Weg mit dem Pfingstmontag? In der Debatte um die Abschaffung von Feiertagen kursiert ein Märchen
Die Konjunktur schwächelt, der Kanzler ruft die Deutschen zu mehr Arbeit auf. Unternehmer und Ökonomen würden dazu einen der vielen kirchlichen Feiertagen streichen.
Berlin – Der neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schwört die Deutschen auf eine „Kraftanstrengung“ ein. Das Land steckt im dritten Jahr der Rezession, das hat es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik gegeben. Merz fordert von den Bürgerinnen und Bürgern, mehr zu arbeiten, „Work-Life-Balance“ und Viertagewoche seien Geschichte. Auch führende Ökonomen und Unternehmer möchten mehr Arbeitstage im Jahr sehen – und fordern die Streichung von kirchlichen Feiertagen.
Feiertag streichen in Deutschland: Buß- und Bettag wurde 1995 fast überall gestrichen
„Die Abschaffung eines Feiertages wäre eine Möglichkeit, die Wirtschaftsleistung sehr kurzfristig und effektiv zu erhöhen“, sagte Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln), Michael Hüther, den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Ausgaben vom 16. Mai). IW-Berechnungen zufolge würde ein zusätzlicher Arbeitstag das deutsche BIP rein rechnerisch um bis zu 8,6 Milliarden Euro erhöhen.
Hüther verwies auf die Abschaffung des Buß- und Bettags als gesetzlichen Feiertag im Jahr 1995. „Mehr Arbeit ist also möglich, wenn man es will“, so Hüther weiter. Er reagiere mit seinem Vorschlag auf eine Forderung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft, die sich in dieser Woche für eine Streichung eines kirchlichen Feiertags stark gemacht hatte.

Wolfram Hatz, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e.V. (vbw), verlangte im Rahmen der Vorstellung des aktuellen „Weißbier-Index“ eine Reihe von Maßnahmen für die Wirtschaftswende. Dazu gehörten unter anderem eine Erhöhung des Arbeitszeitvolumens über die Abschaffung der Rente mit 63, der Verzicht auf die Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro, sowie auch die Streichung von „einem oder mehreren“ Feiertagen für die Konjunktur. Ausgenommen von der Diskussion soll lediglich der 1. Mai bleiben.
Deutschland ist im EU-Vergleich im Mittelfeld: Rumänien hat die meisten Feiertage
Hatz betonte die Notwendigkeit längerer Arbeitszeiten: Diese könnten durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, wie die Erhöhung der Wochenarbeitszeit sowie des Wegfalls allgemeiner Feiertage: „Dabei dürfen auch kirchliche Feiertage kein Tabu sein“.
Auf die Frage, welcher Feiertag sich am ehesten für die Streichung anböte, antwortete vbw-Geschäftsführer Bertram Brossardt: „Ostermontag, Pfingstmontag, 2. Weihnachtsfeiertag, da sind meine Kollegen aus Frankreich und Italien regelmäßig verblüfft, dass wir da freihaben“. Am ehesten würde er sich für den Pfingstmontag entscheiden.
Es ist allerdings nicht richtig, dass Deutschland wesentlich mehr Feiertage als der Rest der EU hat. Nach Angaben der Europäischen Union ist Rumänien mit 17 gesetzlichen Feiertagen der absolute Spitzenreiter, gefolgt von Lettland (16), Tschechien (15), Zypern (15), Bulgarien (15), Griechenland (15) und Slowenien (15). Danach erst kommt die Stadt Augsburg mit 14 Feiertagen, dann der Rest Bayerns mit 13. In den meisten Bundesländern in Deutschland gibt es zehn oder elf Feiertage im Jahr 2025. Das sind genauso viele wie Italien oder Frankreich. Nur Spanien hat noch weniger, mit neun Feiertagen.
Bayern könnte Feiertage abschaffen – ist aber schon wirtschaftlich Spitzenreiter
Wenn überhaupt sollte es also Bayern sein, dass die Feiertage abschafft, wenn es um den Vergleich mit den europäischen Nachbarn gehen soll. Dass die Zahl der Feiertage aber mit wirtschaftlichem Wachstum zusammenhängen, daran gibt es auch Zweifel.
Darauf weist auch Anja Piel, Vorstand des Deutschen Gewerkschaftsbunds, hin: Der Vergleich der Bundesländer zeige, „dass die Anzahl der Feiertage nicht zwangsläufig mit der Wirtschaftskraft im negativen Sinne korreliert.“ Bayern habe mit 13 die meisten gesetzlichen Feiertage aller Bundesländer und liege dennoch beim Bruttoinlandsprodukt von 72,79 pro Kopf auf Platz 2 hinter Hamburg – und deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 66,84 Euro.
Gegensätzlich äußerte sich auch Marcel Fratzscher, der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). „Der Arbeitskräftemangel in Deutschland wird nicht durch eine Streichung von Feiertagen oder steuerlichen Privilegien für Überstunden in Vollzeit gelöst werden“, so Fratzscher gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der Schlüssel für den Arbeitskräftemangel liege aus seiner Sicht stattdessen im Abbau der vielen Hürden für die Erwerbstätigkeit von Frauen, von Geflüchteten und anderen Menschen aus dem Ausland. „Nur über eine deutlich steigende Zuwanderung und der Abbau von Hürden für Frauen wird sich der Arbeitskräftemangel begrenzen lassen“, forderte der Ökonom.