Russland-Provokation in Dänemark? Regierungschefin spricht wegen Drohnen von „Anschlag“

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Drohnen legen Flughäfen in Kopenhagen und Oslo lahm. Laut Selenskyj ist Russland für den Angriff verantwortlich. Die NATO berät über Schutzmaßnahmen.

Update, 10.14 Uhr: Nach der Drohnensichtung am Flughafen Kopenhagen sprechen die dänische Regierung und Behörden von einem Angriff. Es handle sich um den „bislang schwersten Anschlag auf dänische kritische Infrastruktur“, erklärte Ministerpräsidentin Mette Frederiksen nach Angaben der Nachrichtenagentur Ritzau in einer Stellungnahme.

Erstmeldung: Brüssel/Kopenhagen/Oslo – Innerhalb weniger Stunden wurden zwei der wichtigsten Flughäfen Skandinaviens durch mysteriöse Drohnensichtungen lahmgelegt. Erst musste der Flughafen Kopenhagen-Kastrup am Montag (22. September) seinen Betrieb einstellen, nachdem die örtliche Polizei zwei bis drei große Drohnen in der Umgebung entdeckt hatte. Ankommende Flüge wurden umgeleitet, Abflüge gestrichen.

In der Nacht zum Dienstag folgte dann der Flughafen Oslo-Gardermoen mit einer ähnlichen Sperrung – auch hier waren Drohnen gesichtet worden. Laut dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj steckt hinter der Steuerung der Flugroboter Wladimir Putin. Er habe sich am Rande der UN-Generalversammlung mit Kristalina Georgieva, der Direktorin des Internationalen Währungsfonds, über die „Verletzungen des Luftraums der NATO-Mitgliedsstaaten durch Russland, unter anderem am 22. September in Kopenhagen“ unterhalten, so Selenskyj auf X.

Verdächtige Drohnen im NATO-Luftraum: Was bei einem Alarm passiert

Sobald ein verdächtiges Flugobjekt im NATO-Luftraum entdeckt wird, läuft ein standardisiertes Verfahren ab: Alarmrotten steigen zu einem sogenannten „Alpha Scramble“ auf – in Deutschland sind das typischerweise zwei Eurofighter, die nach NATO-Standard binnen 15 Minuten in der Luft sein müssen.

Dabei bewegt sich das Abfangen in einem sensiblen Spannungsfeld zwischen entschlossener Abschreckung und der Vermeidung unbeabsichtigter Eskalation – besonders wenn es sich um staatliche Akteure handeln könnte, die bewusst Grenzen austesten. Das Abfangen beschreibt eine militärische Handlung, die das Verfolgen, Identifizieren und Begleiten verdächtiger Flugzeuge umfasst.

Dänische Polizeibeamten vor dem Kopenhagener Flughafen.
Die dänische Polizei ist am Kopenhagener Flughafen, wo Flugzeuge aufgrund von Drohnen am Abend weder landen noch starten können. © Steven Knap/Ritzau Scanpix/Imago

In der bisherigen Praxis dient das Abfangen dazu, Klarheit herzustellen und eine Kursänderung zu veranlassen. Die Piloten kommunizieren dazu über Handzeichen oder auch Flugmanöver, wenn auf Funk nicht reagiert wird. Ein Pilot fliegt auf Cockpithöhe, der zweite Pilot kann sich sichernd hinter die auffälligen Maschinen bringen. Ob dann noch Normverhalten oder schon Drohgebärden praktiziert werden, macht einen Unterschied über die Luftraumverletzung hinaus. 

Netzwerk aus Radaranlagen: Wie die NATO Luftraumverletzungen bemerkt

Die Überwachung des europäischen Luftraums erfolgt durch ein ausgeklügeltes Netzwerk aus Radaranlagen, die von verschiedenen Positionen aus ein gemeinsames Lagebild erstellen. Zentrale Schaltstellen wie das deutsche Luftoperationszentrum Uedem („Combined Air Operations Centre“ oder CAOC) am Niederrhein koordinieren dabei nicht nur nationale, sondern auch NATO-weite Überwachungsaufgaben.

Übersicht: Diese Schritte passieren bei einem NATO-Luftalarm

Schritt Was passiert Zeitrahmen
1. Erkennung Radar erkennt verdächtiges Flugobjekt Sofort
2. Alarmierung Luftoperationszentrum löst Alarm aus Weniger als zwei Minuten
3. Alpha Scramble Kampfjets starten Weniger als 15 Minuten
4. Abfangen Piloten nähern sich dem Ziel zehn bis 20 Minuten
5. Begleitung Kursänderung erzwingen/eskortieren Bis Austritt

Selbst Flugzeuge ohne Transponder-Signal werden dabei erfasst – eine Fähigkeit, die angesichts der zunehmenden Bedrohung durch Drohnen und andere unbemannte Flugobjekte immer wichtiger wird. Das Zentrum hat auch Zugriff auf Aufklärungsergebnisse, wie sie die deutschen Patriot-Systeme auf dem polnischen Flughafen Rzeszow gewinnen. Das CAOC überwacht und sichert den NATO-Luftraum nördlich der Alpen, von Island bis zur Ostflanke rund um die Uhr. Dazu gehören auch die Missionen zur Sicherung des Luftraums in den baltischen Staaten.

Drohnenattacken setzen NATO-Bündnis unter Druck: Betroffene Staaten fordern Konsequenzen

Die jüngsten Vorfälle verdeutlichen die Verwundbarkeit kritischer Infrastruktur und die Herausforderungen moderner Luftraumüberwachung. Erst am Wochenende (20./21. September) hatte ein Cyberangriff auf einen IT-Dienstleister zu Beeinträchtigungen an mehreren europäischen Flughäfen geführt. Darunter waren die Flughäfen Berlin, Brüssel, London Heathrow und Dublin.

Diese Häufung von Zwischenfällen zeigt, wie sich seit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs die Bedrohungslage für europäische Infrastruktur verschärft hat. Deswegen ringt das Verteidigungsbündnis nach den jüngsten Luftraumverletzungen um eine angemessene Reaktion. Zwar hatte die NATO bereits am 12. September nach russischen Drohnensichtungen in Polen die Überwachung der Ostflanke verstärkt, doch die anhaltenden Provokationen von Putin setzen das Bündnis unter Druck.

Besonders die betroffenen Länder fordern weitere Schritte und warnen, dass wiederholte Luftraumverletzungen nicht hingenommen werden können, ohne die Glaubwürdigkeit der NATO-Abschreckung zu gefährden. Als wahrscheinlichste Antwort gilt eine deutliche diplomatische Warnung von NATO-Generalsekretär Mark Rutte, die klarstellt, dass weitere Luftraumverletzungen inakzeptabel sind und zu gefährlicher Eskalation führen könnten. (Quellen: X, dpa) (bg)

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