Streit um Krähenplage auf Friedhof spitzt sich zu: Betroffener legt sich mit Gemeinde an

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Eingehüllt in Folie: Das Grab der Familie Neumann in Unterhaching ist von den Hinterlassenschaften der Krähen besonders betroffen. © Martin Becker

Der Ärger über die Krähenplage am Unterhachinger Friedhof spitzt sich weiter zu. Weil die Gemeinde nichts gegen die Tiere, die sämtliche Gräber mit Kot verschmutzen, unternimmt, geht ein Betroffener nun auf die Barrikaden und weigert sich, die Grabgebühren zu bezahlen.

Unterhaching - Der Disput zwischen Friedhofsbesuchern und der Gemeinde Unterhaching wegen der seit vielen Jahren intensiven Krähenplage über den Gräbern spitzt sich zu. Eigeninitiative, Falkner-Idee, Kontopfändung – das Thema bleibt eins, das die Menschen aufregt. Einer der besonders Betroffenen, Georg Neumann, schrieb nicht nur einen Leserbrief, sondern weigert sich mittlerweile, die Grabnutzungsgebühren (413 Euro für sieben Jahre) an die Gemeinde zu zahlen. Der 76-Jährige bezieht sich auf Paragraph 2 der kommunalen Satzung nur Nutzung des Gemeindefriedhofs Unterhaching. Darin heißt es wörtlich: „Der gemeindliche Friedhof ist insbesondere den verstorbenen Gemeindebewohnern als würdige Ruhestätte und zur Pflege ihres Andenkens gewidmet.“ Eine Regelung, der die Gemeinde nach Auffassung von Georg Neumann nicht nachkommt, wurde die also vertragsbrüchig? Deshalb hat er seine Zahlungen einbehalten – mit drastischen Folgen: Im April erwirkte die Gemeinde einen Kontopfändungsbeschluss gegen den Unterhachinger.

Zettel am Grab: „Liebe Eltern, wir bitten um Verzeihung“

Ein Vor-Ort-Termin am Familiengrab zeigt das Ausmaß der Krähenplage, Georg Neumann spricht von „Entwürdigung durch Krähenbeschiss“. Der Baum überm Grab ist voll mit Krähennestern, ihre Hinterlassenschaften sind nicht zu übersehen, das Grab sieht aus wie mit Farbe besprenkelt. Bloß, dass es sich um Kot handelt. „Beschissene Gräber“ seien dies, schimpft der Unterhachinger. Am Grabstein hat er einen roten Zettel befestigt, darauf steht: „Liebe Eltern, wir bitten um Verzeihung, dass wir die Gemeinde noch nicht dazu bewegen konnten, gegen den entwürdigenden Krähenbeschiss vorzugehen.“ Eine Entschuldigung an die 2005 und 2010 verstorbenen Eltern, deren mit Plastikfolie umhülltes Grab von den Spuren als Krähen-Toilette gezeichnet ist.

Das Grab der Familie Neumann in Unterhaching
„Liebe Eltern, wir bitten um Verzeihung“: Diesen Zettel hat Georg Neumann auf dem Familiengrab angebracht. © Martin Becker

Nun also soll Georg Neumann sein Konto pfänden lassen, nichtsdestotrotz unterbreitet er der Gemeinde einen Vorschlag, übermittelt über den Dritten Bürgermeister Richard Raiser (CSU). Der 76-Jährige will „in Eigenregie und auf eigene Kosten“ Schutznetze anbringen, wie sie beispielsweise in Oliven- oder Nussbaumplantagen üblich sind. „Die Netze hindern die Krähen nicht am Fliegen, aber wohin ihr Dreck hinfliegt, ist den Vögeln egal.“ Dass all die Kacke im Netz statt auf dem Grabstein landet: Das wäre Georg Neumanns Wunsch. „Ich will damit beweisen“, sagt er, „ dass es möglich ist, die unwürdigen Zustände auf dem Unterhachinger Friedhof zu beenden. Die Situation ist mittlerweile so schlimm, dass ein Versuch gerechtfertigt ist.“

Das sagt die Gemeinde dazu

Falkner, Netze, Kontopfändung – was sagt die Gemeinde dazu? Rathaussprecher Simon Hötzl gibt die Antworten.
- Falkner-Einsatz: „Wir beurteilen das anders. Die Regierung von Oberbayern hat uns diese Vergrämungsmaßnahme am Friedhof nicht genehmigt. Außerdem ist der Kosten-Nutzen-Faktor höchst umstritten.“
- Schmorellstraße: „Anders als am Friedhof handelt es sich dort um Bäume und Krähennester auf Privatgrund. Eine Vergrämungsmaßnahme in Form von Baumrückschnitt ist dieser Tage erfolgt, weil eine entsprechende Erlaubnis der Behörden vorlag, im Gegensatz zum Friedhof.“
- Kotschutznetze: „Wir prüfen in aller Ernsthaftigkeit, ob diese Lösung etwas bringt. Aber, unter dem Aspekt der allgemeinen Sicherheit, kann natürlich nicht irgendwer Netze aufspannen.“
- Kontopfändung: „Das ist ein ganz normaler Verwaltungsvorgang, wenn jemand seine Gebühren nicht bezahlt – emotionale Befindlichkeiten spielen bei der sachlichen Beurteilung keine Rolle..

In anderen Gemeinden funktionieren Gegenmaßnahmen

Im Schaukasten am Friedhofseingang informiert das Rathaus derweil über die „Krähenproblematik auf dem Gemeindefriedhof“ und dass es „seit mehreren Jahren“ nicht gelungen sei, „das Problem in den Griff zu bekommen“. Eine These, die Verwunderung auslöst insofern, dass es anderswo gelingt. Beispielsweise ich Eching, wo der Falkner Leo Mandlsperger es mit seinen Wüstenbussarden geschafft hat, die Krähen zu vertreiben. Nester entfernen, Eier rausholen, schwarze Flaggen, Lärmbeschallung, Drohnen mit Lautsprechern, Spritzaktionen der Feuerwehr – der Falkner kennt all diese Vergrämunungsversuche. „Das ist sinnloses Verschwenden von Steuergeldern“, glaubt er. Der gezielte Einsatz seiner Greifvögel indes jage Krähen panische Angst ein, sie würden dann ihre Nester verlassen und sie woanders bauen. Das Projekt müsse systematisch durchgeführt werden – in Eching hat es funktioniert, warum also nicht auch in Unterhaching?

Dort ist längst nicht nur der Friedhof ein Krähen-Hotspot. Auch in der Schmorellstraße, in den hohen Bäumen, nisten die Saatkrähen. Ein Blick auf die Fahrradabstellplätze zeigt: alles voller Vogelkot. „Man kann nicht vorbeilaufen, ohne Kot abzukriegen“, berichtet eine Anwohnerin. „Wir dulden das seit Jahren.“ Und der Kot sei nicht das einzige Problem, auch das Gekrächze nerve: „Der Dauerlärm beginnt schon in den Morgenstunden.“ Unterhaching und die Krähenplage – ein leidiges Dauerthema.

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