Mit der „großen Keule“: Stadt stoppt Bau von exotischen Häusern
Mit der „großen Keule“ hat der Tölzer Bauausschuss in seiner jüngsten Sitzung eine Veränderungssperre am Melkstattweg beschlossen. Zahlreiche Nachbarn verfolgten die Diskussion mit.
Bad Tölz – „Das Spannendste zuletzt“, kündigte Stadtbaumeister Florian Ernst am Schluss der jüngsten Tölzer Bauausschuss-Sitzung einen Doppelantrag für zwei Einfamilienhäuser mit Einliegerwohnungen und Garagen am Melkstattweg an. Dafür hatten sich rund zwei Dutzend Nachbarn im Sitzungssaal des Rathauses eingefunden und verfolgten aufmerksam das Geschehen. „Das passt da einfach nicht rein“, war der Tenor ihrer Ausführungen. Zuvor war dort ein Einfamilienhäuschen gestanden, in dem Geflüchtete aus der Ukraine lebten. Die Örtlichkeit hatte traurige Berühmtheit erlangt, weil es im September 2023 zu einem versuchten Totschlag gekommen war. Der Täter ist verurteilt (wir berichteten), das Haus wurde mittlerweile abgerissen.
Landratsamt kann nicht eingreifen
Stattdessen will der Eigentümer Hans Bauer für seine Kinder „zwei schmale Einfamilienhäuser“ errichten, die ein Mansarddach mit beidseitigem Krüppelwalm besitzen. Allüberall in der Stadt könne man das sehen, sagt Bauer und verweist etwa auf die AOK in der Jahnstraße.

Bauvorhaben ist „verunstaltend“
Stadtbaumeister Ernst war anderer Meinung und bezeichnete das Dach als „Exoten“. Die Verwaltung bemängelte zudem die zu hohe Wand- und Firsthöhe und eine „unbefriedigende Stellplatzsituation“. Insgesamt sei das Bauvorhaben „verunstaltend“. Das Landratsamt war anderer Meinung. Dachform und Gebäudegestaltung seien kein Kriterium bei der Beurteilung. Hintergrund: Das Thema Gestaltung besitzt in der Bayerischen Bauordnung nämlich keine Bedeutung mehr, wie Bürgermeister Ingo Mehner sagte. Die Baugenehmigungsbehörde drohte also im November 2024 mit dem Ersetzen des gemeindlichen Einvernehmens.
Die Stadt Tölz greift nun „zur großen Keule, die man eigentlich nicht auspacken will“, so Florian Ernst. Der Bauausschuss stimmte einmütig für die Aufstellung eines Bebauungsplans „Melkstattweg“ und verhängte eine Veränderungssperre. Das muss vom Stadtrat noch bestätigt werden.
Stadtbaumeister: „Wir haben die Planungshoheit“
Damit wird, so erklärte Mehner, der Status quo eingefroren, solange das Bebauungsplan-Verfahren nicht abgeschlossen ist. Hans Bauer darf sich also nicht auf die Genehmigung des Landratsamtes stützen und bauen. Martin Harrer (FWG) hatte nachgefragt, „ob das Landratsamt noch hineingrätschen kann?“. „Kann es nicht“, beschied der Stadtbaumeister, „wir haben die Planungshoheit“.
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Der nun angestrebte einfache Bebauungsplan wird sich mit Art und Maß der baulichen Nutzung befassen sowie Vorgaben zur Dachform und -neigung machen. Das von Bauer geplante Mansardendach sei, so bekräftige Ernst nochmals, exotisch und „befremdend“, und würde im ansonsten stimmigen Ortsteil zu städtebaulichen Spannungen führen.
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Die Stadträte folgten der Argumentation durchwegs. Das Vorhaben habe „jeden Maßstab verloren“, sagte René Mühlberger (CSU). Sein Fraktionskollege Matthias Winter sprach von einer „deplazierten Planung, wie ich sie selten so gesehen habe“. Julia Dostthaler (CSU) fühlte sich ans Badeteil erinnert. „Das Bauvorhaben hat mit sprachlos gemacht.“
Während die Melkstattler nach der Sitzung noch eifrig diskutierten und zufrieden nach Hause gingen, haderte Hans Bauer mit den Ausschuss-Beschlüssen. Seiner Meinung nach sei die Dachform „weich, harmonisch und zurückhaltend“. Er habe zum erklärten Ziel der Politik, Wohnraum zu schaffen, seinen Beitrag leisten wollen. Ein größeres Wohngebäude sei denkbar, hatte indes der Stadtbaumeister bereits festgestellt.