Leidenschaftliche Appelle und ein großes Bekenntnis: 1000 Menschen gegen Hass und Hetze
Es war das deutliche Zeichen, das die Organisatoren setzen wollten: 1000 Menschen demonstrierten am Sonntagnachmittag in Geretsried
Geretsried – Geplant war ein großes Bekenntnis – für die Demokratie, für Meinungsfreiheit und für die Menschenwürde. Der Plan ging auf. Nach Schätzungen der Polizei besuchten etwa 1000 Menschen am Sonntagnachmittag die Kundgebung am Karl-Lederer-Platz in Geretsried.
Sie hörten, wie Organisator Florian Völler das Wort ergriff und das breite Bündnis erklärte, das sich auf dem Platz gegen Rechtsextremismus aussprach. „Jede Partei, die auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht, ist hier willkommen.“ Und wenn die Unterschiede zwischen den einzelnen politischen Strömungen auch noch so groß seien: „Meinung hat Platz in einer Demokratie“ solange sie die Regeln der Demokratie und die Menschenrechte achte – also etwas, was die AfD nicht tue. „Wir sind für die Demokratie – und wir kämpfen dafür“, betonte Völler.

Geretsried: Vereine und Parteien im Schulterschluss - Demonstration am Karl-Lederer-Platz
Der ASC Geretsried, der jüngste Fußballclub in der Stadt, hatte am PulsG ein Plakat aufgehängt. „Für Vielfalt und Toleranz“ stand darauf. Vorstandsmitglied Tasso Lasidis fand es „wichtig, dass wir als Verein auch ein Zeichen setzen und mitmachen“. Aus Wolfratshausen kam Barbara Unterberger zur Demo. Dem Protest gegen die AfD hat sie sich schon an den vergangenen Wochenenden im Landkreis angeschlossen – etwa bei den Demo-Zügen durch Bad Tölz. „Es ist nötig, Kante zu zeigen“, findet sie. „Und ich glaube, dass es etwas bringt.“ Bei der Landratswahl im thüringischen Saale-Orla-Kreis wurde der AfD-Kandidat nicht gewählt, deutschlandweit hat die Zustimmung für die Partei laut Umfragen in den vergangenen Wochen abgenommen. Gegen die AfD richteten sich alle Redner namentlich.

Bürgermeister Michael Müller erinnerte an die Geschichte Geretsrieds und die Entstehung der Stadt nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs. „Es hat sich ein blühendes Gemeinwesen entwickelt“, sagte er. Die Prämisse: „Diese Stadt gehört allen Menschen, die hier leben.“ Beim Blick durch die Menge vor der Bühne sah Müller junge und ältere Demonstrationsteilnehmer. Er sah Kinder, die in in Drachen-Kostümen spielten und eine Gruppe Jugendlicher, die sich hinter einem Transparent versammelte und Senioren, die mit beschriebenen Kartons für den Frieden warben. „Das ist das Geretsried, das wir möchten. Das bunte Geretsried, in dem wir friedlich zusammenleben. Das lassen wir uns nicht nehmen. Und dafür dafür danke ich Ihnen“, rief er den Demonstranten zu – die antworteten mit lautem Jubel.
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„Wunderbares Zeichen“ gegen Rechtsextremismus - 1000 Demonstranten auf dem Karl-Lederer-Platz
Wolfratshausens Rathauschef Klaus Heilinglechner lobte das „wunderbare Zeichen“, das die friedlichen Demo-Teilnehmer zeigten – das Engagement sei wichtig: „Es liegt an uns selbst, wie es für uns und für unsere Kinder weitergeht.“ Die Besucher der Demo würden sich gegen rechte Gruppierungen stellen. „Denn diese Gruppierungen stehen nicht für die Demokratie, nicht für Freiheit, nicht für Individualismus, nicht für Gleichheit. Wer die AfD aus Protest wählt, der hat unsere Geschichte nicht verstanden.“ Zur Demokratie „gibt es keine Alternative“.

Florian Streibl (Freie Wähler) wirbt gegen die AfD: „Frieden. Freiheit. Demokratie.“
Was sich an der langen Rednerliste deutlich zeigte: Die Geretsrieder Demonstration war ein Zusammenschluss verschiedener Parteien und Vereine. Der Ex-SPD-Stadtrat Bernhard Lorenz forderte die Teilnehmer auf, nicht nur auf dem Karl-Lederer-Platz, sondern in der Familie, dem Freundeskreis, dem Arbeitsplatz die Demokratie zu verteidigen. Grünen-Jungpolitiker Marius Schlosser betonte, dass sich Probleme nur lösen lassen, wenn man sich „in aller Entschiedenheit gegen die AfD“ stelle. „Die wollen keine Probleme lösen – die sind nämlich ihre einzige Daseins-Berechtigung.“ Der Jugendreferent im Stadtrat, Felix Leipold von den Freien Wählern, ermutigte die Besucher dazu, sich politisch einzubringen – „nicht nur schimpfen“. Der Fraktionschef der Freien Wähler im bayerischen Landtag, Florian Streibl, rief den Anwesenden zu: „Frieden. Freiheit. Demokratie: Das sind keine Geschenke, die vom Himmel gefallen sind. Die wurden erkämpft. Das wollen wir uns nicht nehmen lassen.“ Grünen-Bundestagsabgeordneter Karl Bär brachte es auf eine einfache Formel: „Sei ein Mensch – darum geht es.“
Nie wieder: Junger Wolfratshauser erinnert an deutsche Geschichte: „Demokratie verteidigen“
Außer Politikern waren viele Institutionen vertreten auf dem Rednerpult auf dem Karl-Lederer-Platz: Vom Badehaus-Verein aus Waldram, dem DGB und der evangelischen Kirche traten Sprecher ans Mikrofon. Joseph Coenen vom Badehaus-Verein erinnerte an die Geschichte Deutschlands und den Zweiten Weltkrieg. „Lasst uns das Never-Again („nie wieder“, Anm. d. Red.) leben und die Demokratie verteidigen.“ Die junge Generation, zu der Coenen auch gehört, müsse sich in Erinnerung rufen, was für ein Glück es sei, „in Frieden und Freiheit“ aufgewachsen zu sein. Um die Besonderheit dieses Geschenks zu begreifen, müsse man nur die Lage in vielen anderen Ländern betrachten.
Einigkeit bestand am Karl-Lederer-Platz darin, sich für dieses Geschenk einsetzen zu wollen. Organisator Völler wünschte sich diesen Einsatz Tag für Tag: „Es ist kein Sprint. Es ist ein Marathon.“ Der Geist solcher Veranstaltungen müsse weiter getragen werden. „Wir müssen es zeigen: Wir sind das Volk. Wir sind für die Demokratie. Und wir kämpfen dafür.“