Hinter den Kulissen: Wie Freibadteams täglich um den Betrieb kämpfen
Ein Sommertag wie aus dem Bilderbuch: die Sonne brennt, das Thermometer steigt, die Liegewiese ruft. Doch das Freibad öffnet erst um 13 Uhr – nicht wie gewohnt um 9. Und das sorgt für Unmut. Besonders bei Dauerkartenbesitzern.
Aber es gibt Tage, da ist der Grund so banal wie ernst: Eine Kollegin oder ein Kollege hat sich am Morgen krankgemeldet – und das reicht oft schon, um den gesamten Betriebsplan zu kippen.
Ralf Großmann wuchs im Schwimmbad auf und lebt Bäderbetrieb seit Kindheitstagen. Auf H2ohero.de teilt er seine Erfahrung aus deutschen Bädern – authentisch, alltagsnah und mit Herz für Sicherheit und Qualität. Er ist Teil unseres Experts Circle. Die Inhalte stellen seine persönliche Auffassung auf Basis seiner individuellen Expertise dar.
Ein einziger Ausfall kann alles verändern
Wer außerhalb der Branche steht, versteht oft nicht, wie fragil der Betrieb eines Freibades geworden ist. Ein Mitarbeiter weniger bedeutet: Eine Aufsichtsstelle bleibt unbesetzt. Eine wichtige Sicherheitsfunktion fehlt. Und das heißt im Klartext: Das Bad darf nicht öffnen.
Nicht, weil niemand will – sondern weil es gesetzlich so geregelt ist. Sicherheit geht vor – und das ist gut so.
Das Arbeitszeitgesetz schützt uns alle
Die verbliebenen Kräfte können nicht einfach mal so länger bleiben oder früher anfangen. Es gibt Arbeitszeitvorgaben, Pausenzeiten, Ruhezeiten – und das mit gutem Grund. Wer acht Stunden lang Beckenaufsicht macht, braucht Konzentration. Jede Sekunde zählt. Jede Unaufmerksamkeit kann tragisch enden.
Wenn wir also nicht genug Personal haben, ist eine spätere Öffnung oft der sicherste Weg. Nicht der bequemste – aber der verantwortungsvollste.
Der Blick hinter die Kulissen
Was viele nicht wissen: Oft beginnt die Lösungsfindung schon in aller Frühe. Telefonate, Umplanungen, Rückfragen bei Kolleginnen und Kollegen. Können wir jemanden nachbesetzen? Gibt es einen Springer? Doch wenn niemand greifbar ist, bleiben oft nur zwei Optionen: schließen oder später öffnen.
Niemand trifft diese Entscheidung leichtfertig. Die meisten Badteams wollen für ihre Gäste da sein – gerade an heißen Tagen. Aber sie müssen auch an deren Sicherheit denken.
Wenn Externe helfen können – aber nicht immer da sind
Manche Städte greifen inzwischen auf externe Dienstleister zurück, die in solchen Fällen kurzfristig einspringen können. Eine gute Lösung – wenn sie funktioniert. Aber auch hier gibt es keine unbegrenzte Verfügbarkeit. Und: Nicht jede Kommune kann sich diese Unterstützung leisten.
Weniger Schuld, mehr Verständnis
Es ist nachvollziehbar, wenn Gäste enttäuscht sind. Man plant den Freibadbesuch, packt Tasche und Kinder – und steht dann vor verschlossenen Türen. Aber es hilft, genauer hinzusehen: Niemand hat sich das ausgesucht. Krankheit trifft auch Freibadpersonal.
Ein Dank an die, die Geduld mitbringen
Es gibt sie – die Badegäste, die nachfragen, statt gleich zu schimpfen. Die sagen: „Ach, schade – aber wir kommen später nochmal.“ Für solche Reaktionen sind wir dankbar. Sie zeigen, dass das Verständnis da ist – auch wenn der Frust manchmal groß ist.
Ein Freibad ist kein Selbstläufer
Der Betrieb hängt an Menschen – nicht an Maschinen. Und wenn einer dieser Menschen plötzlich fehlt, hat das Folgen. Nicht, weil schlecht geplant wurde. Sondern weil man einfach nicht zaubern kann.
Und genau deshalb sollten wir den Teams hinter den Kulissen öfter danken – auch wenn die Türen mal zu spät aufgehen.
Ein Freibad ist kein Ort, den man per Knopfdruck startet. Es ist ein sensibler Betrieb, der Menschen braucht – vor, hinter und neben dem Becken. Wenn also mal etwas nicht wie gewohnt läuft, steckt meist kein Versagen dahinter. Sondern Verantwortung.