadt würden die südwestliche Flanke der russischen Frontlinie in der Region Bachmut-Soledar, die seit langem eine breite Ausbuchtung ist, weiter absichern. Eine russische Eroberung von Tschassiw Jar und Vorstöße nördlich und südlich der Siedlung könnten zudem die ukrainischen Streitkräfte weiter von den russischen Bodenkommunikationslinien im Bachmut-Gebiet verdrängen.

Ukraine-Krieg - Tschassiw Jar
Ein ukrainischer Panzer der 17. Panzerbrigade feuert auf russische Stellungen. © Efrem Lukatsky/dpa

Krieg in der Ukraine: Russland will im Gebiet Donezk weiter vorankommen

Zudem würde die Einnahme der Stadt den russischen Streitkräften auch Vorstoßrouten nach Kostjantyniwka bieten, dem südlichen Rand eines großen städtischen Ballungsraums im Gebiet Donezk, den Russland seit langem als wichtiges operatives Ziel in der Ukraine ansieht. Vorstöße durch Tschassiw Jar bieten eine unmittelbare Route zu diesem städtischen Ballungsraum als mögliche Vorstoßrouten von Süden entlang der Autobahn H-20 von Awdijiwka oder von Südwesten aus dem Gebiet Toretsk.

Bereits im Frühjahr 2022 versuchten russische Streitkräfte, die ukrainischen Soldaten im Gebiet Donezk weiträumig einzukesseln, und sind damit gescheitert. Der Schwerpunkt lag dabei auf der Einnahme der ukrainischen Hochburg Slowjansk, eine der größten Städte in diesem Ballungsraum. Laut Experten des ISW beabsichtigt das russische Kommando möglicherweise im Jahr 2025 oder später erneut ein weitreichendes Manöver.

Wegen Munitionsmangel: Ukraine seit Monaten in Defensive

Sollte Tschassiw Jar fallen, würde die Ukraine eine weitere Stadt im Krieg gegen Russland verlieren. Erst Mitte Februar hat Russland das völlig zerstörte Awdijiwka im Osten der Ukraine erobern können. Die Einnahme der einstigen Industriestadt folgte Monaten unerbittlicher Gefechte. Damit nun Tschassiw Jar folgt, hat der Kreml den Einsatz von großen Lenkwaffen in der Region verstärkt und beschieße damit „bewohnte Gegenden und unsere verstärkten Stellungen“, so AFP.

Wegen Munitionsmangels ist die Ukraine im russischen Angriffskrieg seit einigen Monaten in der Defensive. Massive Militärhilfen der USA sind wegen eines Streits zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress in Washington blockiert.
Am Wochenende hatte die russische Armee nach Angaben aus Moskau ein weiteres Dorf nahe den Städten Bachmut und Tschassiw Jar erobert. Tschassiw Jar ist ein strategisch wichtiger Ort, seit Bachmut im Mai 2023 von der russischen Armee erobert worden war. Sollte den russischen Streitkräften auch die Eroberung von Tschassiw Jar gelingen, könnten sie ihre Angriffe auf die von Kiew kontrollierte Großstadt Kramatorsk im Donbass ausweiten. (bg/afp)

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