Söder spottet über „Teilzeit-Minister“ Aiwanger
Bayerns Ministerpräsident Söder übt indirekt scharfe Kritik an Freie-Wähler-Chef Aiwanger – und äußert sich zu einer möglichen Kanzlerkandidatur.
München – Sätze, die fürsorglich klingen, sind in der Politik manchmal die härtesten. Als Markus Söder am Montag von Reportern gefragt wird, was er über die Bundestagskandidatur von Hubert Aiwanger denkt, sagt er sehr knapp: „Ich betrachte das eher als eine Art Hilferuf.“ Die aktuellen Umfragen seien ja „sehr eindeutig“.
Ein verzweifelter Kampf um Aufmerksamkeit also? Mit seiner spitzen Bemerkung macht der Ministerpräsident sehr deutlich, dass er über Aiwangers Lust auf Berlin unglücklich ist. Sicherheitshalber legt Söder im Parteivorstand noch nach. Intern und später auch vor laufenden Kameras sagt der CSU-Chef, keiner der Minister seiner Partei werde auf der Bundestagsliste kandidieren. „Ich brauche Minister, die mit 120 Prozent für Bayern brennen und nicht zur Hälfte woanders sind.“ Wer so viel verdiene, müsse „doppelten Einsatz zeigen“. Minister sei man nicht in „Teilzeit“.
Söder vs. Aiwanger: CSU-Chef erklärt Wirtschaftspolitik zur Chefsache
Verbieten kann Söder die Kandidatur nicht. Der „Teilzeit“-Hinweis ist aber mehr als nur ein Fingerzeig auf den Freie-Wähler-Chef. Gleichzeitig macht Söder deutlich, dass er mit der inhaltlichen Arbeit seines Wirtschaftsministers nicht zufrieden ist. Er will dessen Themen jetzt eng an sich ziehen. „Ich bin ja fast täglich mit Wirtschaftsfragen beschäftigt, kümmere mich da auch in vielen Dingen persönlich, weil ich angesprochen werde.“
Söder kündigt an, er wolle über Pfingsten „alles zusammenlegen“ und vor der Sommerpause einen Vorschlag für die Regierung zu wesentlichen Themenfeldern von Energie, Ansiedlung, Arbeitsmigration und Bürokratieabbau machen. Söder ergänzt zwar: „Zusammen mit unserem Koalitionspartner.“ Bisher war es aber meist so, dass die Freien Wähler sehr kurzfristig erfuhren, was die Regierungslinie sein soll.
Freie-Wähler-Chef Aiwanger wäre gern Bundeswirtschaftsminister
Aiwanger hatte am Wochenende angekündigt, er wolle Spitzenkandidat seiner FW-Partei werden – und dann am liebsten Bundeswirtschaftsminister. Widerstand aus den eigenen Reihen ist nicht zu erwarten, die Umfragen deuten allerdings derzeit nur auf zwei Prozent bundesweit hin. Die CSU reagiert auf solche Ankündigungen sensibel, weil Aiwanger mit seiner Gruppe Wählerstimmen im bürgerlichen und ländlichen Milieu zieht.
Weil Aiwanger womöglich im Wahlkampf damit punkten will, sich für Berlin zu „opfern“. Und weil ihm die Union fachlich wenig Komplexes zutraut. Vielleicht, so stöhnt ein ranghoher CSUler, sei sogar der Grüne Robert Habeck ein besserer Wirtschaftsminister als Aiwanger.
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Markus Söder in Bayern: „Bin lieber ein Super-Ministerpräsident“
Über sich selbst sagte Söder, er wolle nicht als Bundesminister nach Berlin gehen, auch nicht in einem großen Ressort. „Ich bin lieber ein Super-Ministerpräsident als ein Super-Minister in Berlin.“ Ein Kanzlerkandidat kandidiere gewiss für den Bundestag, hier habe aber die CDU (mit Friedrich Merz) die aussichtsreichere Position.
Wie eine CSU-Liste für den Bundestag aussehen wird, ist nicht ganz klar. Die Spitzenkandidatur dürfte auf den Oberbayern Alexander Dobrindt zulaufen, den Chef der Landesgruppe. Teilnehmer berichten, im Parteivorstand habe Söder das „sehr gute Personal“ der CSU in Berlin gelobt. Dennoch wollte er aber nicht ausschließen, dass ein Externer in die Hauptstadt gehe. Vorerst nennt Söder freilich jene, die sich Gedanken machen über die CSU-Aufstellung für Berlin, „Schleichstrategen“. (Christian Deutschländer)