Rekonstruktion des Absturzes - Insider enthüllen Russen-Abschuss: Was wohl wirklich mit Flug J2-8243 passierte
Am Mittwochmorgen stürzte Flug J2-8243 in Kasachstan ab. Zwei Tage später werden die Hinweise immer klarer: Russland ist verantwortlich. Das Vorgehen scheint ungeheuerlich.
Zwei Tage nach dem Absturz der aserbaidschanischen Passagiermaschine in Kasachstan (38 Tote, 29 Überlebende) kommen immer mehr Details ans Licht.
Bereits am Donnerstag sagten vier aserbaidschanische Quellen, die mit den offiziellen Ermittlungen vertraut sind, der Nachrichtenagentur Reuters, dass Russland die Maschine abgeschossen habe. Und zwar mit einem Luftabwehrsystem Pantsir-S.
18 Kilometer vor Grosny kam es offenbar zum Beschuss
Da befand sich die Maschine offenbar 18 Kilometer vom Zielflughafen Grosny entfernt. Womöglich hatte die sogenannte elektronische Kampfführung der Russen in dem Gebiet die Kommunikationssysteme des Flugzeugs lahmgelegt. In der Folge schoss die russische Luftabwehr, die rund um Grosny stationiert ist.
Nicht nur die Aserbaidschaner folgen diese Theorie . Unabhängig voneinander äußerten auch ein US-Beamter und Luftfahrtexperten laut Reuters und „Wall Street Journal“, dass auch die Bilder und Videos des Wracks auf einen solchen Beschuss hindeuten .
Putin-Sprecher: „Es wäre falsch, eine Hypothese aufzustellen“
Kasachstan äußerte sich bislang nicht zu einem möglichen Beschuss. Stattdessen sind von offizieller Seite weiterhin die Theorien „Vogelschlag“ und „Explosion eines Sauerstofftanks in der Kabine“ zu hören.
Wladimir Putins Sprecher Dmitry Peskow wiederum verweigert jeden Kommentar. „Es wäre falsch, eine Hypothese aufzustellen, bevor die Schlussfolgerungen der Untersuchung vorliegen“, sagte Peskow nach Angaben der Nachrichtenagentur Tass.
Klar ist: Auch nach dem Abschuss der Passagiermaschine MH17 im Jahr 2014 tat Russland alles dafür, die Wahrheit nicht ans Licht kommen zu lassen. Auf Aufklärung aus Russland kann also auch in diesem Fall nicht gehofft werden.

Russischer Insider enthüllt wichtige Informationen
Allerdings hat ein russischer Insider, der Teil der russischen Strafverfolgung ist, Details zu dem Absturz enthüllt. Dies berichtet das „Institute for the Study of War“ (ISW). Demnach wurde die Maschine in 2400 Metern Höhe getroffen - ungefähr auf Höhe des Ortes Naursky Raion.
Dort befinden sich mehrere Militärbasen mit Luftabwehrsystemen. Das russische Verteidigungsministerium ließ hier zuletzt mehrere Pantsir-Systeme stationieren, um gegen ukrainische Drohnenangriffe gewappnet zu sein. Grosny liegt etwas mehr als 1000 Kilometer von ukrainisch kontrolliertem Gebiet entfernt.
Vermeintliches Audio-Transkript zeigt, was wirklich geschah
Der Insider veröffentlichte zudem ein vollständiges Transkript der Kommunikation zwischen der Flugzeugbesatzung und dem Fluglotsen in Grosny. Die Echtheit dieses Transkript konnte das „ISW“ bislang nicht bestätigen. Doch es gibt möglicherweise einen guten Einblick, was wirklich mit Flug J2-8243 geschah.
Demnach versuchen die Piloten zwischen 7.36 und 8.11 Uhr (Moskauer Zeit) gleich dreimal, in Grosny zu landen. Die Crew informiert den Lotsen, dass das GPS-System des Fliegers im Landeanflug jedes Mal komplett ausgefallen sei. Gleichzeitig sei die Maschine auf dem Radarschirm des Lotsen immer wieder verschwunden, heißt es.

Auch die Piloten gehen zunächst von einem Vogelschlag aus
Um 8.11 Uhr entscheidet der Pilot, das Flugzeug zum Startflughafen Baku zurückzufliegen. Doch nur fünf Minuten später meldet er sich erneut. Er setzt eine Luftnotlage ab. Der Grund: ein möglicher Vogelschlag. Der Insider merkt hier an, dass die Piloten womöglich den Beschuss für einen Zusammenstoß mit einem Vogelschwarm gehalten haben.
Der Pilot informiert in der Folge den Fluglotsen, dass das Flugzeug kaum mehr zu kontrollieren sei. Die Hydraulik sei ausgefallen. Der Druck in der Kabine steige. Die Piloten haben Schwierigkeiten, die Höhe des Flugzeugs zu halten.
Der Pilot sucht nach anderen Flughäfen in Russland, um notzulanden. Er fragt nach dem Wetter am Flughafen Mineralnye Vody genauso wie im nahegelegenen Machatschkala. Er kontaktiert auch den Fluglotsen im 750 Kilometer entfernten Rostow-am-Don.
Die Russen verwehren der Crew eine Notlandung
Doch dem Piloten wird die Landung in Russland verwehrt. Das berichtet unter anderem „Eurozone“ unter Berufung aus Quellen aus dem Umfeld der aserbaidschanischen Regierung. Die Russen weisen die Piloten stattdessen an, über das Kaspische Meer nach Aktau in Kasachstan zu fliegen.
Statt 180 Kilometer bis Machatschkala zurückzulegen, sollen die Piloten 450 Kilometer weit fliegen - über das offene Meer. Der Crew gelingt sogar das Wunder, doch die schwer beschädigte Maschine stürzt beim mehrmaligen Anflugversuch auf den Flughafen in Aktau ab.

„Das Flugzeug ins Kaspische Meer stürzen zu lassen“
Nun gibt es Gerüchte, die Russen hätten aus eiskaltem Kalkül gehandelt. Anstatt die Maschine landen zu lassen, hätten sie das Flugzeug absichtlich über das Meer geschickt. Laut dem aserbaidschanischen Internetportal „Caliber.az“, das sich auf Regierungsquellen bezieht, sei es Ziel der Russen gewesen, „den Flieger über dem Kaspischen Meer abstürzen“ zu lassen.
Dann wären alle Insassen getötet worden. Das Portal schreibt: „Es ist anzunehmen, dass diese Empfehlung mit dem Ziel ausgesprochen wurde, das Flugzeug ins Kaspische Meer stürzen zu lassen, wo alle Zeugen umkommen und das Flugzeug sinken würde. Dies ist jedoch nur unsere Vermutung.“
Auf dem Meer zerschellt, wäre das Wrack der Maschine womöglich nicht gefunden worden. Die Beweise für einen russischen Abschuss wären mutmaßlich auf dem Meeresboden verschwunden. Ob dieser grausame Vertuschungsplan der Realität entspricht, wird sich womöglich niemals endgültig aufklären lassen.