Ende September hat der „frontal 21“-Journalist Andreas Halbach bei einer Anhörung im NRW-Kultur- und Medienausschuss zu einem neuen Medienstaatsvertrag schwere Vorwürfe gegen den öffentlich-rechtlichen Sender erhoben. Halbach hatte die Strukturen im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) heftig kritisiert und die dortigen Machtverhältnisse mit jenen in der Katholischen Kirche verglichen. Der TV-Reporter berichtete von Einschüchterungsversuchen, zurückgehaltenen Rechercheergebnissen, Zwangsversetzungen und einem Arbeitsklima, in dem Kritik nicht erwünscht ist.
ZDF-Affäre: „Frontal21“-Mann geißelte „interne Zensur“ beim ZDF
Nach dieser Aussage, so Halbach später in Interviews, habe man ihn beruflich kaltgestellt. Der Mainzer Sender hingegen sprach von falschen Behauptungen.
Halbachs ehemaliger "frontal21"-Kollege Joe Sperling, der wegen interner Kritik strafversetzt worden sein soll, hatte die Angaben seines Kollegen in einem FOCUS-online-Interview bestätigt. Der Sender wies auch diese Vorwürfe zurück. Zudem bestreitet das ZDF, den Journalisten strafversetzt zu haben.
NRW-Minister schaltet sich ein: „Beschädigt das Ansehen des Senders“
Bei der Landesregierung in Düsseldorf wirft das Vorgehen der Mainzer Sendeanstalt Fragen auf. Wie FOCUS online erfuhr, hat Medienminister Nathanael Liminski, der zugleich auch als Mitglied im ZDF-Fernsehrat fungiert, auf die massive Kritik des Journalisten Halbach im Landtag reagiert. Der CDU-Politiker hat den Intendanten der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt, Norbert Himmler, um Stellungnahme gebeten.
„Nach Wahrnehmung des Ministers beschädigt der Vorgang das Ansehen des Senders“, teilte ein Sprecher auf FOCUS-online-Anfrage mit. „Auch zu den jetzt publizierten Äußerungen von Joe Sperling wird der Minister die Intendanz um Stellungnahme bitten.“
Vorwürfe gegen ZDF-Chefredakteurin: Die Hamas-Affäre
Antworten auf Fragen zum Wahrheitsgehalt ihrer öffentlichen Äußerungen erwartet Liminski zudem von Bettina Schausten. Die ZDF-Chefredakteurin hatte am 19. Oktober einen israelischen Angriff im Gazastreifen scharf verurteilt, weil dort ein Medienschaffender in den Diensten des ZDF getötet worden sei. Darstellungen des israelischen Militärs, es habe sich um einen gezielten Angriff auf einen Hamas-Terroristen gehandelt, wies Schausten unter Hinweis auf „eigene Untersuchungen“ zurück.
Erst nachdem die Israelis Dokumente zur Hamas-Mitgliedschaft des getöteten ZDF-Mitarbeiters vorlegten, ruderte der Mainzer Sender zurück und beendete die Zusammenarbeit mit der palästinensischen Produktionsgesellschaft, die seit 20 Jahren für die öffentlich-rechtliche TV-Anstalt tätig war.
Liminski fordert Schutz der ZDF-Standards
Auch in dieser Angelegenheit fordert ZDF-Fernsehrat Liminski Aufklärung. „Die Beitragszahler sind nachvollziehbar verunsichert, insofern war die Stellungnahme des ZDF, wonach das Hamas-Mitglied keinerlei Einfluss auf die Berichterstattung hatte, dringend notwendig, ja überfällig“, erklärte der Minister.
So wie sich jedes Unternehmen den Vorgaben des Lieferkettengesetzes stellen müsse, um strenge Standards bei der Wertschöpfungskette einzuhalten, „so muss erst recht eine öffentlich-rechtliche Medienanstalt wie das ZDF auch nur den Anschein eines Zweifels an der Einhaltung von Standards vermeiden. Dazu gehört, dass an keiner Stelle der ZDF-Wertschöpfungskette das Mitglied einer Terrororganisation wie der Hamas eine wie auch immer geartete Funktion übernimmt. Es ist gut, dass der Sender dazu kommuniziert.“
Mit Blick auf die Tragweite will der CDU-Politiker das Thema auch im Fernsehrat noch einmal auf die Tagesordnung bringen.