Neue Abgas-Regel beim TÜV betrifft Millionen Benziner

Der TÜV und andere Prüforganisationen wie die GTÜ unterstützen Pläne der EU, immer neue Prüfpflichten einzuführen. Die 2023 eingeführte neue Partikelmessung bei der Abgasuntersuchung soll auf moderne Benziner ausgeweitet werden, berichtet die "Automobilwoche". Auch ältere Diesel wären dann dran. Betroffen wären Fahrzeuge mit der Schadstoffnorm Euro 5. 

In Brüssel wird derzeit an einer neuen Verordnung dazu gearbeitet. Wann die neue Abgasmessung eingeführt wird, bleibt offen. Neben der Verordnung müssen erst entsprechende Prüf-Grenzwerte und Messverfahren für Benzinfahrzeuge festgelegt werden.

Neue Abgasmessdung für Diesel und Benziner geplant

Für Autobesitzerinnen und -besitzer, die auf ältere Diesel und Benziner angewiesen sind, kämen damit zum einen höhere Kosten beim TÜV zu. Zum anderen wächst die Gefahr, dass Fahrzeuge keine Plakette mehr bekommen. "Eine gemeinsame Auswertung aller deutschen Prüfdienste ergab, dass drei Prozent der Euro-6/VI-Diesel in Deutschland die AU im ersten Anlauf nicht bestehen. Wobei Fahrzeuge mit zunehmendem Alter deutlich häufiger auffällig sind: Während die Quote bei Fahrzeugen jünger als fünf Jahre bei zwei Prozent liegt, steigt sie bei Fahrzeugen über zehn Jahren auf sechs Prozent", so die "Automobilwoche".

TÜV-Begründung für neue Abgasmessung nicht stichhaltig

Der Grund für die neuen Abgastests ist laut EU und Prüforganisationen die Luftreinhaltung. "Damit wird sichergestellt, dass Fahrzeuge nicht nur auf dem Rollenprüfstand, sondern auch auf der Straße sauber bleiben. Durch die verbindliche Nutzung von On-Board-Diagnose-Daten (OBD) und gezielte Remote-Sensing-Kontrollen lassen sich Manipulationen und technische Defekte frühzeitig erkennen", behauptet der TÜV-Verband. 

Angesichts der Tatsache, dass selbst das Kraftfahrt-Bundesamt Abgas-Tricksereien nur mit erheblichem Prüfaufwand rechtssicher feststellen kann, erscheint diese Behauptung des TÜV durchaus zweifelhaft. Sie würde zudem den Aufwand jeder TÜV-Prüfung massiv erhöhen – und damit die Kosten. Und: Genau damit solche Checks nicht bei jedem Auto durchgeführt werden müssen, überprüft das KBA ja in Stichproben regelmäßig Fahrzeuge. Dies mündet auch immer wieder in Abgas-Rückrufen bestimmter Baureihen. Dass überprüfte und dann ggf. aus dem Verkehr gezogene Fahrzeuge eine kritische Masse darstellen, die tatsächlich einen relevanten Einfluss auf die Imissionen in Städten hätte, kann der TÜV zudem nicht belegen.

Neuer Diesel-Check: Sinnhaftigkeit umstritten

Während Prüforganisationen wie TÜV und GTÜ den Check für neue Benziner befürworten, sind sich die Verbände bei der Ausweitung auf Euro-5-Diesel offenbar uneins. „Wir halten eine Ausweitung der Partikelmessung auf Fahrzeuge der Euro-5-Norm für nicht sinnvoll“, sagte Axel Sprenger, stellvertretender technischer Leiter der GTÜ, zur "Automobilwoche", und widersprach damit dem TÜV. Es sei widersinnig, mit neuer Messtechnik alte Fahrzeuge zu prüfen und neue Anforderungen an alte Technik anzulegen. „Die alte Technik der Euro-5-Fahrzeuge kann gar nicht das leisten, was moderne Fahrzeuge können“, so Sprenger weiter. Den Zusatz-Check für Benziner will die GTÜ jedoch in jedem Fall: „Ottomotoren können ebenso fehlerhaft arbeiten wie Dieselmotoren. Es gibt keinen sinnvollen Grund, bei Dieseln den Partikelausstoß zu überwachen und bei Benzinern nicht", so Sprenger.

TÜV will jährliche Prüfung

Ebenfalls im Gespräch ist die jährliche TÜV-Überprüfung für ältere Fahrzeuge. Auf Autobesitzerinnen und -besitzer, auch solche von Elektrofahrzeugen, käme dann künftig allerhand zu. FOCUS online zeigt, womit Sie rechnen müssen, falls sich die Prüforganisationen mit ihren Wünschen durchsetzen:

  • Zunächst einmal würde der bisherige Prüfzyklus von zwei Jahren für Autos, die 10 Jahre oder älter sind, durch einen alljährlichen Pflicht-Check ersetzt. Das bedeutet einen zusätzlichen Kosten-Faktor von rund 150 Euro für Verbrenner und rund 96 Euro für Elektrofahrzeuge jedes Jahr. Denn Hauptuntersuchung (HU) und Abgasuntersuchung (AU) kosten zusammen mittlerweile bei PKW rund 150 Euro. Die HU selbst kostet rund 96 Euro; es gibt aber von Bundesland zu Bundesland Unterschiede.
  • Nicht eingerechnet sind Zusatzkosten für die Werkstatt, wenn Mängel festgestellt werden und diese zur Erteilung der Plakette behoben werden müssen.
  • Die HU selbst soll erheblich ausgeweitet werden. Der TÜV-Verband schreibt: "Die neuen Regelungen sehen vor, dass künftig auch Hochvolt-Komponenten von Elektro- und Hybridfahrzeugen sowie elektronische Sicherheitsfunktionen wie Fahrerassistenzsysteme (ADAS) systematisch in die Hauptuntersuchung einbezogen werden." Auch Elektroautos werden künftig also strenger geprüft.
  • Der eigentliche Kostenhammer verbirgt sich jedoch hinter dem Begriff ADAS. Dahinter stecken die für Neuwagen von der EU vorgeschriebenen Assistenzsysteme wie der Tempowarner. ADAS ist in Fahrzeugen mit Neuzulassung ab 2024 und Typzulassung ab 2022 an Bord. Falls der TÜV hier Mängel feststellt, wird es künftig teuer und langwierig, denn es müssten dann ggfs. Kameras oder Sensoren neu kalibriert oder ausgetauscht werden. Dazu wären auch Fahrten im fließenden Verkehr nötig, denn nicht alle Funktionen können auf der Hebebühne oder mit Messgeräten überprüft werden. Das weiß jeder, der bereits einmal nach einem Steinschlag in einem modernen Auto eine Windschutzscheibe tauschen lassen musste.