Nach mysteriösen Vorgängen: Nato- und Bundeswehrstützpunkte in Alarmbereitschaft

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Auf dem Nato-Stützpunkt war auch die Polizei im Einsatz - genaue Angaben dazu machte ein Sprecher nicht. © Christoph Reichwein/dpa

Die Angst geht um, dass durch den russischen Angriff auf die Ukraine auch Deutschland zur Zielscheibe wird – zumindest seine kritische und militärische Infrastruktur. Mysteriöse Vorfälle häufen sich bereits.

Berlin – Seit Monaten herrscht äußerste Wachsamkeit auf den Nato- und Bundeswehrstützpunkten in Deutschland. Jetzt scheint sich die Situation zuzuspitzen – allein im August meldeten mehrere Kasernen mysteriöse Vorgänge und schlossen sogar zeitweise ihre Tore.

Alarm am Nato-Flugplatz: Zweithöchste Warnstufe in Geilenkirchen

Im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen, etwa 35 Kilometer von Aachen entfernt, wurde am Donnerstag die zweithöchste Warnstufe ausgerufen. Der Grund: Es gebe nachrichtendienstliche Informationen, die auf eine mögliche Bedrohung hinweisen, teilte Christian Brett, Sprecher der Air Base, mit. Genaue Details geben die Behörden aus Sicherheitsgründen nie wirklich heraus. Nur so viel: Die zweithöchste Warnstufe „Charlie“ bedeutet im Nato-Jargon, dass ein Zwischenfall eingetreten ist oder Erkenntnisse vorliegen, dass irgendeine Form von terroristischen Aktionen gegen das Bündnis sehr wahrscheinlich ist. 

In Geilenkirchen ist das fliegende Frühwarnsystem Awacs stationiert. Dafür wurden 14 Boeing-707-Maschinen umgebaut, um den Luftraum zu überwachen und die Nato frühzeitig zu warnen. Am Donnerstag wurden alle Mitarbeiter, die nicht im Einsatz waren, nach Hause geschickt. Der Flugbetrieb lief aber planmäßig weiter. Spekulationen über Drohnen-Flüge über dem Flugplatz wies der Sprecher als „absurd“ zurück. Drohnen könnten demnach gar nicht über Flugverbotszonen navigiert werden. Bereits vergangene Woche wurden verdächtige Beobachtungen in Geilenkirchen gemacht. Zwischenzeitlich soll laut Sicherheitskreisen eine Person aus dem Flughafenumfeld in Gewahrsam genommen und befragt worden sein.

Drohnen über Industrie-Park: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Sabotageverdachts

Tatsächliche Drohnenflüge hat es diesem Monat über einem Industriegelände mit kritischer Infrastruktur im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel gegeben – und zwar gleich mehrere. Wegen „des Verdachts der Agententätigkeit zu Sabotagezwecken“ ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft Flensburg. Medienberichten zufolge sollen mehrere Nächte in Folge mutmaßlich russische Aufklärungsdrohnen eines militärischen Typs über das Gelände mit einem schwimmenden Flüssiggasterminal sowie Chemiebetrieben geflogen sein. Die Polizei befindet sich in Alarmbereitschaft, die Bundeswehr wurde eingeschaltet.

Ermittlungen zu Vorfall an Kölner Kaserne laufen weiter
Nach dem Sicherheitsvorfall an der Luftwaffenkaserne in Köln-Wahn laufen die Ermittlungen der Polizei weiter. © Roberto Pfeil/dpa

Sabotage-Verdacht an Bundeswehrstandorten: Ausnahmezustand in Kölner Kaserne

Wegen abnormaler Werte bei einer ständig laufenden Trinkwasserkontrolle und einem Loch im Zaun herrschte am Mittwoch vergangener Woche am Bundeswehr-Standort in Köln Ausnahmezustand. Das Wasser wurde abgestellt, die Kaserne geschlossen, das Gebäude durchsucht. Zwei Tage später kam dann die Entwarnung: Genauere Tests haben keine überschreitenden Grenzwerte festgestellt, mögliche Verdächtige gab es nicht. Trotzdem wurden die Kontrollen nicht nur an dieser Kaserne verstärkt.

Vorfälle in Bayern: Regierung plant Gesetz zum Schutz kritischer Infrastruktur

Bereits im Oktober 2022 gab es Berichte über mysteriöse Drohnenflüge am Truppenübungsplatz im unterfränkischen Wildflecken. Dort werden laut „Business Insider“ ukrainische Soldaten an gepanzerten Fahrzeugen geschult. Die Ermittlungen wurden im Frühjahr dieses Jahres eingestellt. Mit dem Ukraine-Krieg sind die Drohnen-Flüge enorm angestiegen. Allein 2023 wurden laut Recherchen von WDR und NDR 446 Drohnen über Bundeswehrstandorten gesichtet. Vor allem Plätze, wo ukrainische Soldaten ausgebildet werden, waren besonders betroffen.

An einem Tor der Christoph-Probst-Kaserne in Garching bei München wurde zudem am Freitag vergangener Woche eine Beschädigung festgestellt. Hinweise, dass es jemand auf das Gelände geschafft hat, gab es zwar nicht, doch die Alarmbereitschaft bei militärischen Einrichtungen in Deutschland hält an.

Der Politik ist die Gefahr durchaus bewusst. Man müsse „wachsam bleiben“, sagt Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) nach dem Sabotage-Alarm in Köln. Schon nach der Sommerpause plant die Bundesregierung ein Gesetz zum besseren Schutz von kritischer Infrastruktur. Ein sogenanntes „Kritis-Dachgesetz“ hat sich die Ampel im Koalitionsvertrag vorgenommen. Es soll Vorgaben für einen besseren physischen Schutz wichtiger Einrichtungen beinhalten. Nach den jüngsten Vorfällen scheint die Zeit nun zu drängen. (Leonie Hudelmaier)

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