Geplatzte Verhandlungen in Österreich: Wie es jetzt weitergeht
Wie es nach den gescheiterten Koalitionsverhandlungen in Österreich weitergeht, ist nicht klar - vor allem Neuwahlen sind aber nicht mehr die einzige Option.
Wien - Nun steht fest, dass es in Österreich zunächst keine neue Regierungskoalition der ÖVP unter Führung der rechtsgerichteten FPÖ geben wird - die Verhandlungen zur Koalitionsbildung sind an fehlendem Vertrauen und den doch weit auseinander liegenden Vorstellungen in außen- und sicherheitspolitischen Fragen gescheitert. Rechtspopulist Herbert Kickl ist mit seinem Vorhaben, Kanzler zu werden, gescheitert.
Die Verhandlungen waren zunächst unter dem Vorzeichen gestartet, dass bei einem Scheitern Neuwahlen in Österreich durchgeführt würden. Bei Neuwahlen könnte die FPÖ laut aktuellen Umfragen nun mit rund 34 Prozent rechnen. Bei der Parlamentswahl im Herbst 2024 waren es knapp 29 Prozent. Die SPÖ und die ÖVP kämen den Demoskopen zufolge auf jeweils etwa 20 Prozent. Die liberalen Neos liegen laut Umfragen bei etwa 10, die Grünen bei 9 Prozent. Damit sind die Hoffnungen auf eine Regierung ohne den rechtpopulistischen FPÖ-Chef Kickl im Kanzleramt nicht größer geworden. Allerdings tun sich auch ganz andere Möglichkeiten auf, die der österreichische Staatspräsident Alexander van der Bellen schon für den Fall des Scheiterns erwogen haben soll.
ÖVP und FPÖ bilden keine neue Regierung - wie geht es in Österreich weiter?
Diese anderen Optionen werden in Österreich diskutiert, die das österreichische Polit-Magazin profil.at genauer ausführt.
- eine Minderheitsregierung
- eine Übergangsregierung
- eine Expertenregierung
- erst spätere Neuwahlen
Van der Bellen kann theoretisch jeden volljährigen Bürger und jede volljährige Bürgerin in Österreich mit der Bildung einer Regierung beauftragen und auf Vorschlag des Kanzlers dann die restliche Regierung ernennen - was die Möglichkeit einer so genannten Expertenregierung ins Spiel bringt.
Österreich: Van der Bellen könnte so genannte Expertenregierung bilden lassen
Und damit hat Österreich bereits Erfahrung: Nach dem Misstrauensvotum gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (im Rahmen der Ibiza-Affäre) war Brigitte Bierlein für drei Monate eine so genannten Expertenkanzlerin, auch im Rahmen einer Übergangsregierung.
Und auch eine Minderheitsregierung gab es in Österreich bereits einmal: Und zwar laut Website des österreichischen Parlaments immerhin von April 1970 bis November 1971. Aktuell hat Österreich eine Übergangsregierung unter der Führung von Schwarz-Rot, deren Minister bis zur Bildung einer neuen Regierung auch weiterhin im Amt bleiben. Für alle Übergangsformen gilt: Für jedes Vorhaben muss im Parlament eine eigene Mehrheit gefunden werden.
Meine News
Wie geht es weiter in Österreich? Was sonst noch wichtig ist
Die Parteien könnten Personal austauschen: Aktuelle Umfragen sind laut dpa möglicherweise auf Sand gebaut. Viele Beobachter gingen davon aus, dass ÖVP und SPÖ ihr Spitzenpersonal in nächster Zeit auswechseln könnten. Weder Stocker noch der oft kritisierte SPÖ-Chef Andreas Babler sitzen fest im Sattel. Und auch der Name von Ex-Kanzler Sebastian Kurz wird immer wieder genannt.
Außerdem hat Österreich eine dringende Aufgabe vor sich: Als Hauptaufgabe gilt es, ein Budget zu verabschieden. Es muss einen Sanierungspfad aufzeigen, denn dem tief in einer Wirtschaftskrise steckenden Österreich droht ansonsten ein EU-Defizitverfahren. Zu Beginn ihrer Koalitionsgespräche hatten sich FPÖ und ÖVP innerhalb weniger Tage auf Spar-Maßnahmen für 2025 geeinigt. Brüssel verzichtete daraufhin auf die Einleitung eines Defizitverfahrens - aber nur vorerst. (dpa/kat)