Isny – Was lange währt, wird endlich gut beziehungsweise autofrei: Der Marktplatz von Isny gehört nicht länger den motorisierten Verkehrsteilnehmern, sondern den Fußgängern. Die „gute Stube“ der Stadt ist damit ein Leuchtturmbeispiel in der Region – an dem allerdings aus Kritik geübt wird.
So viel Jubel und Freude ist selten im Gemeinderat der Stadt: „Wir sind hocherfreut! Es ist unheimlich schön! Eine historische Entscheidung!“, jubelten die Gemeinderäte in ihrer Sitzung. Gerade hatten sie einstimmig beschlossen, den Marktplatz zu einer autofreien Fußgängerzone zu machen. „Damit geben wir das Herz unserer Stadt wieder an die Bürger zurück“, stellte ein Rat lapidar und treffend fest. „Wir sind damit Vorbild für andere Allgäuer Kommunen“, merkte Bürgermeister Rainer Magenreuter selbstbewusst an.
Eigentlich fehlten nur noch knallende Sektkorken, um diesen 5. Februar auch akustisch als den Beginn einer neuen Ära in Isny zu markieren.
Ende eines langen Prozesses
Mit dieser Entscheidung findet ein mehr als 15 Jahre dauernder Prozess sein Ende. Als 2009 die vielbefahrene B12 mit riesigen Sattelzügen, lärmenden Lastwagenkolonnen und stinkenden Staus aus der Stadt heraus auf eine Umgehungsspange verlegt wurde, kamen die ersten Vorschläge auf, den Marktplatz zu sanieren und vollständig an Fußgänger und Radfahrer, Müßiggänger und Marktleute zurückzugeben. Doch erst 2016 begannen die Planungen und 2020 die Bauarbeiten. Im Juli 2023 waren endlich alle Platten aus portugiesischem Granit verlegt und die Fontänen des neuen Wasserspiels schossen in den gleißenden Sommerhimmel.
Die Frage des motorisierten Verkehrs war da noch nicht endgültig geklärt: Eine Einbahnregelung stand ebenso zur Debatte wie die völlige Verbannung aller Automobile, Motorräder und Lkws. Letztere Version bekam seit dem letzten August die Chance, sich in einer Testphase zu bewähren.
Umfrage eindeutig pro Fußgängerzone
Das Münchner Beratungsbüro Cima bekam den Auftrag, die möglichen Auswirkungen einer reinen Fußgängerzone auf dem Marktplatz herauszufinden. Nach der Befragung von insgesamt 1.090 Personen – teils direkt vor Ort, teils telefonisch im Spätsommer 2023 sowie im Januar 2024 – kristallisierte sich ein eindeutiges Ergebnis heraus. „98 Prozent der Befragten sehen die Fußgängerzone positiv, nur knapp zwei Prozent negativ“, so Christian Hörmann (Cima). Dabei geben Isny-Besucher deutlich bessere Noten als einheimische Einzelhändler oder Gastronomen. „Mehr Aufenthaltsqualität, keine Autos, kein Lärm, toller Brunnen, eine insgesamt attraktivere Innenstadt“, fand Jonas Müller (Cima) heraus. „Das Flair in Isny ist sehr ansprechend, sagen die Leute.“
Kritik wurde vor allem an der Gestaltung des neuen Platzes geübt: „Zu wenig Grün, zu wenig Schatten, zu wenig Sitzmöglichkeiten ohne Konsumzwang“, monierten die Befragten. Und: „Pkw-Parkplätze und Fahrradabstellplätze fehlen beziehungsweise sind schlecht erreichbar.“ Da besteht also noch großer Handlungsbedarf, stellten die Herren von Cima unmissverständlich fest. Unterm Strich gab es aber ein überwältigendes Votum dafür, den Marktplatz in eine autofreie Zone umzuwandeln. „Daran gibt’s keine Zweifel mehr“, hieß es in der lebhaften Debatte des Gemeinderates.
Es gibt noch viel zu tun
Jetzt sollen die entsprechenden Schilder aufgestellt und deren Einhaltung streng kontrolliert werden. Eventuell kommen auch Poller zum Einsatz. Die Umfahrung des nun gesperrten Marktplatzes muss optimal organisiert werden. Außerdem wurde die Verwaltung verpflichtet, die Möblierung des Marktplatzes deutlich zu verbessern und im Sommer für ausreichend Schatten zu sorgen. Auch der Fahrrad- und E-Scooter-Verkehr soll geregelt werden, in Absprache mit dem ADFC Isny, Isny Aktiv e. V. und Isny Marketing.
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Mit dieser stadthistorischen Entscheidung übernimmt Isny in Sachen Verkehrsberuhigung und Attraktivitätssteigerung von Innenstädten eine Vorreiterrolle im Westallgäu. In vergleichbaren Kommunen wie Wangen oder Leutkirch wird darüber noch diskutiert.