Österreichs Wirtschaft noch desaströser als in Deutschland - kann die FPÖ das noch retten?
Österreich sucht eine neue Regierung. Nach dem Aus für das geplante Regierungsbündnis ist die rechtspopulistische FPÖ am Zug. Fraglich ist, ob es ihr nach zwei Rezessionsjahren gelingt, der Wirtschaft neuen Schwung zu verleihen.
Die rechte FPÖ und die konservative ÖVP sind in Verhandlungen über eine Regierungskoalition in Österreich getreten, um die erste FPÖ-geführte Regierung des Landes zu bilden. Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind groß: Nach zwei Jahren der Rezession stünde die neue österreichische Regierung vor der schwierigen Aufgabe, die österreichische Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Die euroskeptische, russlandfreundliche FPÖ hatte die Parlamentswahlen im September mit rund 29 Prozent der Stimmen gewonnen. Sie kam aber zunächst nicht zum Zug, weil die Parteien der Mitte versuchten, eine Regierungskoalition ohne sie zu bilden. Dieser Versuch scheiterte am Wochenende, und FPÖ-Chef Herbert Kickl wurde mit der Bildung einer Regierung beauftragt.
Österreich ist beim Bruttoinlandsprodukt das Schlusslicht innerhalb der EU
Beide Parteien - ÖVP und FPÖ - fordern Einkommensteuersenkungen und lehnen die Einführung neuer Steuern ab. Weniger klar ist, wie sie das österreichische Haushaltsdefizit reduzieren wollen, das unter die EU-Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung zurückgeführt werden muss. Beide Parteien wollen Einsparungen durch den Abbau von Bürokratie und Staatsausgaben erreichen, viele Einzelheiten wurden dazu allerdings noch nicht bekannt. Die FPÖ hat sich verpflichtet, die Banken zu zwingen, ihre Kreditkonditionen „fairer“ zu gestalten, indem sie beispielsweise die Zinssätze für Kredite deckelt, die Gebühren senkt und die Laufzeiten verlängert. Das könnte sich für die wirtschaftsfreundliche ÖVP aber als schwer akzeptabel erweisen.
Die Gründe für die schwachen Wirtschaftszahlen in Österreich sind der Rückgang der Konjunktur bei der Industrie sowie eine ausgeprägte Konsumzurückhaltung der Verbraucher. Mit einer erwarteten Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts um 0,9 Prozent im Jahr 2024 zählt Österreich laut einer Prognose der Österreichischen Nationalbank (OeNB) zu den wirtschaftlichen Schlusslichtern in der Europäischen Union. Das Bruttoinlandsprodukt bezeichnet den Wert aller Waren und Dienstleistungen, die in einem Jahr innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft produziert werden.
Österreich leidet unter hoher Inflation und Energiepreisen – USA unter Trump birgt Gefahren
Eine hohe Inflation hat die Löhne nach oben getrieben. Die ungünstige Entwicklung von Produktivität, hohen Löhnen und Energiepreisen im Vergleich zu internationalen Mitbewerbern belastet nun das Exportgeschäft. In Deutschland ist die Konjunkturschwäche ebenfalls besonders ausgeprägt, wovon die österreichische Industrie aufgrund der engen Verflechtungen mit dem Nachbarland stark betroffen ist.
Die USA sind mittlerweile Österreichs zweitwichtigster Handelspartner geworden. Umso mehr blicken die Wirtschaftsbosse der Alpenrepublik auf die anstehende Amtszeit von Donald Trump, denn höhere US-Zölle gilt es unter allen Umständen zu vermeiden. Die Österreichische Nationalbank hat ihre Wachstumsprognose zuletzt nach unten korrigiert und rechnet nun mit einem BIP-Wachstum von lediglich 0,8 Prozent im Jahr 2025.
Strukturelle Probleme belasten Österreich: Autobranche auch im Nachbarland betroffen
Ähnlich wie in Deutschland steht auch die Automobilindustrie in Österreich vor einem Strukturwandel. Die weltweite Nachfrage nach österreichischen Maschinen und Fahrzeugexporten sank in den ersten drei Quartalen von 2024 stark um minus 5,8 Prozent. Aufgrund der wirtschaftlichen Schwäche werden Investitionen entweder auf die lange Bank oder ins Ausland verschoben.
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Immerhin: Nach zwei Jahren mit Investitionsrückgängen erwartet die Europäische Kommission für 2025 zumindest ein leichtes Investitionsplus von 1,2 Prozent für Österreich. Beschäftigungsrückgänge in der Industrie deuten allerdings darauf hin, dass sich die Lage für die Produktionsbetriebe auch in diesem Jahr erst einmal nicht wesentlich verbessert. Die Arbeitslosenquote dürfte nach Ansicht von Experten von 7,1 Prozent in 2024 auf 7,5 Prozent in diesem Jahr steigen.
Eine der wenigen Branchen, die neue Mitarbeiter sucht, ist die öffentliche Verwaltung, meldete die Wirtschaftskammer Österreich. Bei den Dienstleistungen ist die Stimmung zwar insgesamt leicht positiv, doch die für Österreich wichtige Tourismusbranche hat mit hohen Kosten zu kämpfen.
Die Österreicher halten ihr Geld zusammen
Die starken Reallohnsteigerungen haben zwar zu Kostensteigerungen für die Unternehmen geführt, eine Konsumbelebung blieb jedoch aus. Viele Verbraucher sind verunsichert. Ähnlich wie in Deutschland halten auch die Menschen in Österreich ihr Geld zusammen, statt es auszugeben und damit die Binnennachfrage zu beleben. Die Sparquote der Haushalte ist von 7,2 Prozent im Jahr 2019 auf 11,4 Prozent im Jahr 2024 angestiegen (WIFO-Herbstprognose). Eine Erklärung für den starken Anstieg der Sparquote ist die Sorge der Beschäftigten, den eigenen Arbeitsplatz zu verlieren. Das subjektive Arbeitsplatzverlustrisiko stieg im November auf den höchsten Stand seit der Pandemie. In Österreich ist diese Sorge deutlich stärker ausgeprägt als im EU-Schnitt und auch in Deutschland.