Bund Naturschutz kritisiert Pläne für Gasnetz-Ausbau – Bürgermeister wehrt sich: „Gehen sinnvollen Weg“
Energie Schwaben will das Gasnetz in Peiting ausbauen und langfristig die Kunden über die Leitungen mit klimaneutralem Wasserstoff und Biogas versorgen. Nach der Energiewende Oberland äußert nun auch der Bund Naturschutz Kritik am Vorhaben. Bei der Gemeinde reagiert man verärgert.
Peiting – Ab dem heutigen Montag, 10. März, werden Mitarbeiter von Erdgas Schwaben ihre Zelte im Besprechungsraum im Erdgeschoss des Peitinger Rathauses aufschlagen. Zehn Wochen lang will das Unternehmen wie berichtet vor Ort mögliche Neu-Kunden beraten, die Interesse an einem Gasanschluss haben (siehe Kasten). Ist die Nachfrage hoch genug, könnten schon ab Herbst neue Leitungen in den Wohngebieten am Bachfeld und an der Wankstraße verlegt werden.
Wo bislang fossiles Gas durchfließt, sollen spätestens ab 2040 nur noch klimaneutrale Alternativen wie Wasserstoff oder Biogas zum Einsatz kommen, verspricht Energie Schwaben. Nach der Energiewende Oberland (wir berichteten) meldet sich nun allerdings auch der Bund Naturschutz Bayern (BN) mit Kritik an den Plänen zu Wort.
Dass Schwaben Netz mit den Kosten gegen eine Wärmepumpe im Bestand argumentiere und für das Heizen mit Wasserstoff, sei „absurd“, findet Kasimir Buhr, Referent für Energie und Klima beim BN. „Denn einerseits zeigen Studien, dass auch im Bestand Wärmepumpen oft sehr gute Ergebnisse erzielen, andererseits werden Wasserstoff und synthetisches Methan sehr teuer sein.“
Der Grund liegt laut dem Referenten unter anderem im hohen Energieverbrauch bei der Erzeugung: Während beim Heizen mit der Wärmepumpe nur ein kleiner Teil der genutzten Wärme aus dem verbrauchten Strom stamme, gehe bei der Herstellung von Wasserstoff ein Teil des eingesetzten Stroms verloren. Die Folge sei ein aufs Jahr betrachtet um den Faktor vier höherer Energieverbrauch beim Heizen mit Wasserstoff. „Das wird sich auf die Preise durchschlagen.“
Wie sich dieser für Wasserstoff entwickeln wird, ließe sich aktuell nicht vorhersagen, hatte Energie Schwaben beim Pressegespräch unlängst zwar eingeräumt, jedoch darauf verwiesen, dass sich auf Angebotsseite bei den Importen viel tue und man mit Preisen rechne, „die wettbewerbsfähig sind“.
Doch auch den Bezug aus dem Ausland sieht man beim BN kritisch. „Beim Import von Wasserstoff gibt es immer wieder gut klingende Ankündigungen, konkrete Pläne gibt es bisher aber wenige“, kritisiert Buhr. Gerade der Transport mit Schiffen aus entfernten Regionen sei aufgrund der notwendigen tieferen Temperaturen für Wasserstoff deutlich schwieriger als der Transport von Erdgas. „Dadurch geht Energie verloren, dieser Verlust frisst die günstigeren Standortbedingungen auf.“
Wahrscheinlicher ist aus Sicht des Bunds Naturschutz daher der Import von Wasserstoff per Pipeline aus benachbarten europäischen Ländern, auf den auch Energie Schwaben mit einem Anschluss an das entstehende Wasserstoff-Kernnetz setzt. Der Preisvorteil zu Wasserstoff aus Deutschland dürfte aber gering bleiben und der hohe Bedarf in der Industrie den Preis auf einem hohen Niveau halten, glaubt Buhr.
Auch hinsichtlich des Einspeisens von Biogas zeigt man sich beim Bund Naturschutz skeptisch. Die verfügbare Menge sei sehr begrenzt. Biogasanlagen würden zudem eine wichtige Reserve für das Stromnetz darstellen, wenn Wind und PV nicht genug liefern.
Beratung startet am heutigen Montag
Das Besprechungszimmer im Rathaus ist bereits eingerichtet, ab Montag, 10. März, stehen dort Experten von Energie Schwaben Interessenten für einen Gasanschluss Rede und Antwort. Ihr Fokus richtet sich dabei in erster Linie auf Hausbesitzer aus den Wohngebieten am Bachfeld und an der Wankstraße, in die das Gasnetz erweitert werden soll. Aber auch Eigentümer, die bislang noch keinen Gasanschluss haben, aber deren Haus in einem schon versorgten Gebiet steht, können sich laut Bürgermeister Peter Ostenrieder bei den Energie Schwaben-Mitarbeitern melden. Telefonisch ist das Experten-Team unter 08861/59985 erreichbar. Je nach Kapazität stünden diese auch für Termine vor Ort zur Verfügung, so der Rathauschef.
Für den Energieexperten ist deshalb klar: „Grüne Gase“ werden sehr teuer bleiben und seien deshalb für das Heizen im Privathaushalt ungeeignet. „Darum ist es falsch, jetzt neue Haushalte ans Gasnetz anzuschließen und Menschen eine bezahlbare Heizung mit Gas zu versprechen.“
Bei der Gemeinde Peiting reagiert man verärgert auf die Kritik des Bunds Naturschutz. „Der Markt Peiting geht einen Weg, der auch von Seiten der Praktiker wie Heizungsbauer als sinnvoll angesehen wird“, macht Bürgermeister Peter Ostenrieder klar, dass man hinter den Ausbau-Plänen von Energie Schwaben steht.
Richtig sei zwar, dass man auch mit einer Wärmepumpe ein altes Gebäude auf Hochtemperatur weiter beheizen könne. Zur Wahrheit gehöre aber auch dazu, dass man den dann anfallenden Stromverbrauch benennen müsse. „Das macht der Bund Naturschutz natürlich nicht.“
Austritt aus Bund Naturschutz?
Es werde immer auf eine Kostenunsicherheit bei den klimaneutralen Gasen verwiesen, aber von der Kostenunsicherheit der Elektrizität spreche niemand, weil es aktuell offenbar nicht „en vogue“ sei, kritisiert der Rathauschef. Er verweist auf den nötigen, milliardenteuren Netzausbau des Stromnetzes, der laut dem örtlichen Netzbetreiber zu einer Vervielfachung der Netzentgelte bis 2040 führen werde. Die daraus resultierende Kostensteigerung für die Haushalte werde von denjenigen gerne verschwiegen, die in der Wärmepumpe das Allheilmittel sehen. „Das ist sie nicht.“
Und Ostenrieder legt nach. Für „gewagt“ hält es der Bürgermeister, die Situation in Peiting vom Büro in München aus zu beurteilen. Es sei grundsätzlich besser, mit den Betreffenden zu sprechen, als vom sprichwörtlich grünen Tisch aus Pauschalurteile über das Handeln von Kommunen zu fällen, ärgert er sich. „Vielleicht sollten wir über die bestehende Mitgliedschaft des Marktes Peiting in diesem Verband nachdenken, da man offenbar nicht mal mit den eigenen Mitgliedern das Gespräch sucht.“